Panorama

Prozess in Südafrika Vermisster Deutscher - Verdächtige verteidigen sich wortgleich

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Die Geschehnisse rund um das Verschwinden von Nick F. sind nur ein Teil der Vorwürfe, die gegen die Angeklagten erhoben werden.

Die Geschehnisse rund um das Verschwinden von Nick F. sind nur ein Teil der Vorwürfe, die gegen die Angeklagten erhoben werden.

(Foto: Nicole Macheroux-Denault)

Anfang Februar reist ein Brandenburger nach Südafrika, am 15. Februar verliert sich die Spur von Nick F. Seitdem fehlt jedes Lebenszeichen von ihm. Vermutlich wurde er Opfer eines Raubmordes, die Verdächtigen sitzen bereits in U-Haft. Doch die Ermittlungen gestalten sich zäh.

"Das funktioniert heute aber gar nicht", sagt Richter Gulam Bower und schüttelt frustriert den Kopf. Der Saal 4 im Wynberg Magistrate Court im südafrikanischen Kapstadt ist proppenvoll. Staatsanwälte, Verteidiger, Richter und Zuschauer blicken gebannt auf die beiden Monitore, die an einer Wand des Gerichtssaals angebracht sind. Immer wieder bricht die Videoleitung zu den fünf Angeklagten im zehn Kilometer entfernten Gefängnis Pollsmoore ab.

Ihnen werden zahlreiche Gewaltverbrechen vorgeworfen. Unter anderem schwerer Raub an dem deutschen Touristen Nick F. Den Überfall am 15. Februar auf den 22-jährigen Brandenburger haben sie gestanden. Doch sie behaupten weiterhin, man habe ihn danach laufen lassen. Seitdem fehlt von F. jedoch jede Spur. Er war an jenem Mittwoch vor elf Wochen im Kapstädter Kabonkelberg Nationalpark wandern gegangen. Dort traf er auf die Angeklagten. Suchaktionen mit Hubschraubern, Hunden, Polizisten und Anwohnern blieben ohne Ergebnis und wurden schließlich eingestellt. Am vergangenen Wochenende startete die Polizei einen erneuten Versuch. Diesmal waren auch Taucher dabei. Doch Nick F. wurde nicht gefunden.

So holprig wie der Aufbau der Videoschalte, so zäh gestalten sich auch die Ermittlungen der südafrikanischen Polizei in dem Fall. Vieles läuft nicht rund. Auch heute wurde die Verhandlung wieder vertagt. "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen", sagt der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Die Polizei brauche mehr Zeit. Zwei der Angeklagten sind "Heavyweights". Bekannte Kriminelle, denen unabhängig vom Fall F. auch Raub, Mord, Körperverletzung und Brandstiftung vorgeworfen wird.

"Das ist alles nicht gut"

Im Fall des Cottbusers legte die Staatsanwaltschaft heute nicht einmal die Fallakte vor. Der ermittelnde Beamte brachte sie einfach nicht mit nach Wynberg. Ein Staatsanwalt sagte ntv.de heute auf Nachfrage, derartiges komme in südafrikanischen Gerichten leider routinemäßig vor. Achselzucken und ein entschuldigendes Lächeln, mehr konnte der Staatsdiener als Erklärung nicht anbieten.

Im Juni gibt es den nächsten Gerichtstermin.

Im Juni gibt es den nächsten Gerichtstermin.

(Foto: Nicole Macheroux-Denault)

Informationen über den Fortschritt der DNA-Analyse des Messers, der potenziellen Tatwaffe, mit der Nick F. möglicherweise erstochen worden sein könnte, liegen der Staatsanwaltschaft noch nicht vor. Angekündigte Gegenüberstellungen haben bisher nicht stattgefunden "Oje, oje. Das ist alles nicht gut", murmelt Richter Gulam. Er dreht sich zu den fünf Angeklagten, die nun endlich nebeneinander auf dem Bildschirm zu sehen sind. Igshaan Fisher, Vanroy Petersen, Carlo Guenantin, sein Onkel Melvin Guenantin und der erst 18-jährige Jason Adonis stehen eng nebeneinander an einem Holzpult. Der kleine Raum sieht aus wie eine spärlich eingerichtete Rezeption. "Sie bleiben in Untersuchungshaft", sagt der Richter. "Am 22. Juni werden sie wieder zugeschaltet."

