Wohnung in Heppenheim durchsucht Wie konnte es zum Angriff in Mannheim kommen?
01.06.2024, 12:25 Uhr Artikel anhören
Beamte der Spurensicherung am Tatort.
(Foto: dpa)
Die Tat sorgt bundesweit für Entsetzen: In der Mannheimer Innenstadt greift ein Mann an einem Stand der islamkritischen Bewegung Pax Europa mehrere Menschen mit einem Messer an. Die Ermittler suchen nun nach dem Motiv des Mannes.
Einen Tag nach der Messerattacke bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa in Mannheim versuchen die Ermittler weiter zu klären, wie es zu der Bluttat kommen konnte. "Was uns am meisten umtreibt, ist die Frage nach dem Motiv", hieß es aus dem baden-württembergischen Landeskriminalamt.
Der von der Polizei niedergeschossene Täter sei operiert worden und zurzeit nicht vernehmungsfähig, die Suche nach seinen Beweggründen daher bislang nicht vorangekommen. Zu seiner Identität machten die Ermittler bislang keine Angaben. Nach übereinstimmenden Medienberichten handelt es sich um einen 25-Jährigen aus Herat in Afghanistan, der in Südhessen lebt. Im hessischen Heppenheim wurde inzwischen eine Wohnung durchsucht. Medienberichte, wonach es sich um die Wohnung des mutmaßlichen Täters handelte, bestätigte das Landeskriminalamt in Stuttgart zunächst nicht. Die Durchsuchung vom Freitagabend sei im Zusammenhang mit Ermittlungen zu Mannheim erfolgt, sagte ein Sprecher vom LKA.
Der Täter hatte am Freitagvormittag Teilnehmer einer islamkritischen Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz angegriffen und sechs Menschen verletzt, darunter den Polizisten. Laut dem LKA-Sprecher handelt es sich bei allen Verletzten außer dem Beamten um Teilnehmer der Kundgebung. Ob sie auch Mitglieder von Pax Europa sind, sei noch unklar.
Gezielt angegriffen?
Der bei dem Angriff verletzte Polizist schwebe indes "weiterhin in höchster Lebensgefahr", sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts. Er sei in ein künstliches Koma versetzt worden.
Nach Darstellung der Schatzmeisterin der Organisation, Stefanie Kizina, wurde auch das Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger verletzt. Kizina sagte, die Attacke sei gezielt gegen den 59-Jährigen gerichtet gewesen, der mit einem Messer im Gesicht verletzt worden sei. Der "Bild"-Zeitung sagte sie: "Er wurde am Bein und im Gesicht getroffen, wird notoperiert. Lebensgefahr besteht offenbar nicht." Stürzenberger ist einer der führenden Köpfe des Vereins. Er selbst meldet sich mit einer Nachricht aus dem Krankenhaus: "Es war richtig knapp gestern", schrieb der 59-Jährige am Vormittag in einer Nachricht mit Foto auf Telegram.
Die islamkritische Bewegung kündigte an, bei weiteren Veranstaltungen öffentlich aufzutreten. Am kommenden Samstag sei ein Stand an der Katharinentreppe in der Dortmunder Innenstadt geplant, sagte Kizina. Sie gehe davon aus, dass die Polizei "sicher die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen wird". Einen eigenen Sicherheitsdienst sehe Pax Europa nicht vor. Sie gehe nach jetzigem Stand aber nicht davon aus, dass Stürzenberger schon am kommenden Samstag wieder dabei sein könne, da er "erheblich verletzt" worden sei.
Aus dem LKA heißt es, zahlreiche Fragen seien noch ungeklärt und Gegenstand der Ermittlungen. "Was ist das für ein Messer? Woher stammt das? Hat er das Messer gekauft?" - über die Antworten darauf wolle man auch herausfinden, ob der Festgenommene die Tat geplant oder ob es sich um einen spontanen Angriff gehandelt habe. Die für politische Delikte zuständige Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt in dem Fall. "Unsere Gedanken sind bei allen, die durch den Messerangriff verletzt worden sind, meine Gedanken als Innenminister natürlich auch vor allem bei dem verletzten Polizeikollegen", sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl der "Bild"-Zeitung.
Internet-Video zeigt Tatgeschehen
Schon kurz nach dem Angriff kursierte ein Video von der Tat im Internet: Darauf ist zu sehen, wie der Angreifer auf mehrere Menschen einsticht und Umstehende rufen: "Das Messer weg!" Zu sehen ist auch, wie ein Beamter auf den Angreifer schießt. Mehrere Polizisten fixieren den Mann danach auf dem Boden. Nach Angaben von Polizei, Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt wurde nur ein Schuss abgegeben. Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen. Auch Kanzler Olaf Scholz zeigte sich erschüttert. "Die Bilder aus Mannheim sind furchtbar", schrieb er auf der Plattform X. "Meine Gedanken sind bei den Opfern. Gewalt ist absolut inakzeptabel in unserer Demokratie. Der Täter muss streng bestraft werden."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich entrüstet. "Ich verurteile die Tat in Mannheim aufs Schärfste!", schrieb seine Sprecherin Cerstin Gammelin in Steinmeiers Namen auf X. "In unserer Demokratie darf kein Platz für Gewalt sein - Gewalt zerstört Demokratie. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut." Vizekanzler Robert Habeck sprach von "furchtbaren Szenen der Gewalt". Die Umstände des Verbrechens müssten nun schnell aufgeklärt werden, sagte Habeck der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Mannheims CDU-Oberbürgermeister Christian Specht bezeichnete den Messerangriff als Terrorattacke und erklärte dazu: "Im Namen der Stadt Mannheim und der Mannheimer Stadtgesellschaft verurteile ich diese niederträchtige, brutale Terrorattacke im Rahmen einer islamkritischen Veranstaltung auf das Schärfste."
Quelle: ntv.de, sba/dpa