Panorama

Schütze war polizeibekannt Polizei schließt Terrorangriff in Kopenhagen aus

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Die Bluttat in Kopenhagen lässt viele Fragen offen. Die Polizei sucht nach dem Motiv des Mannes, der in einem Einkaufszentrum drei Menschen getötet und mehrere weitere schwer verletzt hat. Ein Unbekannter ist er für die Behörden jedenfalls nicht.

Nach der Bluttat in einem Kopenhagener Einkaufszentrum mit mindestens drei Toten sucht die dänische Polizei nach den Hintergründen. Für ein Terrormotiv gebe es aber keine Hinweise, sagte Chefinspekteur Søren Thomassen dem Sender TV2 zufolge. "Wir kennen das Motiv bisher nicht, aber ich kann versichern, dass die Behörden alles unternehmen, um diesen Fall aufzuklären und die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden können", sagte Justizminister Mattias Tesfaye der Agentur Ritzau.

In sozialen Medien werde über einen rassistischen Hintergrund spekuliert, sagte Thomassen. Dafür gebe es derzeit keine Anhaltspunkte. Die Polizei hatte einen 22-jährigen Dänen in Zusammenhang mit der Tat festgenommen. Der mutmaßliche Schütze sei der Polizei "grundsätzlich bekannt" gewesen, sagte Thomassen. Der Tatverdächtige habe in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt und sei den "psychiatrischen Diensten bekannt", fügte er hinzu. Er habe seine Opfer offenbar willkürlich ausgewählt.

Viele junge Menschen waren für ein Pop-Konzert in der Nähe des Einkaufszentrums.

Viele junge Menschen waren für ein Pop-Konzert in der Nähe des Einkaufszentrums.

(Foto: dpa)

Thomassen sagte örtlichen Medien zufolge, bei den Opfern handele es sich um einen Mann zwischen 40 und 50 Jahren und zwei junge Menschen, 27 Personen wurden nach bisherigem Erkenntnisstand verletzt. Drei bei dem Amoklauf schwer Verletzten sind inzwischen außer Lebensgefahr. Eine Person befinde sich noch in kritischem Zustand, sagte Chefarzt Kasper Claudius vom Kopenhagener Krankenhaus Rigshospitalet bei einer Pressekonferenz.

Es seien drei weitere Personen wegen möglicher Streifschüsse behandelt worden, teilte die Kopenhagener Polizei mit. 20 Menschen hätten sich außerdem bei der Flucht aus dem Einkaufszentrum leichtere Verletzungen zugezogen. Dazu zähle etwa ein gebrochenes Bein oder ein gebrochener Arm, sagte ein Sprecher der dänischen Hauptstadt-Region dem Fernsehsender DR.

Polizei geht von Einzeltäter aus

Die Polizei geht davon aus, dass der Täter allein handelte. "Bis wir absolut sicher sind, dass die Hypothese zutrifft, werden wir eine weitreichende Untersuchung durchführen und eine massive operative Präsenz in Kopenhagen aufrechterhalten", sagte Thomassen. Bei der Festnahme habe der Mann ein Gewehr und Munition dabei gehabt. Möglicherweise sei aber noch eine andere Waffe im Spiel gewesen. Auf Amateurvideos aus dem Gebäude sind Schüsse zu hören. Auf anderen ist zu sehen, wie ein Mann mit einer Langwaffe in der Hand an Geschäften vorbeigeht.

Der Festgenommene soll an diesem Montag vernommen werden. Er werde wegen Totschlags angeklagt. Der Vorwurf könne sich aber noch ändern. Ob der Mann Mitglied in einem Schützenverein war und ob er die Waffe legal besaß, wollte die Polizei zunächst nicht mitteilen.

Das Einkaufszentrum wurde gesperrt, die U-Bahn-Verbindungen unterbrochen.

Das Einkaufszentrum wurde gesperrt, die U-Bahn-Verbindungen unterbrochen.

(Foto: dpa)

Das dänische Königshaus rief zum Zusammenhalt auf. "Die Situation erfordert Einigkeit und Fürsorge, und wir danken der Polizei, den Rettungsdiensten und den Gesundheitsbehörden für ihr schnelles und effektives Handeln in diesen Stunden", heißt es in einer Mitteilung von Königin Margrethe II. und dem Kronprinzenpaar - Frederik und Mary. Die Königsfamilie zeigte sich betroffen von der "schockierenden Nachricht". "Unsere Gedanken und unser tiefstes Mitgefühl sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und allen Betroffenen der Tragödie."

Königshaus verurteilt "grausamen Angriff"

Nach Bekanntwerden der Tat hatte das Königshaus bereits einen Empfang mit Kronprinz Frederik abgesagt. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen verurteilte die Tat als "grausamen Angriff". Sie forderte die Menschen im Land auf, zusammenzuhalten und einander zu unterstützen. "Wir alle wurden brutal aus dem strahlenden Sommer gerissen, den wir gerade erst begonnen hatten", teilte Fredriksen mit. "Es ist unverständlich. Herzzerreißend. Zwecklos. Unsere schöne und sonst so sichere Hauptstadt wurde im Bruchteil einer Sekunde verändert."

Einsatzkräfte riegelten die gesamte Insel Seeland ab, auf der die dänische Hauptstadt liegt. Mehrere Straßen und Autobahnausfahrten wurden gesperrt. Um mehr Kräfte für die Untersuchung der Bluttat zur Verfügung zu haben, übernahmen Soldaten Bewachungsaufgaben von der Polizei. Die Behörden richteten einen Ort ein, an dem Augenzeugen ihre Aussage machen und psychologische Betreuung in Anspruch nehmen können.

Auch ein Auftritt des britischen Sängers Harry Styles in einer nahe gelegenen Konzerthalle wurde abgesagt. Der Konzertveranstalter Live Nation teilte mit, dies sei auf Anordnung der dänischen Polizei geschehen. Ob die Show nachgeholt wird, ist unklar. "Wir sind alle am Boden zerstört von den Ereignissen des Tages und unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Familien." Es wird vermutet, dass sich viele Konzertbesucher in dem nur wenige Hundert Meter entfernten Einkaufszentrum aufhielten, zum Beispiel um noch etwas zu essen.

Quelle: ntv.de, mba/dpa

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