Ein Paket Atemmasken: 399 Euro Wie mit Covid-19 Abzocke betrieben wird
04.03.2020, 20:10 Uhr
Seit dem Ausbruch des Coronavirus schießen die Preise für Mundschutz, Desinfektionsmittel und Co in die Höhe.
(Foto: REUTERS)
Mit Angst lässt sich Geld verdienen - das wissen auch Betrüger und Onlinehändler. Sie machen sich die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zunutze.
Wunderheiler, die auf Facebook ein angebliches Arzneimittel gegen das Coronavirus verkaufen. Enkeltrickbetrüger, die von Senioren Geld für eine angebliche Behandlung von Covid-19 fordern. Spam-Mails, die auf die Websites von Fake-Shops führen. Und Atemmasken, die online für Hunderte von Euros angeboten werden: Mit dem Coronavirus breitet sich in Deutschland nach und nach Unbehagen aus - und während sich die einen keine großen Sorgen machen, geraten andere regelrecht in Panik.
Hamsterkäufe und der daraus resultierende Ausverkauf von Desinfektionsmitteln und Atemschutzmasken führen nicht nur zu völlig überhöhten Preisen, sondern rufen auch Betrüger auf den Plan. "Die Erfahrung zeigt: Immer wenn etwas passiert, das die Menschen in Panik verfallen lässt, versuchen betrügerische Elemente daraus Profit zu schlagen", sagt Eva Klaar von der Verbraucherzentrale Berlin. "Die Menschen sind dafür empfänglicher, wenn sie sich hilflos fühlen."
Der Schutz der eigenen Gesundheit ist manch einem momentan offenbar viel wert: Wer beispielsweise auf dem Marktplatz von real.de nach Atemmasken sucht, stößt dort derzeit unter anderem auf 20 Einweg-Atemschutzmasken des Anbieters "Meine Perle" - für unfassbare 399 Euro. Angebote von anderen Händlern übersteigen in Einzelfällen ebenfalls die 100-Euro-Marke. Obwohl Schutzmasken vor dem Ausbruch des Coronavirus je nach Schutzklasse für wenige Cent bis Euro verkauft wurden - und andernorts noch weit günstiger zu haben sind.
Real weiß, dass Händler derzeit Ware zu "deutlich überzogenen Preisen" auf dem virtuellen Marktplatz des Unternehmens anbieten. "Als eigenständiger Händler ist jedoch der Verkäufer - nicht Real selbst - zuständig für die Preisgestaltung. Kartellrechtlich hat Real als Betreiber der Plattform hier keinerlei Handhabe, in die Preisgestaltung der angeschlossenen Händler einzugreifen und beispielsweise einen Maximalpreis für bestimmte Produktgruppen (wie in diesem Fall Atemmasken) festzulegen", heißt es auf Anfrage in einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens. Man distanziere sich jedoch klar von dem Versuch, aus der aktuellen Lage Kapital zu schlagen. Das Schlagwort "Corona" werde deshalb in Kombination mit den Begriffen "Atemschutzmasken" oder "Desinfektionsmittel" gesperrt.
Amazon sperrt Zehntausende Angebote
Amazon dagegen geht eigenen Angaben zufolge aktiv gegen Preistreiberei vor. "Wir haben im Einklang mit unseren langjährigen Verkaufsrichtlinien kürzlich Zehntausende von Angeboten gesperrt oder entfernt", erklärt eine Amazon-Sprecherin. "Wir entfernen proaktiv Angebote, die gegen unsere Richtlinien verstoßen." Man sei enttäuscht über unlautere Versuche, in einer globalen Gesundheitskrise die Preise künstlich zu erhöhen.
Bei der Verbraucherzentrale Berlin sind bislang noch keine Beschwerden wegen überhöhter Preise eingegangen. "Bei völlig überzogenen Preisen könnte man prüfen, ob eine Sittenwidrigkeit vorliegt - darunter fällt auch Wucher", sagt Eva Klaar. Wenn die Leute bereit seien, die Preise zu bezahlen, könne man sie allerdings nicht daran hindern.
