Mordprozess in ÖsterreichLießen Eltern ihre Tochter bewusst sterben?

Ein Ehepaar lebt mit seinen sieben Kindern nach strengen religiösen Regeln. Auch als eine Tochter schwer krank wird, bleiben sie dabei, ärztliche Hilfe abzulehnen. Das Mädchen stirbt, die Eltern stehen nun wegen Mordes vor Gericht.
Im österreichischen Krems hat der Prozess gegen ein deutsches Ehepaar begonnen, das nach Ansicht der Behörden seine Tochter ohne notwendige medizinische Hilfe sterben ließ. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Mord durch Unterlassung vor. Zudem sollen sie das Mädchen gequält und vernachlässigt haben. Der 39 Jahre alte Mann und seine 35 Jahre alte Ehefrau bekannten sich zu den Vorwürfen der Vernachlässigung, den Mordvorwuf wiesen sie aber zurück.
Tochter Rahel starb Mitte September im Alter von 13 Jahren. Sie litt an einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung, ihre Eltern ließen ihr aber keine notwendige Therapie zukommen. Das Mädchen habe letztlich an Mangelernährung, Verdauungsstörungen und Übelkeit gelitten und eine Zuckerkrankheit entwickelt. Ihr Tod, so die Anklage, wäre "bei ärztlicher Intervention mit Sicherheit zu verhindern gewesen".
Österreichischen Medien zufolge wog das Mädchen bei einer Körpergröße von 1,60 Meter nur noch 30 Kilogramm. Demnach gehören die Eltern, die in Usbekistan und Kasachstan geboren sind, der Glaubensgemeinschaft "Gemeinde Gottes" an. Zu den religiösen Auffassungen dieser Gruppe gehört es, dass keines der sieben Kinder des Paares den Kindergarten oder die Schule besucht. Bis auf Rahel wurde auch keines der Kinder je bei einem Arzt vorgestellt. Bis auf einen fünf Monate alten Jungen, den die Mutter noch stillt, sind alle Kinder inzwischen in der Obhut der Behörden.
Hoffen auf Gott
Rahel hatte schon 2017 massive Bauchschmerzen, die Eltern brachten sie aber erst nach der Aufforderung einer Sozialarbeiterin ins Krankenhaus. Schon zu diesem Zeitpunkt war das Mädchen stark untergewichtig, außerdem wurde eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostiziert. Trotzdem bestanden die Eltern nach acht Tagen auf einer Entlassung. Danach wurde das Kind nicht mehr ärztlich behandelt.
Im vergangenen September verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Mädchens, es hatte starke Schmerzen und konnte nicht mehr essen. Der Anklageschrift zufolge, die österreichischen Medien vorliegt, bekam Rahel von ihren Eltern gesüßten Tee gespritzt. Die Eltern hofften nach eigenen Angaben auf Gottes Hilfe. "Ich hab erwartet, dass Gott sie gesund macht. Bis jetzt hat er immer geholfen. Wieso sollte er das dieses Mal nicht tun", sagte die 35-Jährige weinend. Ein Urteil fällt vermutlich schon in der nächsten Woche.