Panorama

Nothing more than feelingsWie König Charles III. die Frauen würdigt

12.09.2022, 08:54 Uhr (aktualisiert)dff697a9-ec36-4d60-a8dd-b9e0363450ecSabine Oelmann
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Ein Bild, das Bände spricht. Nur ganz schlimme Nörgler könnten etwas daran auszusetzen haben. (Foto: REUTERS)

Aufgewacht, geschüttelt, gedacht: "Ach, das war nur ein schlechter Traum, die Queen kann nicht tot sein." Wenige Sekunden später realisiert, dass es Realität ist. Ab jetzt heißt es "God Save the King!" Aber was ist das für ein "neuer" König auf dem Thron? Und sind da etwa feelings im Spiel?

Es war der längste Auszubildende in der Anwartschaft auf den britischen Thron, er redete mit Blumen, wurde für einen Öko-Spinner gehalten, er dachte über Nachhaltigkeit nach, als noch keiner das Wort kannte, es hieß, die Untertanen hätten lieber gleich seinen Sohn William als Nachfolger der geliebten Königin. Er heiratete seine ehemalige Geliebte, die nun seine Königin-Gemahlin ist, und ja, er war nicht nett zu Lady Diana, der Mutter seiner Söhne. Er war ein Hallodri und wickelte die Damenwelt seinerzeit um die Finger, als er noch nicht verheiratet war, hoch- und nicht ganz so hochadelige Frauen, Schauspielerinnen, Prinzessinnen und reiche Töchter träumten von einem Leben an seiner Seite.

"Plötzlich Prinzessin" wirkte so attraktiv, dass man dem jungen Charles vieles hätte verzeihen können. Und nein, er fand seine Eltern nicht schon immer so reizend, wie es nun den Anschein macht, wenn er sie in seinen Reden als geliebte Eltern bezeichnet: "Liebste Mama, während du deine letzte große Reise zu meinem lieben verstorbenen Papa beginnst, will ich nur eines sagen: Danke. Danke für deine Liebe und Hingabe für unsere Familie (...). Mögen die Engel über Deine Ruhe wachen."

Aber dieser Mann hat gelernt. Er hatte Zeit, er hat sie genutzt. Er könnte ein ganz anderer, ein guter König werden, einer, mit dem niemand gerechnet hat und der es schaffen wird, in die riesigen Fußstapfen seiner übergroßen Mutter, einer Ikone der Monarchie, zu treten.

Es heißt, Charles sei ein dufter Typ. Und geradezu ein Dreamteam, wenn er mit Camilla auftritt. Dass er seine Frau in seiner ersten offiziellen Ansprache an die Nation so liebevoll erwähnte, dass er sie die Stütze nennt, ohne die er nicht der wäre, der er ist, dass er sie "meine geliebte Frau" nennt, das ist denkwürdig. Camilla wurde durch den Tod von Queen Elizabeth II. zur Queen Consort, Königsgemahlin. Den Titel trug zuletzt die Mutter der gestorbenen Monarchin, Queen Mum, und Elizabeth hatte noch zu Lebzeiten verfügt, dass dem so geschehen solle. Wenn dieses Leben, diese Familie, nicht schon so oft und so gut beschrieben oder verfilmt worden wären, man könnte glatt einen Rosamunde-Pilcher-Schmöker draus machen.

Alter weißer, fortschrittlicher Mann?

So eine Rede, so ein Verhalten, das alles spricht von einer Zeitenwende. Das könnte vielleicht sogar noch einige Monachiehasser:innen hinter dem Ofen hervorlocken, dass dieser 73-Jährige anscheinend vorhat, einen neuen Stil einzuführen. Nicht, dass der der Queen schlecht gewesen wäre, sie wird auf - fast - der ganzen Welt anerkannt für das, was sie geleistet hat, aber Charles ist nunmal ein Mann alter Schule, und da erwartet eigentlich keiner mehr so richtig viel Fortschritt. Allein seine Ankündigung, die Monarchie "verschlanken" zu wollen, müsste seinen Kritikern aber doch wenigstens etwas Respekt und Interesse abringen.

Sollte Charles es also schaffen mit seiner späten, aber gerade noch rechtzeitig in Erscheinung tretenden, warmen Art, der eingestaubten Monarchie eine Wende zu verpassen? Mit seiner übergroßen Mutter im Hintergrund, die ihm sicher noch lange im Traum erscheinen und Tipps geben wird, mit Camilla an seiner Seite und dem ältesten Sohn, der wie eine Eins neben ihm steht. Charles, der sogar nette Worte findet für Harry und Meghan, die so offensichtlich Zwist in der Familie gesät haben. Schafft er es gar, in naher Zukunft schon, die Versöhnung der ganzen Familie herbeizuführen? Wird Harry merken, dass er zu trotzig, Meghan, dass sie zu hochmütig war? Wird er ein Land einen, das an einigen Stellen separatistische Tendenzen aufweist, das durch den Brexit weiter denn je vom Festland entfernt ist than ever? Wird er politisch sein können, ohne es zu dürfen?

Das Bad in der Menge kann er bereits: Nur wenige Stunden nach dem Tod seiner Mutter stellt er sich seinen neuen Aufgaben, er tröstet seine Untertanen, nimmt in den Arm, lässt sich sogar auf die Wange küssen. Es scheint doch ganz viel Elizabeth in dem Jungen, der gedrillt und missverstanden wurde, der wegen seiner großen Ohren und der ihm eigenen, sensiblen Natur verspottet wurde. Viel mehr scheint in ihm zu stecken, als man dachte. God save the King!

(Dieser Artikel wurde am Samstag, 10. September 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

GroßbritannienMonarchieBritisches KönigshausKing Charles III.Queen Elizabeth II.