Panorama

Nach zweiter Zwangspause Schlachtung bei Tönnies läuft wieder an

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Nur einen Tag nach der vierwöchigen Zwangspause muss der Schlachtbetrieb bei Tönnies erneut kurz unterbrochen werden. Der Grund: Es müssen Umrüstungen vorgenommen werden. Bundesarbeitsminister Heil kündigt indes einen Gesetzentwurf für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie an.

Tönnies startet im rund vier Wochen lang stillgelegten Fleischwerk in Rheda-Wiedenbrück einen Probelauf für den besonders virusgefährdeten Zerlegebereich. Unter der Aufsicht von Behörden sollen nach technischen und organisatorischen Veränderungen dort probeweise wieder geschlachtete Schweine zerlegt werden - die Schlachtung lief indes nach Beanstandungen bei Kontrollen zunächst nicht wieder an.

In dem Bereich der Zerlegung waren die meisten der insgesamt mehr als 1400 coronainfizierten Mitarbeiter tätig. Mit neuer Filtertechnik, Plexiglas-Trennscheiben und mehr Zuführung von Frischluft will Tönnies in Zukunft die Verteilung von Viren unter den Arbeitern über die Umluft-Anlage verhindern. Am Donnerstagabend hatten die Behörden den Betriebsstopp für diesen Teilbereich aufgehoben. "Wir sind durchaus verwundert darüber, dass Abläufe und Prozesse, die seit über 20 Jahren genehmigt sind und seitdem jährlich mehrfach amtlich kontrolliert wurden, nunmehr bemängelt werden", teilte ein Sprecher des Unternehmens mit.

Bei der Schlachtung gab es am Freitagmorgen eine erneute Zwangspause: Am Donnerstag hatte es Kontrollen der Bezirksregierung gegeben - und weitere Auflagen: Ein Konzernsprecher sagte RTL/ntv, man habe an Arbeitspositionen zusätzliche Umrüstungen vornehmen müssen. Dies sei in der Nacht geschehen. Ein Sachverständiger muss die Umrüstungen noch abnehmen. Nach einigen Stunden Zwangspause und der Freigabe durch die Bezirksregierung wurde die Schlachtung am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück wieder aufgenommen, teilte ein Tönnies-Sprecher mit.

Das neue Hygienekonzept von Tönnies sei zwei Wochen lang von verschiedenen Behörden geprüft worden, hatte der Gütersloher CDU-Landrat Sven-Georg Adenauer in einem Interview des Nachrichtensenders "Welt" am Donnerstag gesagt. Es halte vielen Dingen stand, die wichtig waren, insbesondere das Thema Belüftung. "Ganz wichtig ist, dass durch die jetzt aufgestellten Filter es möglich ist, im gesamten Zerlegebereich, in dem sich das Virus ja auch ausgetobt hat, innerhalb von einer Stunde die Luft dreimal komplett auszutauschen", erläuterte der Landrat. Der Probelauf im Zerlegebereich solle zeigen, ob die Dinge im Echtbetrieb so laufen, wie man sich das vorgestellt hat. "Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis", erklärte Adenauer.

Landrat fordert permanente Kontrolle

Der Landrat betonte, dass es neben der Lüftung auch um einfache Dinge gehe - etwa, dass die Menschen tatsächlich ihre Masken aufbehalten, dass der Abstand eingehalten wird. "Da gibt es also richtige Aufpasser, sag ich mal, die dafür gerade stehen müssen. Wir sind aber auch als Behörden vor Ort." Adenauer hält nach der schrittweisen Wiederinbetriebnahme des Hauptwerkes von Tönnies permanente Kontrollen für angebracht. "Möglicherweise auch - das war mal eine Idee, die mir gekommen ist, ich weiß aber nicht, ob die umsetzbar ist - mit 'ner Videoüberwachung", sagte er weiter. "Wir wollen eben, dass die Menschen, die dort arbeiten, dass die keiner Gefahr ausgesetzt sind." Es gehe auch weiter um den Schutz der Bevölkerung.

In Deutschlands größtem Fleischwerk wurde am Donnerstag nach der rund vierwöchigen Zwangspause erstmals wieder geschlachtet. Dafür wurden laut Firma rund 8000 Schweine angeliefert. Der nordrhein-westfälische Landtag berät im Laufe des Tages über die Folgen des "Schweine-Staus", der nach coronabedingten Schließungen von Schlachthöfen in Mastbetrieben entstanden ist. Nordrhein-Westfalens CDU-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser sagte, sie gehe davon aus, dass der "Schweine-Stau" nach dem Neustart bei Tönnies zügig abzuarbeiten sei. Das Tierwohl sehe sie derzeit nicht gefährdet.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will indes noch in diesem Monat einen Gesetzentwurf für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie vorlegen. Im Kern werde es Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche nicht mehr geben, sagte der SPD-Politiker in der ntv-Sendung "Frühstart". Beim Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten von Fleisch werde es um Festanstellungen gehen und um anständige Löhne. Heil nannte zudem die Überwachung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz und in Unterkünften, eine digitale Arbeitszeiterfassung und schärfere Kontrollen der Länderbehörden. "Wir werden gezielt in der Branche aufräumen", kündigte der Minister an. Ende des Monats solle das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschließen. Auf freiwillige Ankündigungen der Fleischbranche werde man nicht mehr setzen, betonte Heil.

Quelle: ntv.de, agr/dpa

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