Milde Strafen für Rechtsextreme "Zweite Reihe" der Gruppe Freital verurteilt
04.02.2021, 18:52 Uhr
Die Urteile gegen die Angeklagten aus der "zweiten Reihe" der Gruppe Freital sind noch nicht rechtskräftig.
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2015 will eine Gruppe Neonazis Ausländer und politisch Andersdenkende mit Anschlägen vertreiben und einschüchtern. Die Rädelsführer werden zu drei Jahren Haft später rechtskräftig verurteilt. Jetzt fällt ein Gericht auch die Urteile gegen Akteure aus der "zweiten Reihe". Sie kommen relativ glimpflich davon.
Knapp drei Jahre nach den Rädelsführern und ersten Mitgliedern der rechtsextremen "Gruppe Freital" sind drei weitere Akteure wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. In zwei Fällen setzte der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden diese zur Bewährung aus, wie beispielsweise die sechs Monate für eine Unterstützerin.
Ein 27-Jähriger war nach Überzeugung der Richter an Anschlägen auf das Auto eines Linken-Stadtrats und ein Parteibüro in der Kleinstadt bei Dresden beteiligt und bekam zweieinhalb Jahre ohne Bewährung. Vom Vorwurf der Beihilfe zum Sprengstoffanschlag auf eine bewohnte Asylbewerberunterkunft wurde er freigesprochen. Die Urteile gegen die Angeklagten aus der "zweiten Reihe" sind nicht rechtskräftig.
Der 27-Jährige hatte im Prozess gestanden. Der Senat hielt ihm zudem zugute, dass er sich "aus sehr schwierigen, asozialen Verhältnissen" herausgearbeitet hat. "Schweren Herzens" könne es dennoch keine Bewährung geben, sagte der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats. Die Richter wollen sich aber dafür einsetzen, dass der junge Mann seine Strafe im offenen Vollzug verbüßen kann.
"Man kann diese Gesinnung nicht ablegen wie einen alten Mantel"
Ein 53-Jähriger erhielt unter anderem wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und Sachbeschädigung zwei Jahre. Dasselbe Strafmaß verhängten die Richter gegen einen 31-Jährigen wegen Sachbeschädigung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. In dem Älteren sahen die Richter ein aktives Gruppenmitglied. "Er wollte dazugehören", sagte Schlüter-Staats. Als Stadtrat der NPD habe er die Gruppe informiert und zu Gewalt aufgerufen.
Den 31-Jährigen hat der Rausschmiss aus der Gruppe nach dem Anschlag auf den Politiker, zu dem er sich freiwillig gemeldet hatte, vor weiteren Straftaten bewahrt. Das sei "sein Glück" gewesen, sagte Schlüter-Staats. "Der Senat hat den Eindruck, dass er die Taten wirklich bereut."
Die angeklagte Frau und damalige Verlobte eines der Haupttäter beschrieb Schlüter-Staats als "eine ideologisch überzeugte Anhängerin des Nationalsozialismus". Sie habe ihrem Freund ins Gefängnis geschrieben, er solle schweigen, und an Ehre, Treue und Pflichtgefühl appelliert. "Man kann diese Gesinnung nicht ablegen wie einen alten Mantel", sagte er. Der Weg, sich emotional und menschlich neu zu orientieren, sei weit. "Es geht vor allem um Menschlichkeit". Die 31-Jährige ist heute mit einem anderen Mann verheiratet.
Über Nagelbomben nachgedacht
Die "Gruppe Freital" hatte von Sommer bis Anfang November 2015 in der Kleinstadt südwestlich von Dresden und Umgebung Anschläge auf Ausländer und politisch Andersdenkende verübt, um diese einzuschüchtern, die Aufnahme von Flüchtlingen zu verhindern oder diese zu vertreiben.
Den Terrorvorwurf begründete Schlüter-Staats damit, dass die Gruppe Sprengstoffanschläge plante, "um auf die Bevölkerung in erheblicher Weise einzuwirken oder die politische Grundstruktur erheblich zu beeinträchtigen". Wieder verworfene Überlegungen, die Wucht der Sprengkörper mit Nägeln zu verstärken oder sie in Menschenmengen zu werfen, zeugten von einer wachsenden Bereitschaft, "den Tod von Menschen in Kauf zu nehmen".
Damit endete der zweite Prozess im Zusammenhang mit der "Gruppe Freital". Sieben Männer und eine Frau, darunter die Rädelsführer, waren im März 2018 zu teils langen Freiheitsstrafen verurteilt worden, teils wegen versuchten Mordes oder Beihilfe dazu. Seit 4. Februar läuft der dritte Prozess zu dem Komplex, angeklagt sind zwei Männer und eine Frau - es ist der letzte.
Quelle: ntv.de, hny/dpa