Drosten: Indiz für CoronavirusWer nichts mehr riecht, bleibt zu Hause

Wer nichts mehr riechen kann, soll zu Hause bleiben. Das rät Virologe Drosten. Denn das könne Symptom einer Corona-Infektion sein. Dazu erklärt der Wissenschaftler, ob die intensive Desinfektion von Oberflächen in den eigenen vier Wänden sinnvoll ist.
Der plötzliche Ausfall des Geruchssinns kann Symptom einer Infektion mit dem Coronavirus sein. Deshalb sollte, wer einen solchen Ausfall feststellt, sich in häusliche Quarantäne begeben. Diese Empfehlung gibt Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité im NDR-Podcast: "Wenn ich in meinem Alltag plötzlich nichts mehr riechen würde, dann würde ich erst mal zu Hause bleiben und versuchen, das zu klären, was mit mir los ist." Diese Schlussfolgerung sei das Ergebnis einer "sehr interessanten Studie" aus dem Iran und decke sich mit Beobachtungen bei Coronavirus-Patienten in Deutschland.
Laut Drosten gebe es "klare Hinweise darauf", dass ein Zusammenhang zwischen der Beeinträchtigung des Geruchssinns und einer Ansteckung bestehe. Der Virologe berichtete von einer online durchgeführten Befragung aus dem Iran, an der rund 15.000 Menschen teilgenommen. 10.000 davon hätten von einem kompletten Ausfall oder zumindest einer Beeinträchtigung des Geruchssinns berichtet, bei rund drei Vierteln sei dieser unvermittelt und "plötzlich" aufgetreten - und rund 75 Prozent hätten zudem "Influenza-ähnliche Symptome" bei sich festgestellt. In den weitaus meisten Fällen sei auch der Geschmackssinn beeinträchtigt gewesen, so Drosten.
Oberflächen zu Hause desinfizieren lohnt sich kaum
Dies deckt sich dem Virologen zufolge mit Erkenntnissen aus einer Münchner Patienten-Beobachtung, in der knapp die Hälfte der Teilnehmenden Probleme mit dem Riechen und Schmecken mitgeteilt habe. Für Drosten ist das "so bemerkenswert", dass er das in einer eigenen Studie "sicherlich mit in den Fragebogen schreiben" würde. Zudem gebe es bereits erste Ansätze dafür, wie das Coronavirus die Funktion der Nase behindere. Zwar sei der plötzliche Sinnesausfall kein eindeutiger Hinweis auf eine Sars-CoV-2-Erkrankung, trotzdem empfiehlt Drosten für diesen Fall, vorerst zu Hause zu bleiben - ähnlich wie es derzeit bereits bei Atemwegsbeschwerden und Fieber geraten wird.
Für den Aufenthalt in den eigenen vier Wänden rät Drosten derweil davon ab, "alle möglichen Oberflächen mit Desinfektionsmittel zu bearbeiten." Denn: "Ich bin mir fast sicher, dass es sich nicht lohnt, im Haushalt ein sehr großes Augenmerk darauf zu richten." In Fachkreisen gelte es als unwahrscheinlich, dass es nennenswerte Übertragungen über Oberflächen gebe. In Krankenhäusern sei das natürlich etwas anderes, im privaten Wohnumfeld sei dies jedoch zu vernachlässigen. "Bilder wie in China, wo Tanklastwagen mit Desinfektionsmittel durch die Straßen fahren, haben eher einen psychologischen Effekt."
Viren-Konzentration sinkt mit Dauer der Infektion
Bei den derzeitigen Maßnahmen gehe es viel mehr darum, die Übertragung durch die Luft so gut wie möglich auszuschließen. Einfache Mund-und-Nase-Masken bieten dafür laut Drosten vor allem einen "Fremdschutz". Studien hätten "Anfangsevidenzen" nachgewiesen, dass selbst einfache Masken den Ausstoß der Viren in die Umgebungsluft deutlich einschränken. Vor einer Infektion durch die Luft schützen die einfachen Masken dagegen nicht. Eine generelle Maskenpflicht hält Drosten ohnehin für schwierig umsetzbar in Deutschland, "wo das Ganze kulturell nicht verankert und nicht eingeübt ist." Zudem seien Masken in der notwendigen Anzahl derzeit nicht verfügbar.
Drosten berichtet zudem von einer weiteren Beobachtung, die an Sars-CoV-2-Infizierten gemacht wurde. Bei drei Patienten sei über mehrere Tage die Raumluft analysiert worden. Zwei davon seien in einem frühen Stadium gewesen, einer mit und einer ohne Symptome. Bei beiden sei das Virus in der Raumluft nachgewiesen worden. "Das ist für mich ein sehr interessanter und auch beachtenswerter Befund", so Drosten, denn es zeige, dass die Übertragung durch die Luft möglich sei. Bei einem dritten Patienten, der bereits seit neun Tagen Symptome zeige, sei die Analyse der Raumluft dagegen negativ ausgefallen.
Auch eine Analyse von Wischproben in den Krankenzimmern habe Ähnliches ergeben: In der "zweiten Woche, wo die Patienten durchaus noch krank waren, waren die Wischproben nicht mehr positiv, da hat sich also kein Virus mehr auf den Oberflächen abgesetzt." Das deutet laut Drosten darauf hin, dass die Zahl der Viren mit zunehmender Dauer zurückgehe, auch wenn die Symptome noch keine Milderung andeuten würden.