Attacke im Wahlkampf Angreifer sticht "Trump Brasiliens" nieder
07.09.2018, 07:06 Uhr
Aus der Menge heraus greift ein Mann mit einem Messer den Rechtspopulisten Jair Bolsonaro an. Der brasilianische Präsidentschaftskandidat erleidet lebensgefährliche Verletzungen. Die Polizei kann den mutmaßlichen Täter festnehmen.
Ein Angreifer hat den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Jair Bolsonaro bei einer Wahlkampfveranstaltung im Süden von Brasilien mit einem Messer verletzt. Bolsonaro habe "eine Bauchwunde erlitten, die durch einen scharfen Gegenstand verursacht wurde", teilte das behandelnde Krankenhaus in der südöstlichen Stadt Juiz de Fora nach dem Angriff am Donnerstag mit. Sein Zustand sei "stabil". Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen und erklärte, er habe "auf Anweisung Gottes" gehandelt.
Bolsonaro habe "drei schwere Einstiche in den inneren Organen", sagten die Ärzte bei einer Pressekonferenz. Dadurch seien innere Blutungen ausgelöst worden. Nach einer Notoperation sei der Zustand des 63-Jährigen aber stabil.
Der Sohn des rechten Politikers, Flavio Bolsonaro, hatte zunächst angegeben, die Verletzung sei nur oberflächlich gewesen, seinem Vater gehe es gut. Später twitterte er: "Bedauerlicherweise war es schlimmer, als wir dachten. Auch die Leber, die Lunge und der Darm wurden verletzt. Er verlor viel Blut, erreichte fast tot das Krankenhaus". Die nächsten 48 Stunden seien entscheiden für die Genesung des Patienten, berichtete die Zeitung "Folha de São Paulo" unter Berufung auf die Ärzte. Weil die Wunde sich in der Nähe des Verdauungstrakts befinde, bestehe das Risiko einer Infektion, hieß es.
Verdächtiger festgenommen
Auf einem Video war zu sehen, wie Bolsonaro auf den Schultern seiner Anhänger durch die Stadt Juiz de Fora im Bundesstaat Minas Gerais getragen wird. Plötzlich zuckt der Politiker zusammen und krümmt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht. Es ist eine Klinge zu erkennen, die vom Körper weggezogen wird.
Ein Sprecher der Militärpolizei sagte, ein 40-jähriger Mann sei festgenommen worden. Er habe ein in Stoff gewickeltes Messer bei sich getragen. Bei dem Verdächtigen handle es sich um einen ehemaligen Aktivisten einer äußerst linksgerichteten politischen Partei. Einem vorläufigen Bericht der Militärpolizei zufolge sagte der Mann nach seiner Festnahme, er habe "aus persönlichen Gründen" und "auf Anweisung Gottes" gehandelt. Auf einem Polizeivideo sagte der Mann: "Wer mich leitet, ist der Gott, dem ich diene."
Pedro Augusto Lima Possa, der Anwalt des mutmaßlichen Angreifers, sagte im Sender TV Globo, sein Mandant habe "aus religiösen und politischen Motiven gehandelt, und auch wegen der Vorurteile, die Bolsonaro jedes Mal zeigt, wenn er von Ethnien, Religion oder Frauen spricht".
22 Prozent der Wähler für Bolsonaro
Bolsonaro ist der Favorit bei der Präsidentenwahl am 7. Oktober, seit ein Gericht die Kandidatur des inhaftierten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva untersagt hat. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ibope wollen 22 Prozent der Wähler für den früheren Fallschirmjäger Bolsonaro stimmen. Dass er aber auch in der erwarteten Stichwahl gewinnen könnte, gilt als unwahrscheinlich.
Der Ex-Militär hetzt gegen Homosexuelle und Schwarze und verherrlicht die Militärdiktatur. Immer wieder schockiert er mit Entgleisungen. Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, "weil sie sehr hässlich ist". Die Anhänger von Lulas linker Arbeiterpartei sollten erschossen werden, sagte er ein anderes Mal.
Der "Trump Brasiliens" mischt zwar schon lange im Politikbetrieb mit, präsentiert sich neuerdings aber als Anti-System-Kandidat. Im Falle eines Wahlsiegs will er Ministerposten mit Militärs besetzen und angesichts der eskalierenden Kriminalität die Bevölkerung bewaffnen.
Trotz aller ideologischer Unterschiede verurteilten Politiker aller Couleur den Anschlag auf Bolsonaro. Präsident Michel Temer nannte den Angriff "nicht hinnehmbar", der linke Präsidentschaftskandidat Ciro Gomes sprach von "Barbarei" und Lulas Nachfolger Fernando Haddad schrieb auf Twitter: "Ich verurteile jede Gewalttat und wünsche Jair Bolsonaro gute Besserung." Brasiliens Präsident Michel Temer verurteilte den Angriff ebenfalls und wies seinen Sicherheitsminister Raul Jungmann an, die Sicherheit für Kandidaten zu verstärken und umfassend zu ermitteln, wie ein Präsidentensprecher sagte.
Quelle: ntv.de, cam/dpa/AFP