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Israels Premier verteidigt Krieg Als Netanjahu sprechen will, verlassen Dutzende Diplomaten den UN-Saal

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Während Lautsprecher seine Worte bis zu den Geiseln in Gaza tragen sollen, wollen Dutzende Diplomaten dem israelischen Premierminister lieber nicht zuhören. Noch bevor Benjamin Netanjahu seine Rede bei den UN beginnen kann, leert sich der Saal. Der Regierungschef gibt sich davon unbeeindruckt.

Zu Beginn der Rede des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei der UN-Generaldebatte haben Dutzende Diplomaten den Sitzungssaal verlassen. Sie gingen aus Protest in langen Schlangen aus dem Raum in New York. Dieser war am Morgen (Ortszeit) zu Beginn der Sitzung ohnehin nur spärlich gefüllt. Netanjahu wartete mit stoischem Blick am Podium den Protest ab und erhielt währenddessen auch vereinzelten demonstrativen Applaus, vor allem aus Israels Delegation. Während seiner ersten Worte gab es weitere Zwischenrufe.

Wegen der aggressiven Kriegsführung im Gazastreifen hatten sich zuletzt auch immer mehr westliche Partner von der israelischen Regierung abgewandt. So erkannten Großbritannien, Frankreich und Kanada zuletzt einen Staat Palästina an. Netanjahu wirft ihnen vor, damit den Terrorangriff der Hamas vor fast zwei Jahren auf Israel zu belohnen.

In seiner Rede vor den UN wies Netanjahu indes den Vorwurf des Völkermords als haltlos zurück. Israel werde beschuldigt, die Menschen im Gazastreifen gezielt hungern zu lassen, sagte er. Tatsächlich versorge Israel sie jedoch mit ausreichenden Lebensmitteln. Wenn es an Nahrung fehle, dann weil die radikal-islamische Hamas und andere bewaffnete Gruppen diese stehlen würden. Zudem würde die Zivilbevölkerung über unzählige Flugblätter und andere Benachrichtigungen im Vorfeld von Militäraktionen gewarnt. Eine UN-Kommission hatte zuvor einen Bericht vorgelegt, demzufolge bei Israels Krieg im Gazastreifen vier der fünf notwendigen Tatbestände für Völkermord erfüllt seien. Die Armee begehe dort einen Genozid, so das Komitee.

Netanjahu zählte während seiner rund 40 Minuten langen Rede israelische Erfolge gegen die Hamas und andere vom Iran unterstützte militante Gruppen auf. Er erinnerte an den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge rund 1200 Menschen getötet und 251 Geiseln genommen. Von diesen befinden sich demnach noch 48 im Gazastreifen, die meisten davon sind allerdings tot. "Ein Großteil der Welt erinnert sich nicht mehr an den 7. Oktober. Aber wir erinnern uns", sagte Netanjahu.

Einsatz im Gazastreifen soll "so schnell wie möglich beendet" werden

Bei der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen sind nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden mehr als 65.000 Menschen getötet worden. Große Teile des Gebiets liegen in Trümmern. Israel hat nach den Worten Netanjahus die radikal-islamische Hamas inzwischen weitgehend zerschlagen. Der "Großteil der Terrormaschine der Hamas" sei vernichtet worden, sagte Netanjahu vor der UN-Vollversammlung in New York. Er warnte jedoch, dass von der Hamas weiterhin eine Gefahr für Israel ausgehe.

Deshalb müsse Israel "den Job" in seinem Kampf gegen die Hamas "so schnell wie möglich beenden", betonte Netanjahu in der Generaldebatte der Vollversammlung. Die israelische Armee hatte ihre Angriffe im Gazastreifen zuletzt nochmals ausgeweitet und führt eine massive Offensive aus der Luft und mit Bodentruppen gegen die Stadt Gaza im Norden des Palästinensergebiets aus. Die Stadt ist laut Angaben des israelischen Militärs eine der letzten Hochburgen der Hamas.

An die noch verbliebenen, lebenden Geiseln gewandt, sagte Netanjahu: "Wir vergessen euch nicht, wir bringen jeden von euch nach Hause." Die Terroristen der Hamas forderte er auf, ihre Waffen niederzulegen und alle Geiseln freizulassen. "Wenn ihr das tut, werdet ihr leben. Wenn nicht, wird Israel euch jagen."

Die Rede des israelischen Regierungschefs sollte über riesige Lautsprecher auch im Gazastreifen zu hören sein. Deswegen sprach Netanjahu die Geiseln direkt an. Sein Büro hatte zuvor mitgeteilt, dass Boxen auf Lastwagen an der Grenze zu dem umkämpften Küstenstreifen aufgebaut wurden. Israelische Soldaten würden durch diese Aktion nicht gefährdet.

Gründung eines Palästinenserstaats "purer Wahnsinn"

Netanjahu nannte die Gründung eines Palästinenserstaats "puren Wahnsinn". Dies nach dem 7. Oktober zu tun, sei so, als würde man Al-Kaida nach dem 11. September einen Staat in der Nähe von New York City geben, sagte er vor der UN-Vollversammlung. "Wir werden das nicht tun." Israel werde nicht zulassen, dass westliche Staaten ihm einen "Terrorstaat" aufzwängen.

Die Palästinensische Autonomiebehörde bezeichnete der israelische Regierungschef als "durch und durch korrupt". Er habe seit Jahrzehnten Versprechungen über eine Reform der Behörde gehört, die jedoch nie umgesetzt worden seien, sagte er. Die anhaltende Ablehnung eines jüdischen Staates durch die Palästinenser sei es, was den Konflikt seit über einem Jahrhundert antreibe.

Quelle: ntv.de, fzö/rts/dpa

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