Panorama

Deutlich weniger PCR-Tests Labore rechnen mit hoher Corona-Dunkelziffer

"Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit höher, als das beobachtete Infektionsgeschehen", sagte der erste Vorsitzende des Verbandes akkreditierter Labore, Michael Müller.

"Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit höher, als das beobachtete Infektionsgeschehen", sagte der erste Vorsitzende des Verbandes akkreditierter Labore, Michael Müller.

(Foto: picture alliance / Kirchner-Media)

Das Robert-Koch-Institut meldet stetig weniger Neuinfektionen, die Zahl der PCR-Testungen nimmt ab - daraus ist laut Laborverband jedoch nicht unbedingt ein besonders niedriges Infektionsgeschehen abzuleiten. Schließlich liege "die Dunkelziffer mit Sicherheit höher".

Der Verband akkreditierter Labore in Deutschland geht von einer hohen Zahl nicht gemeldeter Corona-Infektionen aus. "Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit höher, als das beobachtete Infektionsgeschehen", sagte der erste Vorsitzende der bundesweiten Vereinigung, Michael Müller, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche derzeit mit 1141,8 an. Damit hat die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz den tiefsten Stand seit Ende Januar erreicht. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1181,2 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1531,5 (Vormonat: 1319,0).

Dabei hat der Verband, der mehr als 200 medizinische Labore mit 900 Fachärzten und 500 Naturwissenschaftlern vertritt, einen starken Rückgang der zu prüfenden PCR-Tests registriert. In der vergangenen Woche waren es demnach 350.000 weniger als in der Woche zuvor. Aber die Zahl der positiven Tests sei mit 53 Prozent weiter hoch, was darauf hindeute, dass sich das Infektionsgeschehen weiter auf hohem Niveau bewege.

"Es wird eindeutig weniger getestet"

Laut dem Laborverband gibt es eine bedeutende Zahl von Infizierten, die nicht getestet wird und deshalb auch nicht in die Corona-Statistik eingeht. "Es wird eindeutig weniger getestet, der Bedarf ist offensichtlich geringer und das Verhalten der Bevölkerung ändert sich auch", sagte Müller. Die Menschen würden jetzt stärker selbst entscheiden, ob sie zu einem Test gehen oder nicht. Dazu komme eine "Entprofessionalisierung des Testgeschehens durch die Testverordnung", was zu Qualitätsverlusten führe. "An jeder Straßenecke werden Testzentren zugelassen, denen es häufig an qualifiziertem Personal und auch an entsprechendem Know-how mangele", kritisierte Müller. Zudem gebe es keine Kontrollen über fehlerhafte Abrechnungen und ob die Testzentren alle positiven Ergebnisse an die Gesundheitsämter weitermelden.

Selbst wenn eine qualitative Quasi-Gleichstellung von vor Ort durchgeführten Point-of-Care-Schnelltests mit den im Labor gemachten PCR-Tests bestehe, sei dies kein Garant für mehr Sicherheit, Qualität und Genauigkeit, gab Müller zu Bedenken. In den akkreditierten Laboren würden derzeit alle Proben untersucht, die eintreffen. Einen Stau wie zu Beginn des Jahres gebe es nicht mehr.

Dem RKI lägen keine aktuellen Erhebungen zu einer Dunkelziffer Infizierter vor, sagte eine Sprecherin dem RND. Eine im Juni 2021 veröffentlichte Studie des Universitätsklinikums Mainz kam aber bereits zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Infektionen etwa doppelt so hoch war, wie die an die Behörden gemeldete. Konkret blieben in der Studie mehr als 40 Prozent der Infektionen unentdeckt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte Ende März auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit RKI-Chef Lothar Wieler gesagt, er gehe davon aus, dass die offiziell gemeldeten Infektionszahlen von damals rund 300.000 pro Tag eigentlich doppelt so hoch sind.

Quelle: ntv.de, ysc/dpa

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