Dabei schreibt das Robert-Koch-Institut auf seiner Website ohnehin, dass es "keine hinreichende Evidenz dafür" gibt, dass "das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person, die ihn trägt, signifikant verringert". Im Gegenteil: Es könne dadurch ein falsches Gefühl von Sicherheit entstehen und die eigentlich wichtigen Hygieneregeln vernachlässigt werden. Sinnvoll ist eine Atemschutzmaske demnach aber, wenn eine bereits erkrankte Person sich im öffentlichen Raum bewegen muss. Und: Für Menschen, die etwa wegen einer Chemotherapie auf Desinfektionsmittel angewiesen sind, sind der Ausverkauf und die Preistreiberei ein Albtraum.
"Betrüger werden immer cleverer"
Manch einer gibt ganz offen zu, dass er mit Covid-19 - und vor allem der Panik der Menschen davor - reich wird: Jungunternehmer Timo Klinger etwa berichtete "bento", dass er allein am vergangenen Mittwoch, dem Tag, als das Coronavirus Deutschland erreichte, eine sechsstellige Summe einnahm. Schon im Januar, als er steigende Preise für Schutzmasken in China sah, kaufte der 24-Jährige demnach unzählige Atemschutzmasken, meist für weniger als 60 Cent das Stück. Jetzt kann er sie für 20 Euro weiterkaufen.
Ob Kunden diesen Preis bezahlen möchten, ist ihnen letztendlich selbst überlassen. Doch es gibt auch Onlineshops, die gar nicht existieren und den Kunden das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Um nicht auf einen solchen Fake-Shop hereinzufallen, empfiehlt die Verbraucherzentrale Berlin stets zu überprüfen, ob ein Impressum vorhanden ist und wo sich der Sitz der Firma befindet. "Allerdings werden die Betrüger immer cleverer und versuchen beispielsweise, sich als renommierte Unternehmen auszugeben", warnt Eva Klaar. "Oft finden sich dann aber kleinere Abweichungen etwa in der Mailadresse."
Das Landeskriminalamt Niedersachsen warnte in diesem Zusammenhang vor wenigen Tagen vor Spam-Mails, die angeblich vom real existierenden, in Wolfsburg ansässigen Unternehmen Pharmacy First GmbH stammen und Atemschutzmasken anbieten. Wer auf den angehängten Link klickt, landet allerdings bei einem Fake-Shop, der nichts mit dem deutschen Unternehmen zu tun hat. "Wer eine Bestellung über den Shop getätigt und gezahlt hat, sollte unverzüglich seinen Zahlungsanbieter kontaktieren und versuchen, die Zahlung zu stoppen", heißt es von der Polizei. Außerdem solle Anzeige bei der örtlichen Polizei erstattet werden.
Falsche Enkel und Wunderheiler
Auch Enkeltrick-Betrüger springen auf den Corona-Zug auf. Die "Bild"-Zeitung berichtete von drei Fällen in Brandenburg, bei denen Senioren einen Anruf von ihrem vermeintlichen Enkel beziehungsweise Sohn erhielten, der angeblich am Coronavirus erkrankt war und für die Behandlung in einem Fall 22.000 Euro, in den beiden anderen Fällen sogar 100.000 Euro forderte. Und dann gibt es da noch vermeintliche Corona-Heiler, die in Kommentaren unter Facebook-Artikeln ihr Wundermittel gegen Covid-19 anpreisen - Informationen dazu versprechen sie unter einer Handynummer mit nigerianischer Vorwahl.
Eva Klaar von der Verbraucherzentrale rechnet damit, dass im Zuge des Coronavirus noch weitere Betrugsmaschen aufkommen werden - insbesondere auch per Mail. Sie erinnert deshalb an die Vorsichtsmaßnahmen, die Verbraucher ohnehin beachten sollten: Unbekannte Mails und insbesondere angehängte Zip-Dateien nicht öffnen, weil damit der Computer infiziert oder Daten abgegriffen werden können. Wer eine dubiose Mail erhält, sollte diese deshalb am besten direkt löschen. Auch wenn die Angst vor dem Coronavirus noch so groß ist.
Quelle: ntv.de