"Gefahr so groß wie noch nie" Rechte Gesinnung - mehr als 400 Polizisten unter Verdacht
04.04.2024, 09:40 Uhr Artikel anhören
Die tatsächliche Anzahl der Verfahren und Ermittlungen liegt noch nicht vor.
(Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto)
Die Gefahr ist nach Ansicht des Polizeibeauftragten "so groß wie noch nie". In den Landespolizeien gibt es Verfahren und Ermittlungen gegen mindestens 400 Beamte wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus oder Verschwörungsideologien. Die Dunkelziffer ist wohl noch deutlich höher.
Gegen mindestens 400 Polizeibeamte der Länder werden aktuell Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung oder Verschwörungsideologie geführt. Das geht aus einer Abfrage hervor, die "Stern" und RTL in den 16 Innenministerien der Bundesländer durchgeführt haben. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, da mit Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen vier Bundesländer keine aktuellen Zahlen liefern konnten.
Für die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagte der Bundesvorsitzende Jochen Kopelke: "Die Ermittlungen zeigen klar und deutlich, dass in den Reihen der Polizei eine hohe Sensibilität gegenüber extremistischen Umtrieben von Beschäftigten besteht." Beamtinnen und Beamte, die nachgewiesenermaßen rechtsextremistische Haltungen verträten oder Verschwörungserzählungen verbreiteten, hätten in der Polizei nichts zu suchen.
Angesichts von rund 330.000 Polizeibeschäftigten von Bund und Ländern sei die Zahl jener, gegen die ermittelt werde, sehr gering, so Kopelke. Laut den Angaben des Innenministeriums zählt die Bundespolizei derzeit mehr als 54.000 Beschäftigte. Auf Landesebene blieben demnach 276.000 Polizeibeschäftigte.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte zu "Stern" und RTL: "Polizistinnen und Polizisten, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, sondern extremistische Ansichten verfolgen, sind eine große Gefahr für die Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. (…) Diese Menschen will ich nicht bei der Polizei haben."
Auch der unlängst in Dienst getretene Polizeibeauftragte des Bundes beim Deutschen Bundestag, Uli Grötsch von der SPD, sieht ein enormes Bedrohungspotenzial: "Wir leben in Zeiten, in denen von Rechtsextremen gezielt versucht wird, die Polizeien zu destabilisieren", sagt er. "Die Gefahr ist so groß wie noch nie. Für das ganze Land. Und deshalb auch für die Polizeien."
Berlin meldet 96 Disziplinarvorgänge gegen Polizeibeamte in Bearbeitung, kann aber keine Auswertung nach Phänomenbereichen wie etwa "rechts" oder "links" vornehmen. Mecklenburg-Vorpommern meldet aktuelle Zahlen erst im dritten Quartal dieses Jahres. Baden-Württemberg meldet lediglich den Stand zum 31. Dezember 2023. Andere Länder wie Bremen und Thüringen machen keine Angaben dazu, ob Verfahren und Ermittlungen gegen Polizisten bereits abgeschlossen sind oder noch laufen.
Quelle: ntv.de, gut/dpa