Panorama

72 Jahre in Unterdruckkammer Rekordhalter in Eiserner Lunge ist tot

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Paul Alexander lebte seit 1952 in einer Eisernen Lunge.

Paul Alexander lebte seit 1952 in einer Eisernen Lunge.

(Foto: picture alliance/AP Photo)

Als Kind erkrankt Paul Alexander an Polio und kann seitdem nur mithilfe einer Eisernen Lunge atmen. Das zwei Meter lange und 300 Kilo schwere Gerät begleitet ihn sein ganzes Leben. Nach 72 Jahren in der Röhre stirbt er nun – als "ein glücklicher Mann".

Paul Alexander, der Mensch, der am längsten in einer Eisernen Lunge lebte, ist tot. Er wurde 78 Jahren Jahre alt. Der Mann soll laut Medienberichten an einer Corona-Infektion in einem Krankenhaus in Dallas m US-Bundesstaat Texas gestorben sein.

Die Eiserne Lunge ist eine Druckkammer, die die Beatmung des Patienten übernimmt. Der Patient steckt bis zum Hals in der gut zwei Meter langen und rund 300 Kilo schwerer Stahlröhre fest. Mit Über- und Unterdruck wird die Lungenfunktion aufrechterhalten. Die Patienten können nur stundenweise mit einem mobilen Atemgerät aus der Zwangslage befreit werden.

Mehr als 30 Jahre war Paul Alexanders Pflegerin und Partnerin Kathy Gaines an seiner Seite.

Mehr als 30 Jahre war Paul Alexanders Pflegerin und Partnerin Kathy Gaines an seiner Seite.

(Foto: picture alliance/AP Photo)

Paul Alexander lebte 72 Jahre mit der "Alten Dame", wie er das Gerät laut dem "Süddeutsche Zeitung Magazin" nannte. Im Jahr 1952, als er sechs Jahre alt war, hatte sich Alexander mit Polio infiziert. Die Krankheit, die auch als Kinderlähmung bekannt ist, greift das Nervensystem an und kann zu Lähmungen führen, bis die Atemmuskulatur versagt und der Erkrankte erstickt. Alexander hatte Glück im Unglück – er kam rechtzeitig ins Krankenhaus und wurde in eine Eiserne Lunge gelegt. Er überlebte, konnte aber seitdem nur mithilfe des Geräts atmen. Bis vor wenigen Jahren konnte Alexander die Unterdruckkammer stundenlang verlassen, zuletzt fehlte ihm dazu die Kraft, berichtete das SZ-Magazin.

Alexanders Arme und Beine waren gelähmt, aber er konnte den Kopf drehen und durch einen Spiegel sein Zimmer betrachten. Trotz allem hatte der Mann studiert und als Anwalt gearbeitet. 2020 erschien seine Autobiografie. Seine Partnerin Kathy Gaines, die mehr als 30 Jahre an seiner Seite war, starb erst vor Kurzem. Im Gespräch mit dem "SZ-Magazin" bezeichnete sich Alexander im Januar als "einen glücklichen Mann".

Eiserne Lunge wurde in den frühen 1920er Jahren entwickelt und wird seit 1970 nicht mehr hergestellt. In den vergangenen 20 Jahren mussten Freunde von Alexander Reparaturen erledigen - seit 2004 wird keine Wartung mehr angeboten. Paul Alexander war wohl einer der letzten Menschen auf der Welt, der durch eine Eiserne Lunge am Leben gehalten wurde. Es sind noch zahlreiche weitere Fälle von Menschen dokumentiert, die Jahrzehnte mit einer Eisernen Lunge lebten. Medienberichten zufolge gilt nun Martha Lillard aus dem US-Bundesstaat Oklahoma als eine der letzten oder gar als letzter Mensch, die mit Hilfe des Geräts ihr Leben bestreiten.

Poliomyelitis, kurz Polio, ist bis heute zwar nicht vollständig ausgerottet. Seit den 1950er Jahren sind aber Impfstoffe verfügbar, die Erkrankungszahlen sind seitdem stark rückläufig.

Korrekturhinweis: Alexander war in einer früheren Version der Meldung als (wohl) letzter Menschen bezeichnet worden, der mit einer Eisernen Lunge lebte. Mehreren Medienberichten zufolge lebt die US-Amerikanerin Martha Lillard aber weiterhin mit einer Eisernen Lunge.

Quelle: ntv.de, uzh

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