Verdachtsfall in Hessen Sorge vor Omikron-Variante in Deutschland
27.11.2021, 16:34 Uhr
Reisende stehen am Flughafen in Kapstadt in langen Schlangen an den wenigen Schaltern an, die überhaupt noch offen sind.
(Foto: dpa)
Noch ist die Corona-Variante Omikron nicht in Deutschland bestätigt - doch es gibt einen Verdachtsfall. Bei zwei weiteren Reisenden aus Südafrika fallen Corona-Tests positiv aus. Noch ist unklar, ob es sich um Omikron handelt. Unterdessen bestätigt ein anderes europäisches Land zwei Fälle.
Angesichts einer neuen im südlichen Afrika entdeckten Coronavirus-Variante wächst die Beunruhigung in Deutschland. Hessens Sozialminister Kai Klose hatte zuvor den ersten Omikron-Verdachtsfall bekannt gegeben. Bei einem Reiserückkehrer aus Südafrika wurden demnach mehrere für diese Variante typische Mutationen gefunden. "Es besteht also ein hochgradiger Verdacht, die Person wurde häuslich isoliert", twitterte Klose. Nach Angaben des Ministeriums in Wiesbaden ist mit dem Ergebnis der vollständigen Sequenzierung in den nächsten Tagen zu rechnen. Die vollständig geimpfte Person reiste demnach am 21. November über den Frankfurter Flughafen ein und entwickelte im Laufe der Woche Symptome.
Die zuerst im südlichen Afrika nachgewiesene Omikron-Variante (B.1.1.529) wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Freitag als "besorgniserregend" eingestuft. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC spricht von ernsthaften Sorgen, dass die Variante die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe erheblich verringern und das Risiko von Reinfektionen erhöhen könnte. Welche genauen Auswirkungen die Variante hat, steht aber noch nicht fest.
Mittlerweile ist die Variante auch in Europa nachgewiesen worden: Als zweites Land meldete Großbritannien die ersten Omikron-Fälle. Gesundheitsminister Sajid Javid erklärte, beide Fälle stünden mit Reisen ins südliche Afrika in Verbindung. Als erstes Land in Europa hatte Belgien am Freitag einen bestätigten Infektionsfall mit der neuen Variante gemeldet.
Wegen der Variante stuft die Bundesregierung Südafrika, Namibia, Simbabwe, Botsuana, Mosambik, Eswatini, Malawi und Lesotho ab Sonntag, 0.00 Uhr, als Virusvariantengebiete ein, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Freitagabend mitteilte. Fluggesellschaften dürfen damit im Wesentlichen nur noch deutsche Staatsbürger oder in Deutschland lebende Personen von dort nach Deutschland befördern. Für Einreisende gilt eine zweiwöchige Quarantänepflicht - auch für Geimpfte und Genesene.
Zwei Südafrika-Reisende positiv getestet
Einen Sonderfall stellten Passagiere dar, die am Freitagabend in einer aus dem südafrikanischen Kapstadt in München gelandeten Lufthansa-Maschine nach Deutschland kamen - der letzte planmäßige Flug, der vor Inkrafttreten der neuen Regelungen in München landete. Bayerns Gesundheitsministerium ordnete für die Passagiere strenge Test- und Quarantäne-Bestimmungen an. Zwei Passagiere wurden nach Angaben einer Ministeriumssprecherin positiv auf Corona getestet. Beide seien isoliert. Um welche Variante des Virus es sich dabei handelt, ist bisher unklar.
Die deutsche Lufthansa hält die Flugverbindungen nach Südafrika vorerst aufrecht, wie ein Sprecher auf Anfrage bestätigte. "Der Flugplan wird aufrechterhalten, die Flüge finden statt" - natürlich würden dabei die geltenden Auflagen eingehalten.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, unterstütze die Entscheidung der geschäftsführenden Bundesregierung, den Flugverkehr nach Südafrika zu beschränken. "Gerade mit Blick auf die Berichte über die Virusvariante B.1.1.529 nehmen wir die Situation sehr ernst und beraten uns mit Experten. Derzeit wissen wir wenig über die Variante. Daher ist es richtig, den Flugverkehr nach Südafrika einzuschränken", sagte sie.
Angesichts der Ausbreitung von Omikron rufen Wissenschaftler und Politiker zudem dringend zu Corona-Impfungen auf. "Alle Menschen, die sich impfen lassen, fangen nicht bei Null an, wenn sie einer neuen Variante begegnen", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler bei einer Digitalveranstaltung des Bundesgesundheitsministeriums. Geimpfte hätten schon einen "gewissen Impfschutz" gegenüber neuen Corona-Varianten, auch wenn der Grad der Wirksamkeit der Impfstoffe gegenüber Omikron derzeit noch nicht klar sei. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rief bei der Veranstaltung eindringlich zur Impfung auf.
Offenbar schnell steigende Viruslast
Zwei bestätigte Omikron-Fälle in Hongkong weisen offenbar eine sehr schnell steigende Viruslast auf. Die PCR-Tests der zwei Männer, die wenige Tage zuvor noch negativ ausfielen, enthielten einen Ct-Wert von 18 und 19. "Das ist wahnsinnig hoch, insbesondere wenn man bedenkt, dass die zwei bei den letzten PCR-Tests noch negativ waren", schreibt der Epidemiologe Eric Feigl-Ding. Es sehe so aus, als ob die Variante dem Impfschutz tatsächlich entgehen könnte, so Feigl-Ding weiter.
Der Entwickler des Astrazeneca-Impfstoffs indes geht nicht von einem dramatischen Neuanfang der Pandemie durch Omikron aus. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es in einer geimpften Bevölkerung einen Neustart der Pandemie wie im letzten Jahr geben wird", sagte der Immunologe Andrew Pollard von der Universität Oxford der BBC. Man müsse einige Wochen warten, um sichere Ergebnisse zu haben, es gebe jedoch Anlass zur Hoffnung, dass die Impfstoffe gegen schwere Erkrankungen weiterhin wirken würden.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, warnte unterdessen vor der Entstehung noch gefährlicherer Varianten des Coronavirus. "Meine große Sorge ist, dass es zu einer Variante kommen könnte, die so infektiös ist wie Delta und so gefährlich wie Ebola", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die neue Variante B.1.1.529 sei ein gutes Beispiel dafür, dass man dem Virus keine Chance zur Mutation geben dürfe. Um weitere Varianten zu verhindern, werde es nötig sein, die Welt noch jahrelang zu impfen, sagte Montgomery.
Quelle: ntv.de, kst/dpa/AFP