Panorama

U-Ausschuss zur Flutnacht Landrat brachte sich in Sicherheit und tat sonst wenig

Im Ahrtal waren rund 42.000 Menschen von der verheerenden Flut betroffen.

Im Ahrtal waren rund 42.000 Menschen von der verheerenden Flut betroffen.

(Foto: dpa)

Bei der Flutkatastrophe vor einem Jahr kamen im Ahrtal 134 Menschen ums Leben. Wo hielt sich der damalige Landrat währenddessen auf? Ein Ermittler belastet Pföhler vor dem Untersuchungsausschuss schwer. Demnach unternahm der Politiker wenig, obwohl ihm die Lage klar gewesen sein muss.

Ahr-Landrat Jürgen Pföhler hat nach den Worten eines ermittelnden Polizeibeamten fast keine eigenen Bemühungen unternommen, die Flutkatastrophe abzuwenden. "Er hat sich in Sicherheit gebracht und wenige Nachbarn in seinem unmittelbaren Umfeld gewarnt", sagte der Beamte des Landeskriminalamts im rheinland-pfälzischen Landtags-Untersuchungsausschuss in Mainz. "Spätestens ab 22 Uhr müsste ihm (Pföhler) die Lage im Ahrtal und was da möglicherweise auf Bad Neuenahr-Ahrweiler zukommt, einigermaßen bekannt gewesen sein", sagte der 59 Jahre alte Zeuge. Nach 23 Uhr seien in Bad Neuenahr und Sinzig noch 87 Menschen gestorben.

Pföhler hat einem Zeugen zufolge gewusst, dass Menschen gerettet werden mussten.

Pföhler hat einem Zeugen zufolge gewusst, dass Menschen gerettet werden mussten.

(Foto: picture alliance/dpa)

Bereits spätestens um 20 Uhr habe Pföhler gewusst, dass man davon ausgehen musste, dass die Hochwassergefahr an der Ahr "generell sehr groß" und mit Sturzfluten und Überschwemmungen zu rechnen sei. Pföhler habe dann auch gewusst, dass der Pegelstand in Altenahr tatsächlich 5,09 Meter erreicht hatte und damit deutlich über dem des sogenannten Jahrhunderthochwassers von 2016 lag, sagte der Polizeibeamte. Zudem habe der ehemalige Landrat gewusst, dass mehrere Hundert Kräfte im Einsatz waren, Menschen gerettet werden mussten und ein Einsatz mit Hubschraubern nicht mehr möglich gewesen sei.

Die Katwarn-Warnung der höchsten Stufe sei erst um 23.09 Uhr mit rund einer halben Stunde Verspätung rausgegangen, sagte er weiter. Pföhlers Ehefrau habe in einem Telefongespräch mit dem LKA gesagt, ihr Ehemann sei an dem Abend "bei ihr zu Hause und ab und zu mal weg" gewesen. Pföhler selber habe sich nicht geäußert. Zeugen zufolge sei er nur zweimal kurz in der Technischen Einsatzleitung (TEL) gewesen, einmal gegen 19.20 Uhr, um Innenminister Roger Lewentz zu treffen, und einmal vorher, zwischen 17 und 18 Uhr.

Einsatzleitung völlig unterbesetzt

Die TEL in der Kreisverwaltung sei personell völlig unterbesetzt und ab einem gewissen Zeitpunkt auch völlig überfordert gewesen, sagte der LKA-Beamte. Der ehrenamtliche Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) habe keine Zeit gehabt, die Lage in Ruhe zu bewerten, und sei Teil der Sachbearbeitung, aber kein Einsatzleiter gewesen. Pföhler habe erklärt, er habe an dem Tag keine Einsatzleitung gehabt, weil er diese Funktion bereits 2018 dem BKI "auf Dauer und generell" übertragen habe.

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Zu den strafrechtlichen Ermittlungen gegen den CDU-Politiker und den damaligen BKI sagte der Beamte, es bleibe die Frage offen, was gewesen wäre, wenn Pföhler die Leitung übernommen hätte und welche Maßnahmen er hätte treffen können und wie diese gewirkt hätten.

Bei der Flutkatastrophe vor einem Jahr (14./15. Juli) waren mindestens 135 Menschen im nördlichen Rheinland-Pfalz ums Leben gekommen, darunter 134 im Ahrtal. 766 Menschen wurden verletzt. Auf einer Länge von 40 Kilometern an der Ahr wurden Straßen, Brücken, Gas-, Strom- und Wasserleitungen und rund 9000 Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Allein im Ahrtal sind rund 42.000 Menschen betroffen, landesweit etwa 65.000.

Quelle: ntv.de, chf/dpa

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