In Südafrika verschwunden Wurde Nick F. Opfer eines Gewaltverbrechens?
28.02.2023, 15:00 Uhr
Nick F. kehrte von einer Wanderung im Tafelberg-Nationalpark nicht zurück.
(Foto: South African Police Service)
Der Brandenburger Nick F. genießt seinen Urlaub in Südafrika - bis er von einer Wanderung nicht mehr zurückkehrt. Seit nunmehr zwei Wochen suchen die Ermittler nach dem 22-Jährigen. Schließlich taucht seine Kreditkarte auf - und ein Verdächtiger macht ein erschreckendes Geständnis.
Am Morgen des 15. Februar bricht Nick F. in der südafrikanischen Metropole Kapstadt zu einer Wanderung auf. Der 22-Jährige ist auf dem Weg zum Karbonkelberg - eine Überwachungskamera fängt den jungen Mann auf einer Straße ein, die zu diesem Wanderweg im Tafelberg-Nationalpark führt. Dass es tagelang die letzte Spur des Brandenburgers sein wird, weiß zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Denn Nick F. ist von seiner Wanderung - bis heute - nicht zurückgekommen. Seit nunmehr zwei Wochen suchen die südafrikanischen Behörden nach ihm.
Die Küstenwache vermutete noch am Tag des Verschwindens, dass F. auf dem Hangberg Trail zwischen dem Kapstädter Vorort Hout Bay und Sandy Bay verschwunden sei und setzte die Bergwacht ein. Wetterbedingt erschwert, verläuft die Suche tagelang erfolglos. So bittet die Polizei auch die Öffentlichkeit um Mithilfe: Wer Nick - dünne Statur, 1,75 Meter groß, beiges T-Shirt, Rucksack - gesehen habe, möge sich umgehend melden. Zu diesem Zeitpunkt war die Hoffnung groß, dass andere Wanderer den jungen Brandenburger gesehen haben könnten. Denn zunächst sah es laut den Ermittlern so aus, als wäre F. "in die Berge gegangen und hätte sich vielleicht verlaufen". Eine Entführung, so sagten sie im Gespräch mit dem "Stern", sei eher unwahrscheinlich, "weil es zu keiner Kontaktaufnahme mit den Angehörigen kam". Sie macht jedoch auch klar: Die Ermittlungen gehen in alle Richtungen weiter.
Auch die besorgte Familie von Nick F. bleibt nicht untätig: Von Deutschland aus organisiert sie sofort nach seinem Verschwinden eine Suchaktion in den sozialen Medien. Vor allem F.s Bruder und seine Mutter machen ihre Verzweiflung in verschiedenen Posts deutlich: "Wir wissen nicht mehr weiter und denken, dass er sich in einer hilflosen Lage befindet", schreibt der Bruder Tom F. auf Facebook. Die Hoffnung gibt er trotzdem nicht auf. Als Sanitäter bei einer Hundestaffel weiß er, dass es zwar selten sei, Menschen lebend zu retten, wie er im Gespräch mit RTL sagt. "Aber es passiert." Seine Mutter setzt dabei auf die Unterstützung der Anwohner vor Ort. "Vielleicht ist er nicht erkennbar wegen seiner Verletzungen, schaut bitte überall ganz genau", schreibt sie und fügt hinzu: "Haltet bitte Augen und Ohren offen, redet so viel wie möglich mit jedem."
Alleine in berüchtigtem Stadtteil
Von Anfang an hält die Familie ein freiwilliges Verschwinden für ausgeschlossen. "Für Nick gab es keinen Grund zu verschwinden", erklärt Tom F. RTL. Sein Bruder, der am 6. Februar in Südafrika ankam, habe gerade sein Studium abgeschlossen und Urlaub machen wollen. Außerdem habe sein Bruder die Familie in Deutschland stets über seine Pläne informiert. Tatsächlich schickte der Reisende seiner Familie noch einen Tag vor seinem Verschwinden ein Selfie aus einem Einkaufscenter in Kapstadt. Das Foto gehört zu den letzten Fakten, mit denen sich die Zeit vor dem Verschwinden des jungen Mannes rekonstruieren lässt.
