Politik

Zugriff nördlich in Dammartin-en-Goele Beide Attentäter von Paris nach Geiselnahme getötet

Zwei Tage nach dem verheerenden Anschlag auf die Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" ist die Flucht der beiden mutmaßlichen Attentäter zu Ende. Die Polizei tötet die beiden bei einem Angriff auf eine Druckerei in Dammartin-en-Goele, in der sie sich mit einer Geisel verschanzt hatten.

Die Polizei hat die beiden mutmaßlichen Attentäter von Paris getötet. Mit dem Zugriff in Dammartin-en-Goele nordöstlich der französischen Hauptstadt beendete sie die Geiselnehmer der Kouachi-Brüder, die sich dorthin geflüchtet und mit einer Geisel verschanzt hatten. Die Geisel hat nach Angaben der Polizei überlebt. Am späten Nachmittag waren Schüsse und Explosionen zu hören. Über der Druckerei, in der sich die Kouachi-Brüder verschanzt hatten, stiegen weiße Rauchwolken auf. Beide hatten sich dorthin geflüchtet - sie sollen am Mittwoch den Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" verübt haben.

Einige Minuten später landete ein Hubschrauber des Zivilschutzes auf der Druckerei, was ein Zeichen dafür sein könnte, dass die Polizei bereits ihren Zugriff erfolgreich abgeschlossen hat. Der deutsche GSG-9-Gründungskommandeur Ulrich Wegener sagte auf n-tv, dbei den Explosionen könnte es sich seiner Ansicht nach um Blendgranaten gehandelt haben.

2015-01-09T100135Z_1192381626_PM1EB190TSZ01_RTRMADP_3_FRANCE-SHOOTING-HOSTAGE.JPG799276286852996713.jpg

Hinter dieser Fabrik spielen sich in diesen Minuten dramatische Szenen ab.

(Foto: REUTERS)

Ein Kreisabgeordneter von Dammartin-en-Goële, UMP-Mitglied Yves Albarello, sagte dem französischen Fernsehen, die beiden flüchtigen Attentäter hätten verkündet, sie wollten als Märtyrer sterben.

Am Morgen hatte es Schüsse in der Nähe des Ortes und eine Verfolgungsjagd der Polizei nach den beiden Verdächtigen gegeben. Erste Berichte, wonach es zwei Tote und bis zu 20 Verletzte gegeben haben soll, wurden zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft dementiert. Die Terroristen seien auf dem Weg nach Paris gewesen. Nach der Schießerei seien sie in das Industriegebiet des Orts Dammartin-en-Goële gefahren und hätten in einer Druckerei mindestens eine Geisel genommen. Das Gebäude wurde von Scharfschützen umstellt. Mehrere Krankenwagen standen bereit.

Die Gemeinde forderte ihre Bewohner auf, wegen des Anti-Terroreinsatzes die Häuser nicht zu verlassen. Kinder blieben in den Schulen und würden dort gesichert, hieß es.

328C520098563834.jpg3668168964587614729.jpg

Die Einsatzkräfte am Boden werden von fünf Kampfhubschraubern aus der Luft unterstützt.

(Foto: AP)

Zuvor hatten die beiden Verdächtigen laut Polizeikreisen einer Frau ihren Peugeot 206 in dem Ort Montagny-Sainte-Félicité im Département Oise gestohlen. Die Frau hatte die unmaskierten Attentäter erkannt und umgehend die Polizei informiert.

Der Luftraum rund um die Gemeinde in der Nähe des Pariser Flughafens Charles de Gaulle ist gesperrt. Auf dem Flughafen selbst können nur noch wenige Maschinen starten und laden. Lediglich die südlichen Start- und Landebahnen stehen zur Verfügung. Auch das deutet auf einen nahenden Anti-Terror-Einsatz hin.

n-tv berichtet mit einem Liveticker über aktuelle Entwicklungen.

