Gerücht oder Wahrheit? Suche nach versteckten Gefangenen im Saidnaja-Gefängnis
09.12.2024, 15:42 Uhr Artikel anhören
Auf Satellitenaufnahmen von 2017 ist zu sehen, wie der Gefängniskomplex immer größer wurde und ein eigenes Krematorium bekam.
(Foto: REUTERS)
Viele seiner Gegner hielt das Assad-Regime im berüchtigten Militärgefängnis Saidnaja gefangen. Tausende Menschen starben dort. Mit dem Fall des Regimes kommen viele Gefangene frei, doch es gibt Gerüchte, dass noch viele in unterirdischen Zellen festsitzen und dort sterben könnten.
Im berüchtigten Saidnaja-Militärgefängnis von Damaskus hat ein Wettlauf gegen die Zeit begonnen, nachdem Berichte aufgetaucht sind, wonach dort noch Insassen in unterirdischen Zellen festsitzen. Am Sonntagvormittag posteten die syrischen Weißhelme eine Mitteilung, dass die Organisation fünf spezialisierte Notfallteams in das Gefängnis entsandt habe, "um versteckte unterirdische Zellen zu untersuchen, in denen nach Angaben von Überlebenden Gefangene festgehalten werden".
Die Teams bestünden aus Such- und Rettungsteams, Spezialisten für das Durchbrechen von Wänden, Teams zum Öffnen von Eisentüren, ausgebildeten Hundeeinheiten und medizinischen Helfern. "Diese Teams sind gut ausgebildet und ausgerüstet, um solch komplexe Operationen zu bewältigen", heißt es in der Mitteilung. Sie würden von ortskundigen Führern begleitet, die mit der Anlage des Gefängnisses vertraut seien. Später teilten die Weißhelme mit, man habe bisher "keine der Geheimtüren gefunden, von denen die Rede ist", werde aber die Suche fortsetzen.
Dem britischen "Guardian" zufolge gibt es Gerüchte in Damaskus, dass 1500 Menschen unter der Erde gefangen seien, in einem unterirdischen Komplex, der sich über fünf Stockwerke erstrecken soll. Die Weißhelme warnten die Bevölkerung jedoch davor, sich zu große Hoffnungen zu machen, da Gerüchte und Fehlinformationen im Umlauf seien.
"Schlachthaus für Menschen"
Die ZDF-Korrespondentin in Kairo, Golineh Atai, berichtete am Morgen, in Saidnaja werde versucht, die Türen zu den Zellen Tausender Gefangenen aufzubekommen, "die in Kellern vegetieren". Die Bewacher der Zellen seien die Einzigen gewesen, die die elektronischen Codes dafür gehabt hätten. Die Belüftung des Kellers sei ausgefallen, die Menschen darin drohten, zu ersticken.
Augenzeugen zufolge warteten noch Angehörige von Häftlingen und Vermissten vor Haftanstalten im ganzen Land, in der Hoffnung, dort ihre Verwandten zu finden. Das Saidnaja-Militärgefängnis nördlich von Damaskus ist als "Schlachthaus für Menschen" bekannt. In den engen Zellen waren laut Menschenrechtsgruppen jeweils mehr als ein Dutzend Menschen zusammengepfercht, berichtete der "Guardian". Menschenrechtsorganisationen zufolge wurden dort Tausende Menschen gefoltert, sexuell missbraucht und hingerichtet. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und anderen Gruppen habe es dort jede Woche Dutzende heimliche Hinrichtungen gegeben.
Seit Beginn des Bürgerkriegs sollen dort mehr als 30.000 Menschen ums Leben gekommen sein. 2017 warf die US-Regierung dem Assad-Regime nach der Auswertung von Satellitenaufnahmen vor, dort ein eigenes Krematorium eingerichtet zu haben, um die vielen Leichen beseitigen zu können.
Quelle: ntv.de, sba