Raubüberfall und versuchter Mord Prozess um Reemtsma-Entführer Drach beginnt
02.02.2022, 10:53 Uhr (aktualisiert)
1996 entführt Haupttäter Drach den Tabak-Erben Jan Reemtsma - erst nach 33 Tagen wird das Opfer freigelassen.
(Foto: imago images/photo2000)
Wegen der Entführung Jan Philipp Reemtsmas wird Thomas Drach 1996 zu vierzehneinhalb Jahren Haft verurteilt. 2021 wird der 61-Jährige aufgrund einer langen Liste an Verbrechen erneut angeklagt. Nun steht sein Prozess bevor. Drach gilt als einer der gefährlichsten Verbrecher des Landes.
Er gilt als einer der gefährlichsten deutschen Schwerkriminellen: Der Reemtsma-Entführer Thomas Drach muss sich ab Dienstag mit einem mutmaßlichen Mittäter wegen bewaffneter Überfälle auf Geldtransporte vor dem Landgericht Köln verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt dem 61-Jährigen in zwei Anklagen insgesamt vier Raubüberfälle zur Last. Wegen Schüssen auf Geldboten könnte Drach zudem wegen versuchten Mordes in zwei Fällen verurteilt werden. Die Taten soll der vorbestrafte Angeklagte zwischen März 2018 und November 2019 begangen haben.
Dem ersten Anklagevorwurf zufolge überfiel er mit Waffengewalt Geldboten von Sicherheitsunternehmen in Köln, am Flughafen Köln-Bonn und in Frankfurt am Main, wobei er das transportierte Bargeld stahl. In den ersten beiden Fällen soll Drach mit einem Sturmgewehr des Typs AK-47 bewaffnet gewesen sein, im dritten Fall soll er einen Revolver verwendet haben. In Köln und Frankfurt galten die Überfälle den Tageseinnahmen zweier Ikea-Filialen. Bei dem Überfall am Flughafen Köln-Bonn wurden für die Gepäckstationen vorgesehene Münzgelder entwendet. Der Beuteschaden in den drei Fällen lag bei insgesamt 141.831 Euro.
Niederländer leistet Beihilfe
Sowohl am Flughafen Köln-Bonn als auch in Frankfurt soll Drach auf jeweils einen Sicherheitsmitarbeiter geschossen haben. Das erste Opfer erlitt einen Durchschuss im rechten Oberschenkel und musste notoperiert sowie intensivmedizinisch behandelt werden. In diesem Fall besteht der Tatverdacht eines versuchten Mordes aus Habgier.
Der in Frankfurt verletzte Geldbote konnte nach Auffassung der Staatsanwaltschaft selbst einen Schuss auf den weglaufenden Drach abgeben, woraufhin dieser dem Geldboten ins Bein schoss. Durch die Kugel sei seine Oberschenkelvene zerfetzt worden, wodurch er bis zu zwei Liter Blut verloren habe. Neben den physischen Schäden habe er bis heute mit den psychischen Folgen zu kämpfen. Auch diese Tat bewertet die Staatsanwaltschaft als versuchten Mord. Ein mitangeklagter 53-jähriger niederländischer Staatsbürger soll die Tat am Flughafen Köln-Bonn gemeinschaftlich mit Drach begangen haben. Bei der dritten Tat in Frankfurt soll er ihm geholfen haben.
In einer zweiten Anklage wird Drach eine Tat auf einem Supermarktparkplatz in Limburg zur Last gelegt. Im September 2018 soll er dort einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma mit einem Sturmgewehr bedroht und ihm einen Geldkoffer mit 89.850 Euro und seinen Revolver abgenommen haben. Auch in diesem Fall habe der mitangeklagte Niederländer Beihilfe geleistet, indem er das Fluchtauto gefahren sei. Alle Fluchtfahrzeuge wurden nach den Taten in Brand gesetzt.
Beide Angeklagte müssen sich wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Brandstiftung, einem Verstoß gegen das Waffengesetz und Urkundenfälschung verantworten. Für Drach steht neben einer Haftstrafe auch eine anschließende Sicherungsverwahrung im Raum. Ein psychiatrischer Gutachter soll deswegen regelmäßig am Prozess teilnehmen. Für das Verfahren, das unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, sind zunächst 53 Verhandlungstage bis Ende September angesetzt.
Entführung des Tabak-Erben Reemtsma
Drach wurde wegen der Überfälle im Februar vergangenen Jahres in den Niederlanden festgenommen und Anfang Mai nach Deutschland ausgeliefert. Er wird zu den gefährlichsten Schwerverbrechern Deutschlands gerechnet. Sein Name ist untrennbar mit der Entführung des Mäzens Jan Philipp Reemtsma im Jahr 1996 verbunden. Die Entführer um Drach brachten den Erben der Tabakdynastie am 25. März 1996 in ihre Gewalt und hielten ihn 33 Tage lang angekettet im Keller eines Landhauses bei Bremen gefangen. Am 26. April 1996 kam Reemtsma gegen Zahlung eines Lösegelds in zweistelliger Millionenhöhe frei.
Drach tauchte anschließend unter, erst 1998 machten ihn Polizisten in einem Luxushotel in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires dingfest. Nach längerem juristischen Tauziehen wurde Drach nach Hamburg ausgeliefert und dort verurteilt. Für die Tat wurde Drach 2000 zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Noch während seines Gefängnisaufenthalts wurde er wegen versuchter Anstiftung zur Erpressung erneut verurteilt. Im Oktober 2013 kam er frei.
(Dieser Artikel wurde am Montag, 31. Januar 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, lno/AFP