Zuletzt hatte sich die Suche nach den beiden Paris-Attentätern für die französische Polizei zu einem Geduldsspiel entwickelt. Fast 90.000 Soldaten, Mitglieder von Eliteeinheiten und Polizisten suchten nach den Brüdern Chérif und Said Kouachi. Die 32 und 34 Jahre alten Männer sollen für die blutigen Terrorattacke auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" mit zwölf Toten verantwortlich sein.

Weiterer Fahndungserfolg

Derweil hat die Polizei auch den Attentäter identifiziert, der am Donnerstagfrüh am südlichen Pariser Stadtrand eine Polizistin erschossen und einen weiteren verletzt haben soll. Derzeit würden die Verwandten des Gesuchten verhört, schreibt der "Figaro" unter Berufung auf Polizeikreise. Zudem wurde bekannt, dass der Mann kein Einzeltäter ist, sondern der gleichen örtlichen Terrorgruppe angehört wie die Kouachi-Brüder. 

Ausbildung bei Al-Kaida

Einer der beiden mutmaßlichen Attentäter soll nach Angaben des US-Senders CNN im vergangenen Jahr in Syrien gewesen sein. Welcher der beiden Männer dorthin gereist sei, sei allerdings unklar, heißt es in französischen Sicherheitskreisen. Bereits 2005 sei einer der Brüder im Jemen gewesen, sagte die französische Justizministerin Christiane Taubira.

Die Kouachi-Brüder waren nach Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere im Schengen-Raum zur verdeckten Beobachtung ausgeschrieben. Sie seien im Informationssystem der Schengen-Staaten erfasst gewesen.

Zuvor hatten CNN und die "New York Times" berichtet, dass der ältere Bruder Said (34) im Jahr 2011 bei einem Al-Kaida-Ableger im Jemen im bewaffneten Kampf ausgebildet worden sei. Said und Chérif (32) stehen laut CNN auf der allgemeinen Terror-Beobachtungsliste TIDE (Terrorist Identities Datamart Environment). In dieser Liste werden bekannte oder mutmaßliche internationale Terroristen geführt. Die beiden Franzosen stehen auch auf einer No-Fly-Liste, was ihnen Flüge in die USA verwehrt.

Eine Journalistin von "Charlie Hebdo" sagte der "Bild"-Zeitung, die Attentäter hätten Frauen verschont. Ein Täter habe ihr gesagt: "Ich werde dich nicht töten. Du bist eine Frau. Aber denke darüber nach, was du tust! Es ist nicht richtig", sagte die Frau demnach. Danach habe der Attentäter seinem Bruder erklärt: "Wir erschießen keine Frauen!" Unter den Opfern sei allerdings auch die Kolumnistin Elsa Cayat.

Nach dem Fund von Molotow-Cocktails und einer Islamistenflagge in einem Fluchtauto in Paris gehen die französischen Ermittler davon aus, dass das Duo weitere Anschläge geplant hatte. Die Polizei nahm neun Personen aus dem Umfeld der Terroristen in Gewahrsam, wie Innenminister Bernard Cazeneuve bekannt gab. Am kommenden Sonntag wollen sich führende Politiker der EU und USA zu Anti-Terror-Gesprächen in Paris treffen, darunter Bundesinnenminister Thomas de Maizière und US-Justizminister Eric Holder.

Manifest gegen Gewalt

Derweil haben Vertreter des Christentums, des Judentums und des Islam ein gemeinsames Manifest gegen Gewalt veröffentlicht. "Im Namen Gottes darf nicht getötet werden", schreiben ranghohe Vertreter von katholischer und evangelischer Kirche sowie von Juden und Muslimen in ihrer Erklärung in der "Bild"-Zeitung. "Bibel, Tora und Koran sind Bücher der Liebe, nicht des Hasses."

Zu den Unterzeichnern gehören Alois Glück vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime. Außerdem sind die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens und Oberbayerns, Charlotte Knobloch sowie der frühere Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, beteiligt. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel rief Parteien und Verbände zu einer Großkundgebung in Berlin auf.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen