Mobbing trieb ihn in die Flucht Vermisster Junge taucht nach sieben Jahren wieder auf
29.05.2024, 19:26 Uhr Artikel anhören
Lingen im Emsland - hier verlor sich im Oktober 2017 die Spur des damals 15-jährigen R. aus Franken.
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
Als Till R. im September 2017 verschwindet, ist er noch ein Teenager. Fast sieben Jahre lang suchen die Familie und die Polizei verzweifelt nach ihm – bis er sich plötzlich bei seinem Vater meldet. Inzwischen ist er 21 Jahre alt. Wieder zu Hause blickt der junge Mann auf die vergangenen Jahre zurück.
Überraschende Wende in einem Vermisstenfall aus Bayern: Till R., der fast sieben Jahre lang vermisst war, ist wieder aufgetaucht. Der damals 15-Jährige verschwand im September 2017 aus dem Haus seiner Eltern in Markt Bibart in Mittelfranken. Nach damaligen Erkenntnissen der Polizei verließ der Junge im September 2017 sein Haus und machte sich mit dem Zug auf den Weg nach Lingen im Emsland, um dort einen Bekannten aus dem Internet zu besuchen. Aufforderungen seiner Eltern, nach Hause zurückzukehren, ignorierte er damals. Im Oktober 2017 verlor sich seine Spur - seitdem war der Junge telefonisch nicht mehr erreichbar.
Im Jahr 2019 wurde eine Öffentlichkeitsfahndung eingeleitet, die den Verbleib von R. jedoch nicht klären konnte. Die Kriminalpolizei Ansbach ermittelte auch im Hinblick auf ein mögliches Tötungsdelikt. Das Verschwinden von R. war auch Thema in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" im Juni 2022. Die etwa 80 eingegangenen Hinweise führten jedoch nicht zur Aufklärung des Falls.
Im April dieses Jahres nahm Till R. schließlich wieder Kontakt zu seiner Familie auf, wie die Polizei mitteilte. Inzwischen ist der 21-Jährige wieder zu Hause und spricht über die Gründe für sein Verschwinden und darüber, wie er die Jahre verbrachte.
"Ich wurde gemobbt, weil ich zu dick war"
Er sei wegen Anfeindungen und Beleidigungen in der Schule abgehauen, erklärt der heute 21-Jährige der "Bild"-Zeitung. "Ich wurde gemobbt, weil ich zu dick war", sagt er. Mit seiner Familie habe er dieses Problem damals nicht besprochen. In Lingen, wo R. in den ersten Tagen seiner Odyssee einen Bekannten besucht hatte, habe sich der Jugendliche selbst an das dortige Jugendamt gewandt und von seinen Problemen erzählt. Dort habe sich R. aber nicht ernst genommen gefühlt. Die Mitarbeiter kauften ihm demnach ein Ticket nach Hause und setzten ihn alleine in den Zug.
In Düsseldorf sei er jedoch aus dem Zug ausgestiegen, so R. Dort habe er sich monatelang mit Lagerarbeiten über Wasser gehalten. Gewohnt habe R. mit zwei Obdachlosen in einer leer stehenden Halle in einem Industriegebiet, erzählt der junge Mann nun der "Bild".
Nach etwa einem Jahr habe es die drei nach Berlin gezogen, wo sie illegal als Hilfsarbeiter gearbeitet hätten, so R. Am Stadtrand bewohnten sie demnach ein Zimmer, das ihnen der Mann, für den sie arbeiteten, zur Verfügung gestellt hatte. "Ich musste sehr aufpassen, dass ich nicht krank werde, da ich keine Versicherung hatte", erinnert sich R. heute an die vergangenen Jahre. Er habe auch kein Handy benutzt, aus Angst, entdeckt zu werden.
Allmählich sei R. des Versteckspiels überdrüssig gewesen, erzählt er. Nach fast sieben Jahren nahm er am 21. April schließlich Kontakt zu seiner Familie auf, wie die Polizei mitteilte. Sie zog die Fahndung damit offiziell zurück.
Die Eltern des 21-Jährigen freuen sich über die Rückkehr ihres Sohnes. "Es sind tolle Nachrichten, dass mein Sohn wieder da ist", erklärte R.s Vater auf RTL-Nachfrage. "Ihm geht es gut und wir sind überglücklich, dass er sich entschlossen hat, wieder nach Hause zu kommen."
Quelle: ntv.de, uzh