Panorama

Keine Fetisch-Party in Berlin? Szene fühlt sich von Polizei diskriminiert

Polizeieinsatz am Samstagabend vor der "Alten Münze".

Polizeieinsatz am Samstagabend vor der "Alten Münze".

(Foto: picture alliance/dpa)

Am Wochenende löst die Polizei in Berlin verschiedene Veranstaltungen wegen nicht eingehaltener Corona-Regeln auf. Aufmerksamkeit gibt es aber nur für eine: das Treffen Hunderter vermeintlicher Fetisch-Anhänger. Doch die beteiligte Szene wehrt sich.

Der Twitter-Kanal der Berliner Polizei hatte die Lacher mal wieder auf seiner Seite, genauso auch Aufreger: An einem Wochenende im Zeichen steil ansteigender Corona-Neuansteckungen lösten Beamte im Bezirk Mitte am Samstagabend eine Veranstaltung mit rund 600 Gästen auf. Die Polizei schrieb von einer "Fetisch-Party", die "vermutlich unbefriedigend" zu Ende gegangen sei. Die verpixelten Bilder, die die Polizei dazu veröffentlichte, scheinen Menschen in Erotikkleidung zu zeigen. Genau zu erkennen ist das nicht, aber der "Fetisch"-Verweis regt die Fantasie an, wo die Handykamera im Dunkeln versagt.

Mehr als 2000 Nutzern gefiel der Beitrag, mehr als 600 verbreiteten ihn weiter. Viele Medien griffen das Thema dankbar auf: "Berlin", "Regelverstoß" und "Sexparty" sind schließlich Begriffe aus ein und derselben Schublade. Doch Veranstalter und Gastgeber wehren sich gegen die Darstellung auf Twitter sowie in der zugehörigen Pressemitteilung. Darin hieß es, nach Beendigung der Veranstaltung durch das Ordnungsamt seien 13 Menschen wegen nicht getragener Mund-Nasen-Masken festgehalten und die Veranstalterin angezeigt worden.

Vorwurf: "Gezielte Halbwahrheiten"

Die Verantwortlichen des Veranstaltungsorts "Alte Münze" erklären auf ihrer Website: "Wir bedauern, dass skandalisierende Sprachbilder genutzt werden, um Empörung zu erregen". Die Veranstaltung sei ein Treffen von Menschen gewesen, die mit den üblichen Geschlechteridentitäten und Sexualrollen wenig anfangen können. Dieses Beisammensein aber habe "mit dem körperlichen Charakter einer Fetischparty keine Parallelen".

Weiter heißt es, die Polizei wolle "gezielt mit Halbwahrheiten" erlaubtes Verhalten in eine kriminelle Ecke stellen. So hätte das Treffen im Freien stattgefunden und es seien umfangreiche Hygienemaßnahmen getroffen worden, die auch in der Erklärung aufgelistet werden.

"Ekelhaft und pervers"

Die Veranstalter der Reihe namens Pornceptual weisen die Polizei-Darstellung ebenfalls scharf zurück: "Wir waren Gastgeber einer legalen Open-Air-Veranstaltung mit strengen Regeln, hatten es aber immer noch mit einer extrem konservativen Institution zu tun, (…) die uns als 'ekelhaft und pervers' empfindet, wie ein Mitglied ihres Teams sagte", heißt es in einer Erklärung. "Unsere Gäste wurden als Freaks und Gesetzlose behandelt und von der Polizei gedemütigt."

Die Berliner Polizei reagierte bislang nicht auf die Vorwürfe. Die Veranstalter sehen sich klar diskriminiert: "Während viele andere legale Open-Airs in Berlin gestern geschlossen wurden, schafft es nur die 'Fetischparty' in die Medien und erweckt den Eindruck, Teil der Fetischszene zu sein, sei beschämend." Der Veranstalter wolle weiter "gegen diese Art von moralischer Beurteilung" kämpfen.

Mit Hunderten Einsatzkräften kontrollierte die Berliner Polizei am Samstag, ob sich die Menschen an die Corona-Regeln halten. Rund 1000 Polizisten waren im Laufe des Tages im Einsatz, die Hälfte von der Bundespolizei. In der Vergangenheit schon gab es immer wieder Debatten über die Social-Media-Aktivitäten der Polizei. Diese gewinnt so oft Deutungshoheit über Vorgänge, die weder ausermittelt noch gerichtsfest sind.

Quelle: ntv.de, shu

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