Panorama

Berufungsprozess gestartet Verurteilter im Fall Pelicot beharrt auf Unschuld

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Gisèle Pelicot erschien in Begleitung ihres Sohnes vor dem Gericht.

Gisèle Pelicot erschien in Begleitung ihres Sohnes vor dem Gericht.

(Foto: picture alliance / MAXPPP)

In Nîmes beginnt der Berufungsprozess gegen einen der 51 Verurteilten im Fall Gisèle Pelicot. Der 44-Jährige ist in erster Instanz zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Er beteuert aber bis heute: Er dachte, er habe an einer einvernehmlichen Sex-Party teilgenommen. 

Ein Jahr nach dem aufsehenerregenden Vergewaltigungsprozess von Avignon hat der Berufungsprozess zu dem Fall eines mutmaßlichen Vergewaltigers von Gisèle Pelicot begonnen. Der 44-jährige Angeklagte Husamettin D. beteuerte dabei erneut seine Unschuld. Er ist der einzige der 51 Verurteilten des ersten Prozesses, der an einem Berufungsverfahren festhielt. Wie bereits beim Prozess in Avignon versammelten sich Unterstützerinnen und Unterstützer Pelicots vor dem Gericht im südfranzösischen Nîmes.

Die 72-jährige, die im Laufe des Verfahrens im vergangenen Jahr zu einer Ikone des Kampfes gegen sexuelle Gewalt geworden ist, erschien in Begleitung ihres Sohnes Florian vor dem Gericht in Nîmes. Bei ihrer Ankunft wurde sie von Applaus begrüßt, sie schüttelte ihren Unterstützerinnen und Unterstützern die Hände. Pelicot soll am Mittwoch aussagen. Die Ankunft des Angeklagten verlief deutlich diskreter.

D.s Gesicht war unter einer Baseballkappe, einer Schutzmaske und einer dunklen Sonnenbrille kaum zu erkennen. Vor dem Richter wies er die Vergewaltigungsvorwürfe erneut dezidiert zurück. "Ich bin heute hier, weil ich diese Frau, die ich respektiere, zu keinem Zeitpunkt habe vergewaltigen wollen", sagte der Angeklagte. "Ich habe allen Respekt vor ihr." Er habe nicht gewusst, dass Gisèle Pelicot von ihrem Mann betäubt worden war, sagte der Angeklagte.

Der 44-Jährige erscheint aufgrund von gesundheitlichen Problemen als freier Mann vor Gericht. Er war in erster Instanz zu neun Jahren Haft verurteilt worden. In dem Berufungsverfahren vor einer Jury aus neun Bürgerinnen und Bürgern sowie drei Richtern riskiert er erneut die Maximalstrafe von 20 Jahren Haft. Seine Anwälte hatten bereits zuvor erklärt, D. sei davon ausgegangen, er habe im Haus der Pelicots an einer einvernehmlichen Sex-Party teilgenommen.

Dieser Aussage hatte der Hauptangeklagte im Prozess von Avignon, Gisèle Pelicots Ex-Mann Dominique Pelicot, widersprochen. Der 72-Jährige hatte mehrfach gesagt, allen Angeklagten sei bewusst gewesen, dass sie in sein Haus gekommen seien, um seine Frau zu vergewaltigen. Dominique Pelicot soll am Dienstag als Zeuge vor dem Gericht in Nîmes aussagen.

Prozess soll maximal vier Tage dauern

Pelicot hatte seine damalige Frau über Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt und vergewaltigt sowie von zahlreichen Männern vergewaltigen lassen, die er in Internetforen kontaktiert hatte. Beim Prozess von Avignon waren 50 weitere Männer angeklagt, alle wurden zu Haftstrafen verurteilt. Dominique Pelicot bekam die Höchststrafe von 20 Jahren.

Der Prozess in Nîmes soll voraussichtlich maximal vier Tage dauern. Einer von Gisèle Pelicots Anwälten sagte, sie hätte gerne auf die "Tortur" des Berufungsverfahrens verzichtet, habe aber keine Angst davor, erneut ins Rampenlicht zu treten. Seine Mandantin verstehe "die Aufmerksamkeit, die ihrem Fall zuteilwird, der über ihre Person hinaus von universeller Bedeutung ist", sagte Anwalt Antoine Camus.

Auch bei dem Berufungsverfahren ist die Aufmerksamkeit groß: Mehr als hundert Journalistinnen und Journalisten, auch aus dem Ausland, sind für das Verfahren akkreditiert. Vor dem Gericht hielten Unterstützerinnen Plakate mit Sprüchen wie "Schande über die Vergewaltiger" hoch. Vor dem Gericht war ein Banner mit den Worten "Gisèle, die Frauen danken Dir" befestigt. Wegen ihres Muts und der großen Medienaufmerksamkeit für den Prozess war Gisèle Pelicot zu einer Galionsfigur im Kampf für die Frauenrechte geworden. Sie hatte sich für ein öffentliches Verfahren eingesetzt, "damit die Scham die Seite wechselt".

Quelle: ntv.de, Von David Courbet und Philippe Siuberski, AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen