Die Kriegsnacht im Überblick Befehlshaber melden sich angeblich aus Asowstal-Werk - Weitere Zivilisten im Donbass getötet
20.05.2022, 07:34 Uhr
Die Ukraine kann ihren Abwehrkampf gegen Russland mit neuen milliardenschweren Hilfen aus den USA fortführen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte für die Hilfe. Die ausländischen Partner sollten die Hilfen nicht als Geschenk sehen, betonte er. "Das ist ihr Beitrag zu ihrer eigenen Sicherheit." Aus dem umkämpften Asowstal-Stahlwerk meldeten sich nach eigenen Angaben die letzten ukrainischen Verteidiger in Mariupol zu Wort. In den internationalen Bemühungen um Unterstützung für die Ukraine wollen die Außenminister der Europarats-Staaten an diesem Freitag in Turin in Italien beraten.
"Hölle" im Donbass und angebliches Video aus Asowstal-Werk
Die Kämpfe zwischen russischen und ukrainischen Truppen gingen vor allem im Osten der Ukraine im Donbass weiter. Das Kommando der ukrainischen Kräfte in der Region berichtete am Donnerstag davon, dass 14 feindliche Angriffe abgewehrt worden seien. Überprüfbar waren die Angaben nicht. Erneut wurden viele zivile Todesopfer verzeichnet. Allein im Gebiet Donezk wurden nach Behördenangaben fünf Menschen getötet. Selenskyj bezeichnete die Situation im Donbass als "Hölle". Die Armee arbeite weiter an der Befreiung der Region Charkiw, sagte der Präsident. "Aber im Donbass versuchen die Besatzer, den Druck zu erhöhen. Da ist die Hölle, und das ist keine Übertreibung."
Die Befehlshaber des letzten militärischen Widerstands der Ukraine in Mariupol befinden sich nach eigenen Angaben immer noch im Asow-Stahlwerk. Ukrainische Medien verbreiteten am Donnerstag ein Video mit dem Vize-Kommandeur des Regiments Asow, Swjatoslaw Palamar. "Ich und das Kommando sind auf dem Werkgelände von Asowstal. Es läuft eine gewisse Operation, zu deren Details ich nichts sagen werde", sagte demnach Palamar. Nach russischen Angaben haben sich seit Wochenbeginn 1730 ukrainische Bewaffnete ergeben, die sich in den Bunkern unter dem Stahlwerk verschanzt hatten. Sie seien in Kriegsgefangenschaft genommen worden.
Die USA helfen der Ukraine mit Milliarden
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die jüngsten Militärhilfen westlicher Länder für Kiew als Investition in deren "eigene Sicherheit". "Für unsere Partner sind das nicht einfach nur Ausgaben oder eine Spende", sagte der Staatschef in seiner Videoansprache in der Nacht. "Der Schutz der Ukraine bedeutet ihren eigenen Schutz vor neuen Kriegen und Krisen, die Russland auslösen kann". Der US-Kongress hatte am Donnerstag ein Paket von 40 Milliarden Dollar zur Unterstützung der Kriegsanstrengungen der Ukraine gegen Russland freigegeben. US-Präsident Joe Biden muss das Gesetzespaket noch unterzeichnen.
Von den knapp 40 Milliarden Dollar entfällt rund die Hälfte auf den Verteidigungsbereich. Sechs Milliarden Dollar sind für direkte militärische Hilfe für die Ukraine vorgesehen. Neben direkten Waffenlieferungen sollen mit weiteren Milliardenbeträgen US-Lagerbestände wieder mit militärischer Ausrüstung aufgefüllt werden, die an die Ukraine geschickt wurde. Andere Mittel sind vorgesehen für humanitäre Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine oder für Menschen weltweit, die infolge des Krieges Hunger leiden. Die US-Regierung hatte zuvor schon mehrere große Pakete zur Unterstützung der Ukraine auf den Weg gebracht. In Bonn rechnen die G7-Finanzminister derzeit zudem die weiteren Milliarden zusammen, die jedes Land an Kiew zahlen könnte.
Von der Leyen: Wiederaufbauhilfen für Ukraine an Reformen binden
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlug indes vor, künftige Wiederaufbauhilfen für die Ukraine angesichts des EU-Beitrittswunsches des Landes an Reformen zu koppeln. "Wir werden sowieso den Wiederaufbau der Ukraine mitfinanzieren müssen", sagte von der Leyen am Donnerstag im ZDF bei Maybrit Illner. Dann sei es ihrer Ansicht nach sinnvoll zu sagen: "Ja zu Investitionen, aber gleich mit den notwendigen Reformen, zum Beispiel gegen Korruption oder zum Beispiel für den Aufbau der Rechtsstaatlichkeit."
Melnyk zu schweren Waffen: Eindruck, dass Scholz nicht liefern will
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, warf Bundeskanzler Olaf Scholz erneut eine zögerliche Haltung bei der Lieferung schwerer Waffen vor. "Wir haben den Eindruck, dass der Kanzler nicht liefern will", sagte Melnyk dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bislang seien weder Gepard-Panzer, noch Leopard 1 oder Marder geliefert worden, kritisierte er. Auch der angekündigte Ringtausch mit T-72-Panzern für die Ukraine aus Slowenien habe bisher nicht geklappt. Berlin kündigte unterdessen an, Tschechien in einem sogenannten Ringtausch 15 Leopard-2-Panzer zur Verfügung zu stellen, um damit Lieferungen schwerer Waffen des NATO-Partners an die Ukraine auszugleichen. "Die Auslieferung soll noch dieses Jahr beginnen und auch einen 30-Tage-Vorrat an 120 mm Munition umfassen", teilte das Verteidigungsministerium den zuständigen Obleuten im Bundestag mit. Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor.
Das wird heute wichtig:
- In der Ukraine wird der erste Prozess gegen einen russischen Soldaten wegen eines mutmaßlichen Kriegsverbrechens fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft für den 21-Jährigen, der einen Zivilisten erschossen haben soll.
- Zur Außenministertagung des Europarates kündigte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock an, dass Deutschland mit anderen Staaten die ausfallenden Mitgliedsbeiträge Russlands übernehmen werde. Die Arbeit der Menschenrechtsorganisation dürfe nicht unter dem Ausschluss leiden.
- In Brüssel treffen sich die für Entwicklung zuständigen Minister der EU-Staaten zur internationalen Ernährungslage, weil die Ukraine durch die russische Blockade als wichtiger Getreidelieferant ausfällt.
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Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP