Politik

Gefährder und Abgelehnte Abschiebedebatte entflammt erneut

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Abgelehnte Asylbewerber müssen Deutschland verlassen - so steht es im Gesetz. Im Fall des mutmaßlichen Weihnachtsmarkt-Attentäters von Berlin hat das nicht funktioniert. Das heizt die politische Debatte zu dem Thema wieder an.

Der mutmaßliche Weihnachtsmarkt-Attentäter von Berlin, Anis Amri, war als islamistischer Gefährder im Visier der Behörden. Trotz eines abgelehnten Asylantrags wurde er nicht abgeschoben. Deshalb fordern nun Politiker insbesondere aus der CDU/CSU, dafür zu sorgen, dass Gefährder unter abgelehnten Asylbewerbern schneller abgeschoben oder länger in Abschiebehaft genommen werden können. CSU-Chef Horst Seehofer forderte in der "Welt am Sonntag" Abkommen mit den Staaten Nordafrikas, um Asylbewerber dorthin zurückbringen zu können.

Armin Laschet.

Armin Laschet.

(Foto: picture alliance / dpa)

Am Freitag hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien gedrungen. Aus dem Land stammte auch der mutmaßliche Terrorist Amri, der am Freitag in einem Vorort von Mailand von italienischen Polizisten erschossen worden ist. Amri ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Mann, der am Montag in Berlin mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz gerast ist. Bei dem Attentat starben 12 Menschen, 53 wurden teilweise lebensgefährlich verletzt.

Sicherheitsbehörden hatten den Tunesier zuvor als Gefährder zwar im Blick gehabt. Seine Abschiebung war allerdings gescheitert, weil er keinen Pass hatte. "Gefährder, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die vollziehbar ausreisepflichtig sind, müssen unverzüglich abgeschoben werden", forderte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet in der "Bild"-Zeitung. Für diese Gruppe abgelehnter Asylbewerber müsse "die Abschiebehaft maximal ausgedehnt werden". Der CSU-Innenpolitiker Stefan Mayer setzte sich in der "Passauer Neuen Presse" dafür ein, einen neuen Haftgrund zu schaffen für Ausreisepflichtige, "von denen eine unmittelbare Gefahr ausgeht".

Grüne: Kaum einfache Lösungen

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter dagegen sieht keinen Bedarf für eine Rechtsänderung: "Nach allem, was man bislang erkennen kann, haben wir im vorliegenden Fall kein Gesetzesdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Auch der Direktor des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik, Ulrich Becker, sieht den Ruf nach Gesetzesverschärfungen kritisch - es müsse vielmehr darum gehen, praktische Hindernisse für Abschiebungen zu beseitigen, so der Juraprofessor von der Ludwig-Maximilians-Universität München.

In der Debatte um die politischen Folgen des Berliner Anschlags geht es auch darum, ob die Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Bei Bürgern dieser drei Länder könnten damit beschleunigte Asylverfahren möglich werden. Die Grünen lehnen dies ab: Dieser Fall habe "nichts mit der Diskussion über die sicheren Herkunftsstaaten zu tun", sagte die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Mona Neubaur der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". CSU-Innenpolitiker Mayer hingegen bezeichnete es in der "Passauer Neuen Presse" als "unerträglich", dass die vom Bundestag bereits beschlossene Einstufung als sichere Herkunftsländer im Bundesrat blockiert werde.

De Maizière dringt auf Abschiebung

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere forderte die SPD und die Grünen auf, ihre Abwehrhaltung bei neuen Asylgesetzen aufzugeben. Wären Tunesien, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft, würden Asylverfahren auch bei Tunesiern schneller und einfacher verlaufen als bisher, sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag". Er habe weder vor dem aktuellen Fall noch danach Verständnis für die Blockadehaltung der Grünen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich unterdessen gegen einen Richtungswechsel in der europäischen Flüchtlingspolitik ausgesprochen. "Europa muss den Menschen, die aus den Kriegsgebieten und vom Terror fliehen, Zuflucht bieten", sagte Juncker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er forderte, Flüchtlinge nicht "unter einen Terrorismus-Generalverdacht zu stellen". Auch einer "Rhetorik der Ausgrenzung" sollte niemand folgen: "Unsere Werte, unsere Art des Zusammenlebens in Freiheit, im Miteinander und in Offenheit sind die besten Waffen gegen den Terror", sagte Juncker.

Quelle: ntv.de, sba/dpa

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