Panorama

Aufräumen nach den Unwetter "Lambert" viel zahmer als erwartet - Bahn fährt zumeist wieder

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Landesweit waren Tausende Einsatzkräfte mit der Bewältigung der Unwetter-Folgen beschäftigt.

Landesweit waren Tausende Einsatzkräfte mit der Bewältigung der Unwetter-Folgen beschäftigt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die schlimmsten Befürchtungen haben sich glücklicherweise nicht bestätigt. Die großen Schäden durch das Unwettertief "Lambert" sind ausgeblieben. Dennoch kamen Menschen zu Schaden. Die Einsatzkräfte waren im Dauerstress. Manchen Regionen bleiben allerdings komplett verschont.

Landesweit laufen nach dem Durchzug des Tiefs "Lambert" mit teils schweren Unwettern die Aufräumarbeiten. Insgesamt halten sich die Schäden aber in Grenzen. Dennoch waren Tausende Einsatzkräfte über Stunden mit den Auswirkungen beschäftigt. Keller liefen voll, Straßen standen unter Wasser, Bäume knickten um, der Bahnverkehr war stark gestört. Mancherorts waren in kurzer Zeit um die 100 Liter Regen pro Quadratkilometer niedergegangen. Am heutigen Freitag sorgt ein großes Regengebiet weiter für ergiebige Niederschläge in der Mitte und im Nordosten.

Am Mittag nahm die Bahn auf der Strecke zwischen Berlin und Hamburg wieder auf beiden Gleisen den Betrieb auf. Nach dem Unwetter in der Nacht war die Strecke zunächst gesperrt worden, sämtliche Züge wurden über Stendal umgeleitet. Am Vormittag war es bereits wieder möglich, sie zumindest eingleisig zu benutzen. Auch die Strecke Kassel-Göttingen ist nach Bahnangaben wieder zweigleisig zu befahren. Sie war ebenfalls zunächst gesperrt und danach am Morgen eingleisig freigegeben worden. In beiden Fällen seien Verspätungen allerdings weiter möglich.

Die Unwetter haben nach Einschätzung der Versicherer keine allzu großen Schäden verursacht. "Seriöse Schadenschätzungen sind erst Anfang nächster Woche zu erwarten. Unser erster Eindruck ist, dass die Schäden sich im Rahmen halten, auch wenn es sicherlich lokale Unterschiede gibt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen. "Aus Sicht der Versicherer handelt es sich um ein stärkeres Sommerunwetter, wie wir es häufiger haben - also kein Extremwetter."

Am Tag danach gibt es im Osten und Südosten sowie bis in die Mitte viele Wolken und teils noch kräftiger, schauerartiger Regen mit einzelnen Gewittern. In einem Streifen von Niedersachsen, über Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und den Süden Mecklenburg-Vorpommerns regnet es teils seit Stunden. Die Regengüsse lassen im Tagesverlauf aber nach, wie die Meteorologen von wetter.de prognostizieren. Im Westen dagegen geht es meist trocken weiter und besonders von der Nordsee bis zum Oberrhein scheint anschließend schon wieder länger die Sonne. Es breitet sich von Westen Hoch "Berceste" aus - am Wochenende wird dann vor allem im Westen und Süden wieder die 30-Grad-Marke geknackt.

Erleichterung in Hessen

In Bezug auf das Unwetter, das am gestrigen Donnerstag über Teile Deutschlands zog, meldeten Polizei und Rettungsdienste aus Rheinland-Pfalz die meisten Aufräumarbeiten in dem Kreis Neuwied. In der Region waren Bäume entwurzelt, Hausdächer beschädigt und Keller überflutet worden. Die Fahrerin eines von einem herabstürzenden Ast getroffenen Autos sei unverletzt geblieben. Insgesamt seien die Einsatzkräfte zu etwa 24 Einsätzen ausgerückt. In Koblenz, Mainz und Trier sei von dem Unwetter am Freitag bereits nichts mehr zu spüren gewesen, teilten die Behörden mit. In Koblenz sei es bei einem Unfall wegen Aquaplaning zu einer Verletzten gekommen.

In Hessen hatten die Unwetter vor allem in Norden für zahlreiche Einsätze gesorgt. Auch am Freitag gab es zunächst noch Einschränkungen auf einzelnen Bahnlinien. Besonders stark betroffen war den Angaben zufolge die Region Kassel. Alleine zwischen 16 und 22 Uhr seien am Donnerstag bei der Integrierten Leitstelle für die Stadt und den Landkreis mehr als 1100 Notrufe eingegangen, teilte das Innenministerium mit. Mehrere Menschen seien leicht verletzt worden, sagte Oberbürgermeister Christian Geselle. Der öffentliche Personennahverkehr war am Donnerstag eingestellt und erst am Freitagvormittag wieder aufgenommen worden. Die Schulen in der Stadt blieben geschlossen, drei Schulen und eine Kita waren durch Schäden zunächst nicht mehr nutzbar.

Ein Sprecher des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport sagte, während des Unwetters sei am Flughafen am Donnerstag zweimal kurz der Abfertigungsbetrieb unterbrochen worden, um die Sicherheit der Arbeiter auf dem Vorfeld zu gewährleisten. 130 von 1300 Starts und Landungen fielen aus. Die Luftaufsicht gewährte Ausnahmegenehmigungen für Starts nach 23 Uhr. "Wir sind heute einfach nur froh, dass bei den Unwettern offenbar kein Mensch in Hessen lebensgefährlich zu Schaden gekommen ist", sagten Ministerpräsident Boris Rhein und Innenminister Peter Beuth. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) prüft noch, ob es etwa in Hattersheim oder im Kreis Waldeck während des Unwetters auch zu einem Tornado gekommen war.

