Israel legt Beschwerde ein Auswärtiges Amt stellt sich vor Botschafter Seibert
18.09.2023, 15:16 Uhr Artikel anhören
Steffen Seibert, einst Journalist und Regierungssprecher, ist seit August 2022 Botschafter in Israel.
(Foto: dpa)
Steffen Seibert ist ein Mann der gemäßigten Worte. Mit einem Video anlässlich einer Beratung des Obersten Gerichts erzürnt der deutsche Botschafter jedoch die Regierung in Israel. Das Auswärtige Amt versteht die Kritik nicht und spricht von einer "gängigen Praxis".
Das Auswärtige Amt in Berlin hat den deutschen Botschafter Steffen Seibert gegen Kritik aus Israel verteidigt. "Das Verfolgen relevanter politischer, auch innenpolitischer Entwicklungen im Gastland ist eine zentrale Aufgabe von Diplomatinnen und Diplomaten", erklärte eine Ministeriumssprecherin. Seibert steht nach Medienberichten in der Kritik, weil er kürzlich als Zuschauer an einer Beratung des Obersten Gerichts zur umstrittenen Justizreform teilgenommen hatte. Das Auswärtige Amt bezeichnete den Besuch einer solchen Veranstaltung jedoch als "gängige Praxis".
Nach Angaben eines israelischen Repräsentanten soll Außenminister Eli Cohen eine offizielle Beschwerde über Seibert an Berlin übermittelt haben. Darin werde dem deutschen Botschafter die Einmischung in innere Angelegenheiten vorgeworfen, berichteten israelische Medien. Ein Ministeriumssprecher versicherte hingegen bei der Regierungspressekonferenz in Berlin: "Im Auswärtigen Amt ist keine Beschwerde Israels eingegangen."
Den Medienberichten zufolge, die der mit den Details vertraute israelische Repräsentant bestätigte, wurde die offizielle Beschwerde über den israelischen Botschafter in Berlin, Ron Prosor, an das Auswärtige Amt übermittelt. Auf die Frage, ob sich der Botschafter möglicherweise direkt an Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen gewandt hat, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts: "Das ist mir nicht bekannt." Baerbock ist in New York, wo in dieser Woche die Generaldebatte zur Vollversammlung der Vereinten Nationen ansteht.
"Ich denke, etwas Wichtiges geschieht hier"
Seibert hatte in der vergangenen Woche als Zuschauer an einer Sitzung des Obersten Gerichtshofs Israels teilgenommen, in der es um die umstrittene Justizreform der rechtskonservativen Regierung ging. "Ich denke, etwas Wichtiges geschieht hier für die israelische Demokratie", sagte Seibert anlässlich der Anhörung in einem beim Onlinedienst X veröffentlichten Video. "Wir als Freunde Israels schauen mit großem Interesse auf das Oberste Gericht. Das wollte ich mir ansehen."
Das israelische Parlament hatte das bei der Anhörung geprüfte Gesetz zur Einschränkung der Befugnisse der Justiz im Juli trotz Massenprotesten mit knapper Mehrheit verabschiedet. Nach Ansicht der Kritiker untergräbt die Reform die Justiz als wichtigen Pfeiler der israelischen Demokratie.
Seibert war bereits in der Vergangenheit von israelischer Seite kritisiert worden, nachdem er als Privatmann bei einer alternativen Gedenkveranstaltung israelischer und palästinensischer Familien zugegen gewesen war. Sie gedachten dabei ihrer Angehörigen, die im Konflikt beider Seiten getötet worden waren.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa