Panorama

Getöteter Tankstellen-Kassierer Mutmaßlicher Täter teilte "Querdenken"-Inhalte

Die Tat in Idar-Oberstein sorgt für Bestürzung.

Die Tat in Idar-Oberstein sorgt für Bestürzung.

(Foto: dpa)

Wegen der Aufforderung, eine Maske zu tragen, soll Mario N. einen 20-jährigen Tankwart getötet haben. Die Tat im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein sorgt für Entsetzen. Nun wird bekannt, dass der Täter in den sozialen Medien mit "Querdenken"-Gedankengut sympathisiert. Bei ihm zu Hause finden Ermittler weitere Waffen.

Nach dem tödlichen Schuss auf einen Tankstellen-Mitarbeiter im Streit um die Maskenpflicht gehen die Ermittler von langwierigen Ermittlungen zu den Hintergründen aus. "Wir müssen uns jetzt erstmal selbst ein klares Bild machen", sagte Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann in Mainz. Dies werde noch einige Wochen dauern. In dieser Zeit wolle die Behörde keine Wasserstandsmeldungen zu dem Verbrechen in Idar-Oberstein im Kreis Birkenfeld abgeben. Fuhrmann: "Die Feinarbeit der Ermittlungen geht jetzt erst so richtig los."

Der 49-jährige Mario N., der an der Tankstelle Bier kaufen wollte, soll dem 20 Jahre alten Verkäufer am Samstagabend in den Kopf geschossen haben - nachdem der junge Mann ihn zweimal auf die coronabedingte Maskenpflicht hingewiesen hatte. Der mutmaßliche Schütze hat die Tat gestanden, der deutsche Staatsangehörige sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Es gibt den Ermittlern zufolge keine Hinweise darauf, dass sich Täter und Opfer gekannt hatten.

Eine Nachbarin habe N. als "aggressiv und aufbrausend" beschrieben, berichtet die "Zeit". Immer wieder habe er sich über parkende Kundinnen eines Nagelsalons beschwert und sie auch frauenfeindlich beleidigt. Ein anderer Nachbar habe berichtet, dass N. überzeugter Impfgegner sei, der Corona als "erfunden" bezeichnet habe.

Mehr Klarheit über die Hintergründe der Tat erhoffen sich die Ermittler vor allem von der Auswertung der sichergestellten elektronischen Geräte des 49 Jahre alten Mannes. N. sei in den Theorien der Corona-Leugner "bewandert", hieß es aus Ermittlerkreisen. Die "Zeit" berichtet, dass er der "Querdenken"-Bewegung zumindest gedanklich nahestehe. Das zeige sich vor allem in den sozialen Medien. Auf dem Karrierenetzwerk Linkedin hätten ihn mehrere Beiträge gefallen, die Masken als "Unsinn" bezeichneten.

"Ich freue mich auf den nächsten Krieg"

Gleiches gelte auch für Beiträge, die auf die widerlegten Thesen des Autors und Arztes Sucharit Bhakdi verlinkten. Zudem habe ein Twitter-Profil, das dem mutmaßlichen Täter mit "hoher Wahrscheinlichkeit" gehörte, bereits im Herbst 2019 Gewaltaufrufe geteilt, berichtet die "Zeit". "Ich freue mich auf den nächsten Krieg", soll es dort etwa heißen. Auch hätten ihn schon vor der Pandemie Beiträge von AfD-Politikern oder des CDU-Bundestagskandidaten und Ex-Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen gefallen.

Zu ähnlichen Ergebnissen sind auch Recherchen des "Spiegel" gemeinsam mit dem Thinktank CeMAS gekommen. Auch dort ist die Rede von Gewaltfantasien. Beispielsweise habe er in seinem letzten Tweet geschrieben: "Meine Muskeln sind gespannt, mein Geist geschärft. Gnade denen, welche diese Situation heraufbeschworen haben. Oder nein, Gnade wäre unrecht". Zudem habe er auch Tweets des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump kommentiert.

Das Online-Portal "t-online" berichtet, dass der IT-Spezialist auch beim Messengerdienst Telegram unterwegs sei. Die App ist besonders in der "Querdenken"-Bewegung beliebt. Als Wahlspruch hätte N. dort "Ignorance ist the most dangerous type of stupidity" (Ignoranz ist die gefährlichste Art der Dummheit) gewählt. In den gängigen "Querdenken"-Kanälen sei er nicht Mitglied gewesen.

Weitere Waffen gefunden

Er lebte zuletzt in Idar-Oberstein und war als Selbstständiger in der IT-Branche tätig. Der bislang polizeilich nicht in Erscheinung getretene Mann hatte den Ermittlern gesagt, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne. Zum Motiv habe er angegeben, dass ihn die Situation der Corona-Pandemie stark belaste und er keinen anderen Ausweg gesehen habe, als ein Zeichen zu setzen.

Zur Lebenssituation des Verdächtigen wollte Oberstaatsanwalt Fuhrmann während der laufenden Ermittlungen keine genauen Angaben machen. Der Mann sei noch nie irgendwo bei der Polizei aufgefallen, auch nicht als Teilnehmer einer Demonstration. Die mutmaßliche Tatwaffe, weitere Waffen und Munition seien bei einer Hausdurchsuchung bei dem Tatverdächtigen von der Polizei gefunden und sichergestellt worden, sagte Fuhrmann. Der Mann habe keine waffenrechtliche Erlaubnis - die Herkunft der Waffen müsse noch weiter aufgeklärt werden.

Quelle: ntv.de, ses/dpa

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