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"Vergesst Titan" Oceangate-Mitbegründer will Menschen zur Venus schicken

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Die Temperatur auf der Venus beträgt über 450 Grad Celsius.

Die Temperatur auf der Venus beträgt über 450 Grad Celsius.

(Foto: via REUTERS)

Das tödliche Unglück der "Titan" vor wenigen Wochen hält Oceangate-Mitbegründer Söhnlein nicht von einem neuen abenteuerlichen Projekt ab: Bis 2050 sollen Hunderte Menschen zur Venus fliegen. Trotz der lebensfeindlichen Bedingungen dort arbeitet der Unternehmer bereits an der Finanzierung.

Rund sechs Wochen nach dem Unglück des Tauchboots "Titan" verfolgt der Mitbegründer von Oceangate bereits neue abenteuerliche Pläne. So spekuliert Guillermo Söhnlein darauf, bis zum Jahr 2050 rund 1000 Menschen zum Planeten Venus zu schicken. Dies sagte er dem "Business Insider". Demnach müsse die Menschheit trotz der "Titan"-Tragödie weiter die Grenzen der Innovation ausreizen. Das Tauchboot implodierte im Juni bei einer Exkursion zum "Titanic"-Wrack. Fünf Menschen starben - darunter auch der andere Oceangate-Mitbegründer, Stockton Rush.

Söhnlein zufolge ist sein Plan "weniger ehrgeizig als eine Million Menschen bis 2050 auf die Marsoberfläche zu schicken". Damit spielt er gegenüber der Zeitung auf das Projekt von SpaceX-Gründer Elon Musk an. Trotzdem würde es innerhalb und außerhalb der Raumfahrt für großes Aufsehen sorgen, "wenn man über einen Flug zur Venus spricht", ergänzt der Unternehmer.

Die Skepsis gegenüber seinem Projekt scheint nicht unbegründet. So sind die Oberflächenbedingungen auf der Venus für Menschen extrem lebensfeindlich. Zum einen ist die Venus mit Temperaturen von mehr als 450 Grad Celsius der wärmste Planet im Sonnensystem. Zum anderen ist ihre Atmosphäre voller Kohlendioxid. Der Atmosphärendruck ist laut der NASA über 90 mal höher als auf der Erde. Zudem regnet es aus den Wolken Schwefelsäure ab.

Söhnlein: Tauchboote gehören zu All-Projekt

Söhnlein schreckt dies nicht ab. Der Oceangate-Mitbegründer verweist gegenüber der Zeitung auf Forschungsergebnisse, wonach es Teile in der Venusatmosphäre gebe, in denen Menschen überleben könnten. Der Druck sei dort weniger stark, die Temperaturen niedriger. Wenn die Raumstationen der Schwefelsäure in den Wolken standhalten würden, so Söhnlein, könnten bis 2050 Hunderte Menschen in der Venusatmosphäre beherbergt werden.

Ähnlich wie "Titan"-Pilot Rush ist Söhnlein von der Faszination des Erkundens getrieben. "Ich hatte immer wieder den Traum, der Kommandant der ersten Marskolonie zu sein", sagte er über seine Kindheit. "Ich glaube, seit ich elf Jahre alt bin, bin ich davon getrieben, die Menschheit zu einer planetenübergreifenden Spezies zu machen." Zu diesem Plan, der Expedition des Weltalls, gehört laut Söhnlein auch der Bau von Tauchbooten wie der "Titan". Es sei das, "was wir am ehesten tun können, um ins All zu fliegen und diese Vision voranzutreiben, ohne tatsächlich ins All zu fliegen". Es gehe darum, Technologien zu entwickeln und zu testen, die im Weltall verwendbar seien.

Mit seiner Organisation "Humans2Venus" versucht Söhnlein nun das Projekt möglich zu machen. Gemeinsam mit Experten und Mitstreitern will er Technologien entwickeln, die die Betriebskosten für den Start zur Venus senken und seine Weltraummission ohne Unterstützung durch staatliche Stellen finanzieren. "Es ist erstrebenswert, aber ich denke, dass es bis 2050 auch machbar ist", erklärte er dem "Business Insider".

"Menschheit könnte vor Durchbruch stehen"

Ein ähnliches Konzept verfolgte Oceangate mit seinen Tauchbooten zur Erkundung der Tiefsee. Auch das von Rush geführte Unternehmen senkte die Betriebs- und Startkosten seiner Tauchfahrzeuge. So müssen Tiefseetauchboote laut Experten die Form einer Kugel haben und aus Titanstahl gebaut sein, um dem Druck standzuhalten. Weil sie damit zu klein und zu schwer wären, um als "kleine Busse" in die Tiefe zu fungieren, baute Rush ein großes Tiefseeboot aus Kohlefaser.

Für Söhnlein ist es genau diese Art des Denkens, die "ein entscheidendes Element für den Fortschritt der Menschheit", ist. Rush habe dies mit Tesla-Chef Musk und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gemeinsam. "Wenn wir nicht solche Leute hätten, würden wir wahrscheinlich alle noch in Höhlen leben", sagte er.

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Allerdings sorgte das Vorgehen von Oceangate schon lange vor dem Unglück für Kritik. Branchenexperten und ehemalige Mitarbeiter warnten Rush vor der Verwendung von Kohlefaser für sein Tauchboot - es sei nicht geeignet für den großen Wasserdruck, dem das Tauchboot in rund 4000 Metern Tiefe ausgesetzt sei. Doch Oceangate ignorierte die Warnungen. Auch ließ die Firma ihre Boote nicht von einer unabhängigen Stelle zertifizieren. Diese Klassifizierung würde Jahre dauern, sagte Rush damals. Dies sei "ein Gräuel für jede Innovation". Warum genau das Tauchboot implodierte, ist noch nicht klar. Die Ermittlungen dazu laufen laut US-Behörden noch.

Weder der Tod seines ehemaligen Kollegen noch die Ermittlungen der Behörden halten Söhnlein von seinem Venus-Projekt ab. "Vergessen Sie OceanGate. Vergesst Titan. Vergessen Sie Stockton. Die Menschheit könnte kurz vor einem großen Durchbruch stehen und diesen nicht nutzen, weil wir als Spezies abgeschaltet und in den Status Quo zurückgedrängt werden", zitiert ihn die Zeitung.

Quelle: ntv.de, spl

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