Lagarde will mit Erwachsenen reden Athen wird zur Chefsache
18.06.2015, 21:30 Uhr
IWF-Chefin Lagarde macht sich auf der Pressekonferenz Luft.
(Foto: dpa)
Nach den gescheiterten Gesprächen der Euro-Finanzminister zur Griechenland-Krise schalten sich die Staats- und Regierungschefs der Euroländer ein, für Montag wird ein dringender Sondergipfel angesetzt. Der griechische Finanzminister Varoufakis warnt vor einem "Unfall".
Wie kann man Griechenland vor dem Staatsbankrott retten? Eine Antwort darauf zu finden ist nach dem Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg noch schwieriger geworden. Teilnehmer des Treffens zeigten sich enttäuscht und sprachen von einer "tragischen" Zusammenkunft. Die Fronten zwischen Athen und den internationalen Geldgebern sind vollkommen verhärtet.
Nach anderthalb Stunden gehen die Politiker ohne Einigung aus ihren Gesprächen. Für den kommenden Montag hat EU-Gipfelchef Donald Tusk nun ein Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Euroländer zu Griechenland einberufen. "Es ist Zeit, dringend über die Lage in Griechenland auf höchster politischer Ebene zu sprechen", so Tusk. Das Krisentreffen wird nur wenige Tage vor dem regulären EU-Gipfel stattfinden, der für Donnerstag und Freitag geplant ist.
Der griechische Finanzminister Varoufakis sagte vor dem Treffen, Ziel müsse es sein, ein "kostspieliges Zerwürfnis durch einen wirksamen Konsens zu ersetzen". Danach gab er an, einen "umfassenden Vorschlag" vorgestellt zu haben, "um die griechische Krise ein für alle Mal zu beenden". Laut Diplomaten warb Varoufakis erneut für einen Schuldenschnitt, blieb aber die geforderten konkreten Reformvorschläge schuldig.
Nehmen die Gläubiger den "Graccident" hin?
Die griechische Seite habe zu wenige Vorschläge für Maßnahmen auf den Tisch gelegt, die verlässlich und ernsthaft genug seien, sagte auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. IWF-Chefin Christine Lagarde fand noch schärfere Worte: "Das Drängendste ist, dass wir einen Dialog mit Erwachsenen im Raum wiederherstellen."
"Der Ball liegt eindeutig im griechischen Feld", fügte Dijsselbloem hinzu. "Die Zeit läuft ab." Man habe ein deutliches Signal an die griechische Regierung gesandt, dass diese mit den Institutionen im Rahmen der Vereinbarungen der Eurogruppe vom 20. Februar umfassend zusammenarbeiten sollten. Eine mögliche Einigung müsse sowohl für Griechenland als auch den Rest der Eurozone verlässlich sein.
Varoufakis warnte, dass man sich gefährlich einer Gefühlslage annähere, die "einen Unfall hinnimmt". Er kritisierte, dass bei den Verhandlungen der Euro-Gruppe allein die griechische Seite zur Verantwortung gezogen werden sollte. Er selber werde noch nicht mal anfangen, über einen Euro-Austritt nachzudenken: "Sich den Rückbau der Währungsunion überhaupt vorzustellen, würde das Wohlergehen der Europäer gefährden und nicht nur derer, die in der Eurozone leben."
Dijsselbloem schloss ein weiteres Treffen der Euro-Finanzminister sogar noch vor dem Sondergipfel nicht aus. Solche Treffen würden üblicherweise durch die Eurogruppe vorbereitet, sagte er. Hauptziel des Gipfels sei aus seiner Sicht, die Staats- und Regierungschefs des Währungsgebietes "zu informieren". Wenn es neue Vorschläge Griechenlands gebe, könnten "weitere Schritte" unternommen werden. Es sei aber "zu früh", um zu sagen, ob es dazu komme. Dies hänge davon ab, ob Athen "glaubwürdige" Vorschläge unterbreite.
Letztes Angebot?
Dijsselbloem hält es für undenkbar, dass vor dem 30. Juni eine mögliche Vereinbarung mit Griechenland umgesetzt wird und eine Auszahlung an das Land erfolgt. Sollte es zu einer Vereinbarung kommen, müsste das aktuelle Hilfsprogramm verlängert werden, um Zeit für die Auszahlung zu gewinnen.
Zuvor hatten bereits Medienberichten über eine Verlängerung des Rettungsprogramms bis Ende des Jahres die Runde gemacht. Wie die "Zeit" berichtete, wolle die EZB der griechischen Regierung erlauben, für zwei Milliarden Euro zusätzliche kurz laufende Staatsanleihen auszugeben. Als Gegenleistung werde von Griechenland erwartet, die vereinbarten Reformauflagen umzusetzen. Der IWF habe bei der Verlängerung nicht mitmachen wollen, hieß es.
Es werde keinen Zahlungsaufschub mehr geben, machte IWF-Chefin Lagarde nach dem Treffen noch mal deutlich. "Wenn es am 1. Juli nicht gezahlt ist, dann ist es nicht gezahlt."
Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Geldgebern über die Bedingungen für die Auszahlung ausstehender Finanzhilfen in Höhe von 7,2 Milliarden Euro. Streit gibt es vor allem über von den Gläubigern geforderte Einschnitte bei den Renten und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Bis das griechische Hilfsprogramm Ende Juni ausläuft, bleiben nur noch wenige Tage. Dann droht Griechenland der Staatsbankrott.
Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts/AFP