Wüst: Einsatzhelfer mussten "kräftig arbeiten"

In Nordrhein-Westfalen hätten die Einsatzhelfer "kräftig arbeiten" müssen, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst. "Bis zum jetzigen Zeitpunkt kann man glücklicherweise sagen, dass es zu keinen außergewöhnlich großen Schadensereignissen gekommen ist." Wegen des Unwetters habe es rund 2500 Einsätze gegeben - mit mehr als 5500 beteiligten Einsatzkräften. In dem Bundesland fielen bundesweit die höchsten Regenmengen. Nach Angaben des DWD registrierte die Messstation Sassendorf im Kreis Soest 102 Liter pro Quadratmeter binnen 24 Stunden. In Gelsenkirchen und Dortmund schüttete es 95 beziehungsweise 94 Liter pro Quadratmeter.

Überflutete Kellerräume in einem Gewerbebetrieb sorgten in Bottrop für einen aufwändigen Feuerwehreinsatz. Das Tiefbauamt musste schließlich die Kanalisation nachdichten, damit kein weiteres Wasser aus der Kanalisation eindringen konnte. In Essen wurde eine Bahn von einem Ast getroffen. Der Lokführer erlitt einen Schock und konnte die Fahrt nicht fortsetzen, die rund 60 Passagiere mussten den Zug verlassen.

In Dortmund lief in einem Krankenhaus Wasser aus der Decke. Eine Pflegeeinrichtung musste eingedeicht werden, weil Wasser in das Gebäude einzudringen drohte. Acht Patienten wurden zur Sicherheit in andere Einrichtungen verlegt.

Bereits am gestrigen Nachmittag war es auf der B1 in Schlangen zu einem schweren Verkehrsunfall gekommen. Ein 22-Jähriger war mit seinem PKW auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern geraten und gegen ein entgegenkommendes Fahrzeug geprallt. Beide Unfallbeteiligte wurden schwer verletzt. Die B1 war im Bereich Kohlstädt für mehrere Stunden gesperrt.

Braunschweig: "Hatten wir so noch nicht"

In Bremen waren insgesamt 800 Notrufe bei den Behörden eingegangen. Aus Niedersachsen meldete allein die Feuerwehr Braunschweig rund 4500 Notrufe und mehr als 1000 Einsätze bis in die frühen Morgenstunden. Diese Dimension sei "einmalig in der jüngeren Geschichte", sagte Feuerwehr-Fachbereichsleiter Torge Malchau. "Das ist eine Lage, mit der wir es so noch nicht zu tun hatten", sagte auch Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum. Bis zu 1000 Kräfte seien zwischenzeitlich im Einsatz gewesen, allein 300 aus benachbarten Landkreisen. Noch immer seien rund 400 Helfer vor Ort.

Umgestürzte Bäume sorgten auf einer Landstraße in Baden-Württemberg dafür, dass fünf Autos eingeschlossen wurden. Auf zwei davon fielen auf der Landstraße bei Kandern Bäume, teilte die Polizei Freiburg mit. Eine 69-Jährige wurde durch einen ausgelösten Airbag leicht verletzt. Auf der A5 verlor ein 22-Jähriger durch Aquaplaning die Kontrolle über sein Fahrzeug und prallte gegen die Leitplanke und eine Stützmauer. Seine Beifahrerin wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht.

In Bayern sorgte in Oberfranken eine Schlammlawine für eine Vollsperrung der A9. Wie die Polizei mitteilte, war die Fahrbahn in der Nacht bei Marktschorgast mehrere 100 Meter bis zu 10 Zentimeter hoch mit Schlamm und Schotter bedeckt. Die Autobahn wurde vorübergehend gesperrt. Es bildete sich ein 16 Kilometer langer Stau, in dem es zu mehreren kleinen Auffahrunfällen kam. Auf dem Münchener Flughafen waren bis in die Nacht 20 Flüge umgeleitet und 60 gestrichen. Bis zum Mittag kam es zu weiteren Verzögerungen.

Hamburg: "Nichts Weltbewegendes"

Glimpflicher kam derweil der Norden durch die Unwetter-Stunden. Aus Hamburg meldete der DWD 52 Liter Regen auf den Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden. Laut Feuerwehr gab es in der Hansestadt in der Nacht zu Freitag 31 Wassereinsätze. "Das war aber nichts Weltbewegendes", so der Sprecher. Es habe sich größtenteils um das Freimachen von Wasserabläufen gehandelt. Auch die Feuerwehr Elmshorn bestätigt die ruhige Lage in der Nacht. "Wir hatten einen Ast auf der Straße, aber der war schon weg, als die Feuerwehr ankam."

Die großen Regenmengen hatten - zumindest auf der Autobahn 7 bei Bahrenfeld - aber auch Einfluss auf den Verkehr. Dort standen am frühen Morgen zwei Fahrbahnen in Richtung Hannover für kurze Zeit so tief unter Wasser, dass sie kurzzeitig gesperrt werden mussten. Die Gegend rund um Kiel und Flensburg in Schleswig-Holstein blieb dagegen nahezu trocken.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

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