Panorama

Mehr schwere KrankheitsverläufeVerdopplung der Corona-Intensivfälle erwartet

04.11.2020, 19:43 Uhr
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Seit dem Herbst stecken sich mehr ältere Menschen mit dem Coronavirus an, auch die Zahl der Corona-Intensivpatienten steigt. (Foto: dpa)

Innerhalb der vergangenen zwei Wochen verdreifacht sich beinahe die Zahl der Corona-Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden. Ein Experte rechnet damit, dass sich die Lage innerhalb der nächsten zehn Tage weiter zuspitzt. Gleichzeitig geben RKI-Daten Anlass zur Hoffnung.

Intensivmediziner gehen davon aus, dass sich die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen in spätestens zehn Tagen von heute an erneut verdoppelt haben wird. Der Vorsitzende der Deutschen interdisziplinären Vereinigung der Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Uwe Janssens appelliert an Politiker aus Bund und Ländern, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Krankenhäuser den Regelbetrieb einstellen können. "Aus dem Regelbetrieb heraus - damit wird Fachpflegepersonal aus der Anästhesie freigesetzt", so Janssens im Interview mit ntv. "Dieses Anästhesiefachpflegepersonal ist doch genau die Lösung. Die haben die gleiche Ausbildung wie Intensivschwestern und können uns dann auch helfen."

Zurzeit lägen deutschlandweit deutlich mehr Covid-19-Patienten auf den Normalstationen als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in der Pandemie. Ein Drittel von ihnen würde in der Folge intensivpflichtig. "Parallel dazu behandeln wir aber auch andere schwerkranke Patienten auf Intensivstationen. Das setzt uns aber zusätzlich unter Druck", sagte Janssens. "Das dürfen wir nie vergessen, dass wir auch die Patienten haben, die nicht Covid-19 haben und die auch das gleiche Recht haben auf ein Intensivbett, auf eine regelhafte und gute Versorgung und auch auf operative Eingriffe, die notwendig sind."

Bereits zugenommen hat in Deutschland die Zahl der Patienten mit einem schweren Covid-19-Verlauf. Zudem erhöhte sich die Zahl der Todesopfer innerhalb eines Tages deutlich um 151 auf nun insgesamt 10.812, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Vormittag mitteilte. Das ist nach RKI-Angaben der höchste Anstieg binnen 24 Stunden seit dem 6. Mai. Auch in Intensivstationen der Krankenhäuser werden - wie befürchtet - zusehends mehr Corona-Patienten behandelt.

Seit Anfang September steigt der Anteil älterer Menschen unter den Covid-19-Fällen laut RKI wieder. Das sei "besorgniserregend, da diese Personen schwerer an Covid-19 erkranken, ein höheres Sterberisiko haben und häufiger eine intensivmedizinische Therapie benötigen". Die Zahl intensivmedizinisch behandelter Covid-19-Fälle hat sich demnach in den vergangenen zwei Wochen von 879 Patienten (20.10.) auf 2546 Patienten (Stand: 4.11.) fast verdreifacht. Aktuell sind im entsprechenden Register bundesweit etwa 7068 noch belegbare Intensivbetten frei.

R-Werte sinken - beginnt der erhoffte Brems-Effekt?

Zuletzt stieg die Zahl der Neuinfektionen binnen eines Tages laut RKI um 17.214. Auf einen zumindest leicht gebremsten Anstieg könnten erste Anzeichen hindeuten. Die Reproduktionszahl (R-Wert) lag laut RKI-Lagebericht vom Dienstagabend bei 0,94 (Vortag: 1,07). Das heißt, dass ein Infizierter im Mittel knapp einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.

Zudem gibt das RKI ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Es bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert am Dienstag bei 0,98 (Vortag: 1,04). Er zeigt das Geschehen von vor 8 bis 16 Tagen. Ob das leichte Sinken der R-Werte ein stabiler Trend oder eine Schwankung sei, könne man noch nicht sagen, hatte RKI-Vizepräsident Lars Schaade gesagt. Um in eine wieder kontrollierbare Lage zu kommen, müsse die Reproduktionszahl weiter sinken und eine längere Zeit deutlich unter 1 liegen, bei 0,7 oder noch niedriger.

Daten des Corona-Monitors des Bundesinstituts für Risikobewertung hatten gezeigt, dass sich die Befragten schon in der vergangenen Woche vorsichtiger als zwei Wochen zuvor verhielten. Bis sich Effekte des Teil-Lockdowns zeigen, dauert es wegen der Zeit von Ansteckung zu Symptomen, Test und Erfassung nach RKI-Angaben zwei bis drei Wochen.

Quelle: ntv.de, hul/dpa

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