Auf der Zuschauerbank des Gerichtssaals sitzen Angehörige der Angeklagten. Auch Jason Adonis Vater Randal. Gebannt schaut er auf den Monitor und verfolgt, wie sein Sohn mit den anderen Angeklagten den kleinen Übertragungsraum im Pollsmoore-Gefängnis verlässt. "Ich stehe 150 Prozent hinter ihm", sagt Randal Adonis. Der 50-jährige Schreiner ist besorgt. "Er hat keine Vorstrafen. Er ist da in etwas hineingeschlittert. Er hat die Schule hingeschmissen, ist gerade mal 18."

Tatversionen im Wortlaut identisch

Randal Adonis glaubt an die Unschuld seines Sohnes.

Randal Adonis glaubt an die Unschuld seines Sohnes.

(Foto: Nicole Macheroux-Denault)

Bei seinem Besuch in Pollsmoore habe Jason seinem Vater Details über den Überfall auf Nick F. erzählt. Am Morgen des 15. Februar hätten die Mitangeklagten Carlo Guenantin und Vanroy Petersen einen Lastwagenfahrer überfallen. Die Polizei suchte nach ihnen. Carlos Mutter bat die drei anderen Angeklagten angeblich, nach ihrem Sohn zu suchen und - davon ist auszugehen - ihn vor der Polizei zu warnen. Carlos Onkel, Melvin und seine Freunde Igshaan Fischer sowie Jason Adonis fanden die beiden Räuber an einer ihnen bekannten Stelle in dem Nationalpark. Sie waren angeblich gerade dabei, Nick F. auszurauben. Igshaan Fischer soll den beiden Räubern zur Hilfe geeilt sein. "Mein Sohn sagt, Nick F. habe sehr große Angst gehabt. Die anderen haben ihm beim ersten Mal alles abgenommen", so Randal Adonis. Dann hätten sie den jungen Deutschen laufen lassen. "Doch sie merkten, dass Nicks Handy mit einer Geheimnummer versehen sei", so der Vater. Carlo hätte sich Nick nochmals geholt. Der junge Deutsche habe ihm die PIN verraten und sei dann schnell nach rechts weggerannt. Lebend.

Diese Version des Tathergangs präsentiert jeder der fünf Angeklagten auf das Wort genau gleich. Ermittler, mit denen ntv.de gesprochen hat, sind skeptisch. Sie glauben, die mutmaßlichen Täter haben sich abgesprochen. Die Angeklagten wurden im Gefängnis absichtlich in unterschiedlichen Bereichen untergebracht, um derartige Absprachen zu verhindern. "Mein Sohn hat Angst vor Vanroy und Carlo. Man merkt es deutlich. Sie haben ihm irgendwie gedroht", sagt Randal Adonis. "Das letzte Mal als er Nick sah, lebte er." Jason behauptet, er sei zurück nach Hause gegangen. "Ob die anderen Nick später getötet haben, weiß er nicht", sagt Jasons Vater. Aber wahrscheinlich sei das so, fügt er hinzu. Carlo Guenantin ist in einem anderen Fall des Mordes angeklagt. Je mehr Details bekannt werden, desto deutlicher wird: Nick F. ist ohne jede Vorahnung knallharten Kriminellen buchstäblich in die Arme gelaufen.

"Es bricht mir das Herz", sagt Randal Adonis bevor er das Gericht verlässt. "Meine Familie, meine anderen Kinder, meine Mutter, wir nehmen es alle schwer. Ich möchte der Familie sagen: Bitte, es tut uns so leid, was sie ertragen müssen. Bitte akzeptieren Sie unser Mitgefühl. Ich weiß, mein Sohn hat ihrem nichts angetan."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen