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Sputnik-Zulassung nicht absehbar Von der Leyen bemängelt fehlende Impf-Daten

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In Russland und vielen anderen Ländern wird Sputnik seit vielen Monaten eingesetzt.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Der russische Impfstoff gegen das Coronavirus ist - nach allem, was man weiß - ein sehr guter. Trotzdem steht die Zulassung in der EU nach mehreren Monaten Überprüfung noch immer aus. Es fehlen nach wie vor valide Daten, kritisiert Kommissionschefin von der Leyen. Das werfe Fragen auf.

Eine Zulassung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) ist nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiter ungewiss. "Bislang ist es dem Hersteller nicht gelungen, genügend valide Daten zu liefern, um die Sicherheit nachzuweisen", sagte von der Leyen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das werfe Fragen auf.

Nach Angaben des Herstellers ist Sputnik V mittlerweile weltweit bereits in 69 Staaten zugelassen. In der EU verwenden ihn die Länder Ungarn und Slowakei auch ohne Zulassung der EMA. Eine Studie der medizinischen Fachzeitschrift "Lancet" ergab im Februar, dass Sputnik zu 91,6 Prozent in der Lage war, nach einer Infektion mit dem wilden Coronavirus-Typen einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern.

Russland hatte zuletzt auf eine Zulassung in Europa bis zum Herbst gehofft. Die EMA prüft den Impfstoff bereits seit Anfang März und hatte ursprünglich eine Zulassung für Mai oder Juni angepeilt. Allerdings gab es bereits im Juli Berichte über fehlende Informationen. Die Hersteller des Vakzins hätten es wiederholt versäumt, die für eine Zulassung als Standard angesehenen klinischen Daten bereitzustellen, sagten damals fünf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Anfang Juni musste die EMA deshalb ihre Sicherheits- und Wirksamkeitsprüfung aussetzen.

Keine Berichte über Nebenwirkungen

Unter anderem sollen Produktionsdaten gefehlt haben. Einer der fünf Insider teilte außerdem mit, dass in den bereitgestellten Studien keine Fallberichte über Impf-Nebenwirkungen enthalten gewesen seien. Solche Dokumentationen seien Standard für Impfstoffentwickler. Der Person zufolge ist ebenfalls unklar, wie die Wissenschaftler des Moskauer Gamaleja-Instituts für Epidemiologie und Mikrobiologie die Daten der Studienteilnehmer, die ein Placebo bekamen, ausgewertet haben.

Die Daten-Defizite sollen demnach nicht kritisch, aber teilweise schwerwiegend sein. Das bedeutet, dass die EMA die Daten mit einigem Aufwand selbst erheben kann. Die Überprüfung wird sich deshalb noch einige Zeit hinziehen.

Im Vorfeld der EMA-Prüfung hatte ein französisches Forscherteam eine unabhängige Bewertung des russischen Vakzins vorgenommen. Demnach hätten die Impfstoffentwickler nicht dokumentieren können, dass die sogenannte Masterzellenbank (MCB) - der Grundbaustein des Impfstoffs - den EU-Vorschriften zur Verhinderung von Krankheitskontaminationen entspreche, sagten vier mit den Ergebnissen vertraute Personen.

"Behörde wie EMA nicht gewöhnt"

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Mehrere Insider führten die wiederholten Versäumnisse, wichtige Informationen bereitzustellen, auf die mangelnde Erfahrung der russischen Wissenschaftler des Gamaleja-Instituts im Umgang mit ausländischen Aufsichtsbehörden zurück. "Sie sind es nicht gewohnt, mit einer Behörde wie der EMA zu arbeiten", sagte einer der Insider. Das Gamaleja-Institut steht unter der Aufsicht des russischen Gesundheitsministeriums.

Sputnik V wird im Ausland von dem russischen Staatsfonds Russian Direct Investment Fund (RDIF) vermarktet. Der RDIF hatte die Berichterstattung im Juli als "falsch und ungenau" zurückgewiesen. Anonyme Quellen und die "westliche Pharmalobby" würden versuchen, Sputnik V zu diskreditieren. Das Vakzin sei in mehr als 60 Ländern zugelassen. Es seien "keine schwerwiegenden unerwünschten Nebenwirkungen gemeldet" worden, fügte der Fonds hinzu. EMA-Inspektoren hätten Produktionsstätten besucht.

Quelle: ntv.de, chr/dpa/rts

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