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Die wichtigsten Fragen Was hinter den Ruhetagen zu Ostern steckt

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Mit neuen Maßnahmen wollen Bund und Länder die dritte Welle in den Griff bekommen. Überraschend sind die Pläne zu Ruhetagen an Ostern. Worum handelt es sich dabei? Und welche Wirkung auf das Infektionsgeschehen erwarten Experten?

Die dritte Corona-Welle rollt über Deutschland. Bund und Länder wollen der Dynamik Einhalt gebieten - und haben das weitere Vorgehen beschlossen. Der wichtigste Punkt: Die aktuellen Corona-Maßnahmen werden bis zum 18. April verlängert. Dazu gehören auch Ruhetage an Gründonnerstag, dem 1. April, und Karsamstag, den 3. April. Aber worum handelt es sich bei diesen Ruhetagen eigentlich? Und was können sie wirklich dazu beitragen, die aktuelle Infektionswelle in den Griff zu bekommen? Hier eine Übersicht:

Was gilt für private Zusammenkünfte?

Private Zusammenkünfte sind dann nur mit dem eigenen Hausstand und einem weiteren Haushalt erlaubt, maximal aber fünf Personen. Kinder bis 14 Jahre zählen dabei nicht, Paare gelten als ein Haushalt. Die Religionsgemeinschaften werden gebeten, auf Ostergottesdienste zu verzichten. "Es gilt damit an fünf zusammenhängenden Tagen das Prinzip: Wir bleiben zu Hause", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der nächtlichen Pressekonferenz. Die Regelung werde "analog zu Sonn- und Feiertagen sein".

Wie sind Gastronomie und Einzelhandel betroffen?

Die Außengastronomie muss schließen, offen bleiben dürfen nur Tankstellen und bestimmte Unternehmen, für die es Sondererlaubnisse gibt. "Eine Ausnahme kommt aber noch hinzu, weil es fünf Tage sind: Der engere Lebensmitteleinzelhandel kann auch am Sonnabend aufmachen", erklärte Merkel.

Was bedeuten die Ruhetage für Schulen und Kitas?

Gesundheitsämter sehen derzeit verstärktes Infektionsgeschehen in Schulen, Kitas, im Privatbereich, am Arbeitsplatz. Für den Infektionstreiber Schule ist in den meisten Bundesländern eher entscheidend, dass es am kommenden Freitag erstmal in die Osterferien geht. 12 von 16 Bundesländern werden in der kommenden Woche Ferien haben. Die Baden-Württemberger Kinder und die aus Schleswig-Holstein müssen zur Schule gehen, haben aber ab Gründonnerstag regulär über Ostern frei. Einzig Hamburgs und Hessens Schülerinnen und Schüler gewinnen durch den Oster-Lockdown mit Gründonnerstag und Karsamstag ein bis zwei freie Tage zusätzlich.

Für die Kindertagesstätten gelten die Schulferien in der Regel nicht oder nur eingeschränkt, freie Träger entscheiden recht selbstständig, wie sie kitafreie Zeit an die Schulferien des jeweiligen Bundeslandes anpassen. Da Kitas samstags ohnehin geschlossen sind, wird also nur der Gründonnerstag für sie ins Gewicht fallen und einen zusätzlichen freien Tag bedeuten - für Kinder und Personal.

Was bedeuten die Ruhetage für Arbeitnehmer?

Für die Lage am Arbeitsplatz gab es am Dienstagmorgen zunächst kaum Anhaltspunkte, so frisch - und damit völlig unvorbereitet - war der Beschluss zum Oster-Lockdown. Im Laufe des Nachmittags stellten die ersten Länderchefs klar, was für den Gründonnerstag gelten soll: Er ist als kompletter zusätzlicher Ruhetag ausgestaltet, zumindest in den Ländern, die sich dazu bislang geäußert haben. In Baden-Württemberg etwa soll der Ruhetag laut Ministerpräsident Winfried Kretschmann auch für Unternehmen und Betriebe gelten.

Dieselbe Politik verfolgt Bayerns Landeschef Markus Söder. Auch Malu Dreyer, Landeschefin in Rheinland-Pfalz erklärt, es handele sich um eine "Feiertagsregelung", um die Mobilität zu reduzieren. Söder sagte, beide Tage sollen wie Feiertage behandelt werden. Für die Beschäftigten brächte das entsprechende Zuschläge mit sich, wenn sie arbeiten. Die Rechtsgrundlage dafür werde noch am Dienstag vom Bund entschieden. Für Ruhetage gilt laut Arbeitsgesetz, dass Arbeitnehmern ein Ersatzruhetag gewährleistet werden muss, wenn sie am Ruhetag selbst arbeiten mussten. Der Ersatz muss innerhalb von acht Wochen erfolgen.

Kann der Mini-Lockdown die dritte Welle ausbremsen?

"Es kann schon zur Unterbrechung der Übertragungen führen, allerdings zeitlich begrenzt", sagt Epidemiologe Timo Ulrichs im Gespräch mit ntv. In Kombination mit den Osterferien könnten die Ruhetage dann "tatsächlich eine Trendumkehr" bedeuten. Allerdings bedauert Ulrichs, dass die Maßnahme erst in über einer Woche greift - bis dahin drohe ein exponentielles Fallwachstum. Menschen sollten sich daher bereits jetzt schon so verhalten, "als wären wir schon in diesem verschärften Lockdown". Das könne dann die Zahlen tatsächlich stark nach unten drücken.

Der Epidemiologe Dirk Brockmann hält die Verschärfung der Corona-Maßnahmen über Ostern ebenfalls für wirksam. "Das könnte nach meiner Ansicht einen sehr positiven Effekt haben, weil eine ganze Reihe von Tagen dann quasi Ruhetage sind, also Sonntage", sagte der Epidemiologe vom Robert-Koch-Institut (RKI) im Deutschlandfunk. Schon beim "Wellenbrecher" im Frühjahr habe sich gezeigt, dass viele Menschen ihre Aktivitäten runtergefahren hätten. "Und das hatte dann (...) ein, zwei Wochen später einen sehr starken Effekt auf die Fallzahlen, weil sehr viel weniger Kontakte stattfinden".

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Eher pessimistisch ist der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: "Bis Ostern und auch kurz danach werden Fallzahlen wieder steigen. Der kurzen Unterbrechung an Ostertagen gelingt keine Umkehr aus dem exponentiellen Wachstum", schrieb Lauterbach auf Twitter. Dennoch hält er die "Vollbremse zu Ostern plus die Notbremse bis dahin" für brauchbare Maßnahmen. Sie "wirken aber nur, wenn sich alle daran halten".

Der Saarbrücker Pharmazie-Professor Thorsten Lehr kann daran nicht so recht glauben, wie er ntv.de sagte. Er vergleicht die Situation mit Weihnachten. Im Beschluss hieße es zwar, die Leute hätten sich an den Festtagen gut verhalten. "Aber ehrlich gesagt haben sie es nicht." Stattdessen hätten sie sich an Weihnachten weiter getroffen und "ganz munter infiziert." Jetzt habe man zwar die Impfungen, "aber auf der anderen Seite auch diese kritische Mutante, die halt deutlich infektiöser ist." Man sehe vermehrt den Effekt, dass eine infizierte Person ihre ganze Familie ansteckt, das habe es so vorher nicht gegeben. Weil der Anteil der Mutante bis dahin auf ungefähr 90 Prozent hochgeschnellt sein müsste, "sehe ich für Ostern ein relativ großes Problem", sagte er.

Quelle: ntv.de

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