Ebenso sicher ist, dass sich der junge Mann mit einem Uber vom südlichen Vorort Hout Bay in den Kapstadter Stadtteil Hangberg bringen ließ. Bei einem Surfkurs, zu dem er einen Tag später angemeldet war, tauchte er nie auf. Die Kleidung von Nick F. sowie viele seiner Wertgegenstände befinden sich noch immer in seinem Gästehaus in Pinelands. Schließlich ist noch ein beunruhigendes Detail über die Wanderung des jungen Mannes bekannt: Nick F. war alleine unterwegs - in einem Stadtteil, der als gefährlichster Vorort Kapstadts gilt.
Erst vor wenigen Wochen wurde ein israelischer Tourist auf dem Wanderweg überfallen. Schilder am Eingang des Parks warnen davor, sich alleine auf Wanderungen zu begeben, wie RTL berichtet. Schließlich bestätigt dem Sender auch die südafrikanische Polizei das hohe Risiko dieser Region. Ein Gewaltverbrechen, das machten sowohl die Familie von Nick F. als auch die Ermittler schnell deutlich, konnte zu keinem Zeitpunkt der Suche ausgeschlossen werden.
Verdächtiger gesteht Überfall
Schließlich tauchte der erste Hinweis in diese Richtung auf. Nach Tagen der erfolglosen Suche finden die Ermittler die Kreditkarte des Vermissten - bei zwei polizeibekannten Männern im Alter von 22 und 23 Jahren. Es handelte sich um einen zufälligen Fund, denn die Karte wurde zunächst bei einer Hausdurchsuchung in einem Bungalow in Hout Bay nach einem Diebstahl beschlagnahmt, wie die südafrikanische Nachrichtenseite "People's Post" berichtete. Obwohl die Kreditkarte in der Nähe des Ortes gefunden wurde, wo Nick F. zum letzten Mal gesehen wurde, brachten die Ermittler sie zunächst nicht einmal mit dem Vermissten in Verbindung. "Die Person wurde bei unserer Polizeistation nicht als vermisst gemeldet", erklärte der Beamte Jerome Syster von der Polizei Hout Bay der "People's Post" dazu. "Sie wurde bei einer anderen Polizeistation als vermisst gemeldet." Erst der bestohlene Geschäftsmann habe die Behörde auf die Verbindung zum Vermisstenfall hingewiesen, heißt es bei RTL.
Am vergangenen Montag, dem zwölften Tag der Suche, konnte die Polizei schließlich einen Erfolg vermelden: Im Fall von Nick F. wurden drei Männer festgenommen und dem Richter vorgeführt. Ihnen wird schwerer Raub vorgeworfen. Nach südafrikanischem Recht bedeutet dies mindestens 15 Jahre Haft. Einer der drei Verdächtigen, so berichtet RTL, habe gestanden, an einem Überfall auf Nick F. beteiligt gewesen zu sein. Wenn die Angaben des Mannes stimmen, wurde der Brandenburger schwer verletzt. So habe, der Aussage zufolge, einer der Männer dieser Gruppe mit einem Messer auf F. eingestochen.
Vermeintliche Tatwaffe gefunden
Bei den Verdächtigen wurden auch der Wanderrucksack und das Handy des Vermissten gefunden, wie Eric Ntabazalia von der Nationalen Strafverfolgungsbehörde NPA der Deutschen Presseagentur dpa sagte. Ebenso wurde die vermeintliche Tatwaffe sichergestellt. Allerdings, so Polizeisprecher André Traut, könne die Polizei derzeit keine Verbindung zwischen den Verdächtigen und dem Verschwinden des Deutschen bestätigen. Es werde weiter nach Spuren gesucht. Das Verfahren werde daher erst am 6. März 2023 fortgesetzt, sagte Ntabazalia der dpa. Die zwei jungen Männer, bei denen die Kreditkarte von Nick F. gefunden wurde, werden laut RTL der Mittäterschaft bezichtigt. Alle fünf Verdächtigen wurden vor dem Amtsgericht Wynberg in Kapstadt gemeinsam vernommen.
Auf einem Protestmarsch, den die Bewohner des Stadtteils Hangberg organisierten, forderten die Teilnehmerinnenn und Teilnehmer die mutmaßlichen Täter laut RTL dazu auf, die Ermittler zu Nick F. zu führen. Die Chance, dass er noch lebt, schwindet 13 Tage nach seinem Verschwinden deutlich. Allerdings wurde auch seine Leiche noch nicht gefunden - die Suche geht unverändert weiter.
Quelle: ntv.de