Schlange bleibt verschwunden Kobra wird notfalls mit Gas getötet
28.08.2019, 21:17 UhrAuf dem Weg zum Briefkasten vernimmt die Bewohnerin eines Mietshauses in Herne ein lautes Zischen. Sie erstarrt. Eine Kobra schlängelt sich durchs Treppenhaus. Seit Tagen fehlt von dem giftigen Tier jede Spur. Auch die Politik schaltet sich nun in den Fall ein.
Das Drama um eine hochgiftige Kobra in einem Herner Mietshaus dauert an: Reptilien-Spezialisten der Feuerwehr Düsseldorf haben damit begonnen, die Kellerräume der insgesamt vier miteinander verbundenen Häuser genauestens abzusuchen. "Die Suche wird ein paar Tage dauern", sagte Marco Diesing von der Feuerwehr Herne. Mindestens so lange dürfen die 30 Bewohner aus Sicherheitsgründen weiterhin nicht in ihre Wohnungen zurück. Nur kurze Besuche, um persönliche Gegenstände zu holen, sind möglich. Bereits am Sonntag hatten sie ihre Wohnungen räumen müssen.

Reptilienspezialisten der Feuerwehr Düsseldorf suchen fieberhaft nach der Giftschlange.
(Foto: picture alliance/dpa)
Bleibt die Suche im Keller erfolglos, sollen nach und nach auch alle anderen Räume im Haus durchsucht werden. Auch das Aufstellen von Wärme- oder Köderfallen wird erwogen. Bleibt die Schlange verschwunden, soll notfalls Gas eingesetzt werden. Eine Spezialfirma entwickele bereits Pläne dafür, sagte Diesing weiter. Nach Angaben von Ordnungsdezernent Johannes Chudziak würde dabei das komplette Haus unter Folie verpackt und dann 24 Stunden lang begast. "Danach ist die Schlange auf jeden Fall verstorben." Dies garantiere die Firma. Wegen der nötigen Vorbereitungen wäre solch eine Maßnahme allerdings erst in etwa 14 Tagen möglich.
Die hochgiftige Monokelkobra war am Sonntag in einem Treppenhaus der vier miteinander verbundenen Häuser von der 17-jährigen Bewohnerin Lisa-Marie Schapeit entdeckt worden. Die Stadt vermutet, dass die Kobra aus der Wohnung eines Mieters stammt, in welcher dieser 20 Giftschlangen hielt. Die Stadt geht zudem davon aus, dass sich das gefährliche Tier noch in einem der Häuser befindet.
Schapeit gab an, die Schlange auf dem Weg zum Briefkasten entdeckt und dann die Polizei gerufen zu haben. "Ich bin die erste Treppe runter und habe schon so komische Geräusche gehört", berichtete sie. Dann habe sie die Schlange zwischen zwei Wohnungstüren kriechen sehen. Das Tier habe die ganze Zeit gezischt.
Forderungen nach Gesetz werden lauter
"Ich stand da in Panik und habe angefangen zu zittern." Schnell sei sie zurück in ihre Wohnung und habe die Tür verriegelt. Ihr Freund habe dann noch ein Foto gemacht. Später war die Schlange nicht mehr zu sehen. Die 17-Jährige und ihr Freund sind vorübergehend in einer Notunterkunft in Herne untergekommen. Die meisten Bewohner der betroffenen Häuser fanden laut Stadt bei Bekannten und Verwandten Unterschlupf.
In der NRW-Politik wird angesichts des Vorfalls die Forderung nach Auflagen für die Haltung von giftigen Gefahrtieren wie Schlangen oder Skorpionen immer lauter. "Ich persönlich bin gegen die Haltung sehr gefährlicher Tierarten in Wohnungen oder Häusern", hatte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser von der CDU gesagt. Forderungen nach einem entsprechenden Gesetz kommen auch von SPD und Grünen.
Bisher gelten für die Haltung wildlebender Tiere in Privathaushalten in Nordrhein-Westfalen kaum Vorgaben, solange Artenschutz-Regeln erfüllt werden. SPD und Grüne hatten bereits 2014 - damals als Regierungsfraktionen - ein Gefahrtiergesetz angestrebt. Der Vorstoß war aber vor allem am Widerstand der Kommunen gescheitert. Sie hielten unter anderem die behördlichen Überwachungsaufgaben für nicht leistbar. Unterschiedliche rechtliche Einschränkungen für Gefahrtiere gibt es dagegen bereits in mehreren anderen Bundesländern - etwa in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen.
"Das kann ja wohl nicht unser Ernst sein"
Der Herner Oberbürgermeister Frank Dudda äußerte sich verärgert darüber, dass es in NRW kein Gefahrtiergesetz gibt. "Was uns auch beschäftigt, ist die Frage, wie das eigentlich in Nordrhein-Westfalen sein kann, dass es schwieriger ist, einen Hund anzumelden als eine giftige Schlange in seinem Haus zu halten. (...) Das kann ja wohl nicht unser Ernst sein." Er habe darüber bereits mit der Umweltministerin gesprochen. Sie habe Verständnis gezeigt.
Es ist nicht der erste spektakuläre Fall einer entwichenen Giftschlange in NRW. Im März 2010 war in Mülheim an der Ruhr ebenfalls eine gefährliche Monokelkobra aus einem Terrarium entwichen. Das Tier war mit rund 30 Zentimetern Länge deutlich kleiner als die Schlange in Herne. Dennoch begann eine fieberhafte Suche. Erst nach drei Wochen wurde das Tier tot aufgefunden. Bis dahin hatten Spezialisten auf der Suche nach dem Tier die Wohnung des Schlangenhalters schon komplett entkernt.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa