Verstoß gegen das Grundgesetz BND belauschte deutschen Diplomaten
11.11.2015, 11:21 Uhr
Über die Radarkuppeln der BND-Abhörstationen werden Kommunikationsströme eingefangen.
(Foto: dpa)
Eigentlich dürfen deutsche Staatsbürger nicht vom hiesigen Auslandsgeheimdienst bespitzelt werden - doch die Spionagewut des BND kennt offenbar auch innerhalb Deutschlands keine Grenzen.
In der Affäre um die Spionageziele des Bundesnachrichtendienstes (BND) gibt es neue brisante Vorwürfe. Nach Informationen des Senders RBB-Inforadio soll der Geheimdienst auch den Diplomaten Hansjörg Haber abgehört haben, der als Deutscher eigentlich vom Grundgesetz geschützt wird. Ausnahmen gibt es nur dann, wenn die G10-Kommission des Bundestages zuvor eine Abhör-Aktion genehmigt hat.

Die neuen Enthüllungen könnten BND-Chef Gerhard Schindler erneut in Erklärungsnot bringen.
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Wann genau und wie lange der Diplomat abhört wurde, ist dem Bericht zufolge noch unklar. Haber war von 2008 bis 2011 Leiter der EU-Beobachtermission in Georgien und leitete danach den Planungsstab des Diplomatischen Dienstes der EU in Brüssel. Derzeit arbeitet er als EU-Botschafter in der Türkei. Seine Ehefrau ist Emily Haber, die 2014 als Staatssekretärin ins Bundesinnenministerium geholt wurde.
Schon vor drei Wochen hatten BND-Präsident Gerhard Schindler und das Kanzleramt eingeräumt, dass auch der BND Spionage "unter Freunden" betrieben hat. Die Abhör-Aktionen seien aber im Oktober 2013 gestoppt worden, nachdem die NSA-Affäre ans Licht gekommen war und Bundeskanzlerin Angela Merkel das Vorgehen der USA offen kritisiert hatte.
Frankreichs Außenminister abgehört
In den vergangenen zwei Wochen haben Geheimdienstkontrolleure des Bundestages - darunter der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele - die sogenannten Selektoren, mit deren Hilfe der BND seine Ziele ausspioniert hat, geprüft. 900 Seiten stark soll die Datenliste gewesen sein. Einen entsprechenden Zwischenbericht will das Parlamentarische Kontrollgremium noch bis zum Abend vorlegen.
Die Ergebnisse könnten nach Informationen des RBB auch außenpolitisch zu einem diplomatischen Gewitter führen. Denn offenbar ist der französische Außenminister Laurent Fabius ebenfalls abgehört worden. Zu den weiteren Zielen, die mit dem Auftragsprofil des BND kaum in Einklang zu bringen seien, gehören dem Bericht zufolge der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, das UN-Kinderhilfswerk Unicef, die Weltgesundheitsorganisation WHO, das FBI sowie zahlreiche europäische und amerikanische Firmen, darunter das US-Rüstungsunternehmen Lockheed.
Quelle: ntv.de, jug/dpa