"Realität ins Auge blicken" Baerbock sieht derzeit mit Putin keine Friedens-Verhandlungen
16.07.2023, 04:18 Uhr Artikel anhören
"Mit jedem Tag des Kriegs versuchen wir alles, was uns zur Verfügung steht, zu leisten, damit die Ukraine diesen Krieg gewinnen kann", sagt Baerbock.
(Foto: picture alliance/dpa)
Wie könnte der russische Überfall auf die Ukraine möglichst schnell beendet werden? Außenministerin Baerbock erklärt in einem Interview, dass Verhandlungen mit Kremlchef Putin derzeit keine Option seien. Unterdessen bittet Ex-Boxweltmeister Klitschko die Deutschen um Ausdauer.
Außenministerin Annalena Baerbock sieht absehbar keine Grundlage für Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über die Ukraine. "Ich wünschte mir, dass wir verhandeln könnten. Aber derzeit geht es nicht (darum), was man sich wünscht, sondern derzeit geht es darum, der Realität ins Auge zu blicken", sagte die Grünen-Politikerin auf die Frage, ob man mit Putin verhandeln könne, in einem gemeinsamen Interview mit Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko für "Bild", "Welt" und "Politico".
Die Außenministerin verwies darauf, dass in der Zeit vor dem Angriffskrieg versucht worden sei, am Verhandlungstisch eine weitere Eskalation zu verhindern. "Die Antwort darauf war, dass 100.000 Soldaten einmarschiert sind." Man versuche jeden Tag, dass mit Russland wieder normal geredet werden könne - dass dieses Land diplomatisch dahin zurückkomme, dass Frieden das Allerwichtigste sei. "Nur das ist leider nicht die Realität. Die Realität ist ein brutaler russischer Angriffskrieg."
Die Ukraine müsse den Frieden zurückgewinnen können, sagte Baerbock. "Das funktioniert nur, wenn dieser brutale russische Angriffskrieg beendet wird, wenn die russischen Soldaten die Ukraine verlassen und diese tagtäglichen nächtlichen Angriffe per Drohnen, per Raketen, per Bomben auf die Ukraine aufhören." Baerbock würde sich zudem eine noch stärkere militärische Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen die russische Armee wünschen - wenn dies möglich wäre.
Material "nicht einfach herbeizaubern"
"Mit jedem Tag des Kriegs versuchen wir alles, was uns zur Verfügung steht, zu leisten, damit die Ukraine diesen Krieg gewinnen kann", sagte sie. "Wir können nur leider nicht zaubern, ansonsten wäre dieser Krieg zu Ende." Deutschland könne beispielsweise weiteres Material wie zum Beispiel dringend benötigte Luftabwehr "nicht einfach herbeizaubern", sagte Baerbock. Es müsse nun geprüft werden, wo die Unterstützung besser werden könnte. Konkret nannte Baerbock mögliches Gerät für die Räumung und Überwindung von durch die russischen Truppen verminten Gebieten.
Derweil hat der Ex-Boxweltmeister Klitschko an die Deutschen appelliert, bei der Unterstützung der Ukraine nicht nachzulassen, auch wenn Russlands Angriffskrieg noch lange andauern sollte. "Wir wissen nicht, wie lange es dauern wird. Bitte unterstützen Sie uns, bitte nicht schwach werden", sagte er in dem gemeinsamen Interview. Ausdauer spiele im Kampf gegen die russischen Besatzer "die entscheidende Rolle", sagte Klitschko.
Der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko widersprach zudem nachdrücklich der von einigen Politikern aus NATO-Staaten geäußerten Auffassung, die Ukraine habe für die Gegenoffensive alles bekommen, was sie benötige: "Das stimmt nicht. Wir haben nicht alles bekommen, was wir brauchen", sagte Klitschko. Diese Aussagen seien "inakzeptabel". Sein Land benötige schnell Kampfjets und Hubschrauber, um sich gegen Kamikazedrohnen und Raketen zu schützen, aber auch an der Front. "Unsere besten Leute - Männer und Frauen - fallen", sagte Klitschko. Das sei "eine Zeitbombe". Um schnell agieren und überlegen kämpfen zu können, benötige sein Land moderne Waffen.
Quelle: ntv.de, ses/dpa/AFP