Häftling 1027820 will raus O.J. Simpson kämpft um Entlassung
20.07.2017, 08:14 Uhr
Simpson feierte vor Kurzem seinen 70. Geburtstag.
(Foto: AP)
Seit achteinhalb Jahren sitzt der frühere Footballstar O.J. Simpson im Gefängnis. Nicht etwa für den Doppelmord an seiner Ex-Frau Nicole und ihrem Bekannten, sondern für einen bewaffneten Raubüberfall. Nun steht die Entscheidung an, ob der inzwischen 70-Jährige vorzeitig auf Bewährung freikommt.
Mehr als 20 Jahre ist es her, dass O.J. Simpson in einem der umstrittensten Urteile der US-Justizgeschichte vom Vorwurf freigesprochen wurde, seine Ex-Frau und deren Freund ermordet zu haben. Und achteinhalb Jahre ist es her, dass der einstige Footballstar dann für ein anderes Verbrechen, einen bewaffneten Raubüberfall, ins Gefängnis geschickt wurde. Doch seine Figur fasziniert und spaltet weiterhin die US-Öffentlichkeit - weshalb das Medieninteresse am Donnerstag enorm sein wird: Dann steht die Entscheidung an, ob der inzwischen 70-Jährige vorzeitig auf Bewährung freikommt.
Wer entscheidet und wie ist der Ablauf?
Über das Schicksal des berühmten Insassen mit der Nummer 1027820 entscheidet der Bewährungsausschuss des US-Bundesstaats Nevada. Dessen Sitzung ist öffentlich und wird live im US-Fernsehen übertragen. Nachdem erst vergangenes Jahr zwei preisgekrönte Fernsehserien den Prozess um den Doppelmord an Simpsons zweiter Ehefrau Nicole Brown und deren Begleiter Ron Goldman rekapituliert hatten, dürften hohe Einschaltquoten auch diesmal gesichert sein.
Während der Anhörung soll Simpson per Videoleitung im Gefängnis befragt werden. Beraten werden zunächst nur vier der insgesamt sechs Mitglieder des Ausschusses. Nur wenn sie zu keiner einhelligen Entscheidung gelangen, werden die übrigen Mitglieder zugeschaltet. Bei einem Votum aller sechs Mitglieder würde dann die einfache Mehrheit von vier Stimmen für eine Entscheidung reichen. Der Beschluss soll auf jeden Fall noch am Donnerstag ergehen.
Entscheidet das Gremium zugunsten Simpsons, kommt er im Oktober auf freien Fuß. Entscheidet es gegen ihn, kann er frühestens wieder in drei Jahren seine vorzeitige Entlassung beantragen.
Wie stehen Simpsons Chancen?
Diverse Experten schätzen sie als gut ein. Der Ankläger, der Simpson einst hinter Gitter brachte, erwartet seine Freilassung. Die inzwischen neunjährige Haft sei eine ausreichende Strafe, sagt der inzwischen pensionierte Ex-Staatsanwalt David Roger.
Ein entscheidender Faktor könnte Simpsons Verhalten hinter Gefängnismauern sein. Er gilt als Musterhäftling. Schon 2013 hatte ihm der Bewährungsausschuss deshalb einen partiellen Straferlass gewährt, der aber für die Haftentlassung noch nicht reichte.
Wofür wurde er verurteilt?
Simpson hatte 2007 zusammen mit bewaffneten Komplizen das Zimmer zweier Andenkenhändler in einem Hotel-Casino in Las Vegas gestürmt. Er habe sich lediglich persönliche Erinnerungsstücke aus seiner Sportlerkarriere zurückholen wollen, die ihm gestohlen worden seien, argumentierte er vergebens vor Gericht. Er wurde zu 33 Jahren verurteilt.
Damals gab es Vorwürfe, Simpson solle mit der langjährigen Haftstrafe nachträglich für den Doppelmord bestraft werden, der ihm in dem Indizienprozess der 90er Jahre nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden war. In dem damaligen Mordprozess hatten es die Anwälte des einstigen Football- und Filmstars auch geschafft, ihren Mandaten als Opfer eines rassistisch geprägten Strafverfolgungswesens darzustellen.
Wie sieht Simpsons Gefängnis aus?
Seine Haftbedingungen sind wohl vergleichsweise schonend. Das Gefängnis in Lovelock ist bekannt dafür, dass dort nicht die gleiche rohe Gewalt und Bandenkriminalität herrschen wie in vielen US-Haftanstalten. Nach einem Bericht der "Los Angeles Times" vom vergangenen Jahr trainiert Simpson diverse Sportteams des Gefängnisses, fungiert als Schiedsrichter und geht regelmäßig in den Fitnessraum. Auch hat er an diversen Weiterbildungskursen teilgenommen.
Und wie könnte sein Leben nach dem Gefängnis aussehen?
Nach Angaben seiner Anwälte will Simpson "ein ruhiges Leben" führen. Doch die Promi-Website "TMZ" spekulierte bereits, dass er in einer Reality-Serie auftreten könnte. Simpsons juristischen Probleme wären jedenfalls kaum vorüber. Denn zu dem Mord an Brown und Goldman hatte es nach dem Mord- noch ein Zivilverfahren gegeben. Darin wurde Simpson zur Zahlung von 33,5 Millionen Dollar an die Hinterbliebenen verurteilt. Die Summe hat er bislang nicht gezahlt.
Quelle: ntv.de, Javier Tovar, AFP