Gegen Forderung der Nachbarn Schweiz lässt Skigebiete über Feiertage offen
03.12.2020, 17:45 Uhr
Trotz des Drucks der Nachbarländer bleibt die Schweiz stur: Sie wird die Skigebiete über Weihnachten geöffnet lassen. Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich dagegen wollen einen Winter-Tourismus unter allen Umständen vermeiden. Bayerns Bergregionen befürchten einen massiven Ansturm.
Die Schweiz widersetzt sich der Forderung aus Nachbarländern, Skigebiete über die Weihnachtsfeiertage zu schließen. Man reagiere nicht auf den Druck anderer Länder, sagte Innenminister Alain Berset. Bern stehe in ständigem Kontakt mit den Nachbarn. Berset räumte aber auch ein, dass der Kurs des Landes zu einem Rufschaden führen könnte. Um die Ausbreitung des Virus einzuschränken, haben Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich den Winter-Tourismus untersagt oder massiv eingeschränkt.
Die Regierung in Wien hatte angekündigt, für alle Einreisenden aus Risikogebieten vom 7. Dezember bis zum 10. Januar eine zehntägige Quarantänepflicht zu verhängen. Ziel sei es, den Tourismus weitgehend einzudämmen. Schwellenwert seien mehr als 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen 14 Tagen. Das gelte praktisch für alle Nachbarstaaten Österreichs, sagte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. Für Österreicher sieht es besser aus: Einheimische dürfen die Pisten ab dem 24. Dezember wieder nutzen.
Kein zweites Ischgl
Deutschland, Italien und Frankreich hatten zuvor vergeblich gefordert, dass die Skigebiete europaweit bis Mitte Januar geschlossen bleiben müssten. Zunächst hatten Österreich und die Schweiz das rundheraus abgelehnt. Mit der Wiener Quarantäne-Anordnung für Touristen kommt jetzt doch Bewegung in den Streit. Vielen ist noch der Tiroler Skiort Ischgl als Corona-Hotspot in Erinnerung. Tausende Urlauber steckten sich dort zu Beginn der Pandemie an und verbreiteten das Virus dann auf der ganzen Welt. Vor allem die überfüllten Après-Ski-Bars galten als idealer Nährboden für die Verbreitung des Virus.
Frankreich will die Skigebiete an sich über die Weihnachtsferien offen lassen, Skilifte sollen aber geschlossen bleiben. Präsident Emmanuel Macron hatte bereits angekündigt, dass es "restriktive und abschreckende Maßnahmen" für Menschen geben werde, die während der Ferien in Skigebiete ins Ausland fahren. Frankreich plant eine siebentägige Quarantäne für Franzosen, die vom Skiurlaub im Ausland zurückkehren.
Italien will die Corona-Beschränkungen für die Zeit von Weihnachten und Silvester mit einem neuen Dekret verschärfen. Alle Skigebiete blieben bis zum 6. Januar geschlossen, teilte Ministerpräsident Giuseppe Conte mit. Zwischen dem 21. Dezember und dem 6. Januar müssen Italiener, die als Touristen im Ausland waren und zurückkehren, und auch ausländische Touristen, die nach Italien einreisen, demnach in Quarantäne. Zur Länge der Quarantäne machte der Anführer der Mitte-Links-Regierung allerdings keine Angaben.
DAV: "Große Herausforderung"
Durch die Einschränkungen für den Skitourismus fürchten deutsche Bergregionen einen gewaltigen Ansturm an Ausflüglern über die Weihnachtsferien. "Es wird ein ganz besonderer Winter", sagte Thomas Bucher vom Deutschen Alpenverein (DAV). "Es wird eine große Herausforderung: Es wird einen großen Druck auf die Natur geben." Der DAV plane deshalb eine Info-Kampagne für eine umsichtige und naturverträgliche Haltung beim Bergsport. Skitouren und Schneeschuhgehen, seit Jahren im Trend, boomen erneut. Touren-Ausrüstungen sind gefragt wie nie. "Bei Tourenski und Bindungen können wir gar nicht so viel produzieren, wie vom Handel bestellt wurde", heißt es beim Skihersteller Völkl. Schneeschuhe seien seit Oktober ausverkauft und würden nachproduziert. Denn es fehlt an Alternativen.
Menschen etwa, die den Weihnachtsurlaub sonst anderweitig verbringen, in südlichen Regionen beim Tauchen etwa, "werden sich überlegen, in die Berge zu gehen", sagte der Sprecher der DAV-Sektion München, Markus Block. Gemeinden in Bayern fürchten den Müll- und Verkehrskollaps. Besucher können nicht einmal in Gaststätten einkehren oder übernachten. Das heißt: Autoschlangen durch die Orte, Brotzeitpapier in der Landschaft, Notdurft hinterm Busch. Für die Einheimischen steht kein müder Euro in Aussicht, denn Hotels und Hütten bleiben geschlossen.
"Die absolute Katastrophe" fürchtet Matthias Stauch, Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn sowie des Verbands Deutscher Seilbahnen. Schon im Frühjahr habe es durch den ungeordneten Andrang Chaos gegeben. "Das wird im Winter nochmal getoppt werden", sagte Stauch.
Quelle: ntv.de, chf/dpa