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Streit um Junkfood-Werbeverbot 61 Organisationen schreiben Brandbrief an FDP

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Wann die Werbeeinschränkungen für ungesunde Lebensmittel letztlich kommen, ist noch unklar.

Wann die Werbeeinschränkungen für ungesunde Lebensmittel letztlich kommen, ist noch unklar.

(Foto: picture alliance / epd-bild)

Der Bundesernährungsminister fordert strikte Werbeeinschränkungen für ungesunde Lebensmittel, um Kinder zu schützen. Der FDP geht das zu weit, weshalb Özdemir seinen Vorschlag abschwächt. Nun gibt es Kritik von Dutzenden Organisationen.

61 Organisationen aus Wissenschaft, Verbraucher- und Kinderschutz haben die FDP für ihre Haltung im Streit um ein geplantes Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel kritisiert. Die Partei stelle sich "gegen den einhelligen Konsens in der Wissenschaft und unter Fachorganisationen" und habe dem Gesundheitsschutz von Kindern und Jugendlichen so eine "klare Absage" erteilt, heißt es in einem offenen Brief an FDP-Chef Christian Lindner, aus dem die "Süddeutsche Zeitung" zitierte.

Bundesernährungsminister Cem Özdemir hatte strikte Einschränkungen der Werbung für ungesunde Lebensmittel vorgeschlagen, um Kinder vor falscher Ernährung zu schützen. Vorgesehen war etwa ein weitreichendes Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel im Fernsehen und im Internet. Die FDP sowie die Ernährungs- und Werbeindustrie kritisierten die Pläne, Özdemir schwächte seinen Vorschlag daraufhin ab und kürzte etwa die Verbotszeiten.

FDP-Vertreter kritisierten die Maßnahmen dennoch als zu weitreichend. Vorgesehen ist weiterhin etwa ein generelles TV-Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel zu den Kernzeiten, wenn Kinder zuschauen. Der FDP-Abgeordnete Gero Hocker sagte der "SZ" hingegen, Werbung für Ungesundes sollte nur gezielt rund um Kindersendungen oder in Comics verboten werden.

Auswirkungen für private Medienunternehmen

Ist die Werbung tatsächlich schuld am Übergewicht von Minderjährigen? Eine Antwort dazu liefert ein Gutachten des Deutschen Lebensmittelverbandes. Kurzum: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Werbung und Übergewicht. Wissenschaftliche Grundlagen, die für ein Werbeverbot sprächen, seien "falsch interpretiert" worden und wiesen "methodische Schwächen" auf, so die Kernergebnisse des wissenschaftlichen Gutachtens.

Schwere Auswirkungen hätte das Gesetz vor allem für private Medienunternehmen: "Wir leben ja allein von der Werbung. Wir haben keine Gebührengelder", erklärt Stefan Schmitter, Geschäftsführer Programm & Marken bei RTL. Das aktuelle Programm wäre dann nicht mehr umsetzbar. "Das Werbeverbot geht auch deshalb zu weit, weil es nicht nur kinderspezifische Werbung betrifft." Unterm Strich dürften dann hauptsächlich nur noch unverarbeitete Lebensmittel beworben werden - Fleisch, Fisch und Gemüse. Die finanzielle Existenz privater Medien wäre damit enorm bedroht. Die Öffentlich-Rechtlichen wären hingegen kaum betroffen, denn sie bekommen Rundfunkgebühren, so Schmitter.

Kinder werden mit Junkfood-Werbung überschüttet

Die Unterzeichner des Briefs an Lindner kritisierten nun, ein derart eingeschränktes Werbeverbot würde sein Ziel verfehlen. Denn etwa jede dritte Fernsehsendung, die Kinder unter 14 Jahren sehen, sei keine klassische Kindersendung. "Gerade in der abendlichen Primetime überschüttet die Lebensmittelindustrie Kinder mit Junkfood-Werbung - genau hier müssen die Werbeschranken greifen, sonst ist nichts gewonnen", erklärte Luise Molling von Foodwatch.

Zu den Unterzeichnern gehören neben Verbraucherschützern viele Gesundheitsorganisationen wie der AOK-Bundesverband, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, die Deutsche Diabetes Gesellschaft und das Deutsche Krebsforschungszentrum. Sie widersprechen auch dem Einwand, Werbebeschränkungen würden die Freiheit der Konsumenten beschneiden. Vielmehr beeinflusse Werbung nachweislich das Kauf- und Essverhalten - und beeinträchtige somit die Möglichkeit, freie Entscheidungen zu treffen.

Quelle: ntv.de, tkr/AFP

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