Wegen mentaler ProblemeSPD-Politiker Michael Roth nimmt sich Auszeit

Als Ukraine-Erklärer ist Michael Roth in Talk-Sendungen präsent, reist sogar mit Kollegen der Ampel-Koalition ins Kriegsgebiet. Umso überraschender kommt die Entscheidung des SPD-Politikers, kürzer treten zu wollen. Offen spricht Roth über psychische Probleme, weshalb er eine Auszeit ankündigt.
Der SPD-Politiker Michael Roth, der zuletzt häufiger Gast in Talkshows zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine war, hat eine Auszeit angekündigt. "Ich werde mich auf Anraten meiner Ärztin eine Zeit lang ganz aus dem Verkehr ziehen", kündigte Roth im "Spiegel" an. Der 51-Jährige plant demzufolge für die Zeit, keine Interviews zu geben, keine Termine wahrzunehmen und nicht erreichbar zu sein. Auch auf seinem Twitter-Account kündigte Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, eine Funkstille bis zum Juli an, um sich zu erholen.
Im Magazin spricht Roth offen von mentaler Erschöpfung, die ihn bereits seit einiger Zeit plage: "Ich hatte das Gefühl, ich hüpfe im Eismeer von Scholle zu Scholle, und sie werden nach und nach kleiner." Bei ihm hätten sich in den vergangenen Monaten "Versagensängste" breit gemacht und "Panik vor dem, was kommt". Das habe Roth, der seit mehr als 20 Jahren im Bundestag sitzt, von sich selbst bis dahin nicht gekannt.
Im Bundestagswahlkampf im vergangenen Jahr hatte er "teilweise Angst, auf Menschen zu treffen, obwohl ich das normalerweise sehr gern mache und gut kann". Termine hätten ihn viel Kraft gekostet. In seinem Wahlkreis fährt er mit über 40 Prozent einen großen Erfolg ein, aber die Probleme hätten angedauert und sich sogar verschärft. Auch an ganz einfachen Dingen des Alltags wie Einkaufen oder Kochen sei er plötzlich gescheitert: "Da war klar: Ich brauche Hilfe." Schon seit Anfang des Jahres befindet sich Roth in ärztlicher Behandlung und inzwischen gehe es ihm besser. Im Juni ist er vier Wochen lang krankgeschrieben.
Roth sitzt seit 1998 im Bundestag und gilt als Experte für Außenpolitik. Von 2013 bis 2021 war der 51-Jährige Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt. Bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr trat er als Spitzenkandidat für die hessische SPD an.