Gewalttat auf Sylt Vater schüttelt Baby tot - neun Jahre Haft
03.02.2023, 15:38 Uhr
Der 52-jährige Pole muss wegen Totschlags in Haft.
(Foto: picture alliance/dpa)
Ein vier Monate alter Säugling überlebt den Nachmittag mit seinem Vater auf Sylt nicht. Mit grober Gewalt schüttelt der 52-Jährige seinen Sohn - Minuten später ist dieser tot. Angeblich habe er dem Baby nur helfen wollen, behauptet der Angeklagte. Die Richter glauben ihm dies jedoch nicht.
Mehr als sechs Jahre nach dem Tod eines drei Monate alten Babys auf Sylt ist dessen heute 52-jähriger Vater wegen Totschlags zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Er habe den vier Monate alten Säugling im September 2016 in Westerland auf Sylt mit massivster Gewalteinwirkung unter sehr erheblicher Kraftentfaltung geschüttelt, sodass der Junge ein Schütteltrauma erlitt und sehr wahrscheinlich nur wenige Minuten nach der Tat starb, sagte der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte wurde des Totschlags schuldig gesprochen.
Der angeklagte Pole, der auf Sylt lebte, habe vom 4. bis 6. September 2016 jeweils tagsüber auf seinen Sohn aufgepasst, weil dessen Mutter arbeiten musste, sagte der Vorsitzende Richter. Das Paar sei zu dem Zeitpunkt getrennt gewesen. Eine andere Betreuungsmöglichkeit habe die Mutter nicht gehabt, und der Mann habe angeboten, auf seinen Sohn aufzupassen. Nach der Tat verständigte der Vater über seinen damaligen Chef noch den Rettungsdienst, das Baby war aber schon tot.
Verteidiger plädiert auf Freispruch
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von neun Jahren wegen Totschlags gefordert. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch: Der Tatnachweis sei nicht geführt. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe im Prozess und führte unter anderem aus, der Säugling habe sich an Milch verschluckt, und er habe ihn retten wollen. Dem Gerichtssprecher zufolge hielt das Gericht dies unter Verweis auf rechtsmedizinische Einschätzungen für widerlegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Sechs Monate der Haftstrafe erließ das Gericht als Ausgleich für eine zu lange Verfahrensdauer. Sie gelten als bereits verbüßt. Der Mann wurde schon 2017 angeklagt, der Prozess verzögerte sich aber, weil es sich zunächst lange nicht um eine Haftsache handelte. Der Beschuldigte, der sich wieder in Polen aufhielt, befand sich mangels Haftgründen auf freiem Fuß. Das änderte sich erst im Sommer vergangenen Jahres, weil offizielle Ladungen des Gerichts den Angeklagten an seiner Anschrift in dem Nachbarland nicht mehr erreichten. Das Gericht ging von Fluchtgefahr aus und ließ ihn in Untersuchungshaft nehmen. Anschließend wurde er an Deutschland überstellt.
Quelle: ntv.de, spl/AFP/dpa