Panorama

Strenge deutsche Bauvorschriften Wäre ein Brand wie in London hier möglich?

Ein Feuerwehrmann macht Aufnahmen der verbrannten Fassade. Das Feuer konnte sich über die Außenhaut des Hochhauses schnell verbreiten.

Ein Feuerwehrmann macht Aufnahmen der verbrannten Fassade. Das Feuer konnte sich über die Außenhaut des Hochhauses schnell verbreiten.

(Foto: AP)

Könnte es in Deutschland auch zu einer solchen Katastrophe wie in London kommen? Die Bauvorschriften hierzulande sind deutlich strenger als in Großbritannien. Vor allem, was einen entscheidenden Punkt angeht.

In Deutschland sollen strenge Bauvorschriften eine Brandkatastrophe wie in London verhindern. Nach der sogenannten Musterhochhausrichtlinie in ihrer Neufassung von 2008 muss es Feuerwehrleuten im Brandfall möglich sein, das Feuer auch im Inneren eines Hochhauses wirksam zu bekämpfen, sagte Thomas Kirstein von der Berliner Feuerwehr. Darin ist der Bau eines Feuerwehraufzugs ab einer Gebäudehöhe von 22 Metern vorgeschrieben.

Dieser muss in einem feuerfesten Schacht verlaufen. "Mit diesem Aufzug fahren die Feuerwehrleute ein Stockwerk unter das brennende, falls erforderlich auch in das Brandgeschoss", sagte Kirstein. Den Feuerwehraufzügen vorgelagert ist ein Aufzugsvorraum mit sämtlichen Anschlüssen für Schläuche.

Auch Treppenhäuser in Hochhäusern in Deutschland müssen besonders geschützt sein. Nach den Vorschriften müssen sie 120 Minuten "ein Feuer aushalten", sagt der ehemalige Leiter des Fachbereichs vorbeugender Brandschutz. Zudem dürfe die Fassade des Gebäudes nicht entflammbar sein. Die Bilder aus London ließen dagegen vermuten, dass sich die Flammen beim Grenfell Tower über die Fassade ausbreiteten, sagt der Brandexperte.

"Die Briten und die Franzosen haben das nicht"

An Häusern über 22 Metern Höhe dürften nur nicht brennbare Fassaden verbaut sein, sagte der Leiter der Feuerwehr Frankfurt, Reinhard Ries. "Die Briten und die Franzosen haben das nicht. In Europa sind wir die Einzigen." Die Grenze von 22 Metern ist laut Ries wichtig, da man so weit mit der Drehleiter hochkomme. Bei höheren Gebäuden müssten die Menschen über sogenannte Sicherheitstreppenräume flüchten, die statisch und technisch komplett vom Resthaus getrennt sind.

Drohe Einsturzgefahr, müsse der Einsatzleiter entscheiden, ob er noch Feuerwehrleute in das Gebäude schicke. Dies sei die "schwierigste Entscheidung" bei derartigen Einsätzen, sagte Kirstein.

Auch bei den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 sei dies der Fall gewesen, als Feuerwehrleute noch in die kurz darauf einstürzenden Türme des World Trade Centers geschickt wurden. Da das Feuer in dem Hochhaus in London schon die ganze Nacht wüte, sei die Einsturzgefahr groß, sagt der Brandschutzfachmann.

Für die Bewohner eines Hochhauses gelte die Devise Aufklärung und Vorsorge. Jeder müsse sich vorab über Rettungswege und Flurpläne informieren. Wer in einer brennenden Wohnung sei, müsse die Tür beim Verlassen schließen, um eine Ausbreitung des Rauchs in die Treppenhäuser zu verhindern.

Bewohner von Wohnungen, die nicht vom Feuer betroffen seien, sollten dort auf die Retter warten. Nasse Handtücher vor das Gesicht zu halten, wie Bewohner in London dies machten, sei nur kurzfristig hilfreich, weil das Überleben vom Sauerstoffgehalt abhänge, sagte Kirstein.

Quelle: ntv.de, bdk/AFP/dpa

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