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Amt wartet Gerichtsurteil ab Bericht: Verfassungsschutz will AfD neu einstufen

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Seit fast einem Jahr arbeitet der Verfassungsschutz laut einem Bericht schon an einem neuen Gutachten zur Radikalität der AfD. Das Urteil des Geheimdienstes fällt demnach eindeutig aus. Doch die Beamten wollen wohl noch ein laufendes Gerichtsverfahren abwarten, bevor sie ihre Ergebnisse vorlegen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitet der "Süddeutschen Zeitung" zufolge daran, die gesamte AfD als "gesichert extremistische Bestrebung" einzustufen. Das berichtet die Zeitung unter Berufung auf interne Mails und Vermerke des Inlandsgeheimdienstes. Aktuell stuft der Verfassungsschutz die AfD nur als sogenannten Verdachtsfall ein. Aber ein Team des Bundesamts sitzt dem Bericht zufolge schon seit Monaten daran, ein neues Gutachten zu der Partei zu erstellen.

Das aktuell für die Einstufung der AfD maßgebliche Gutachten des Verfassungsschutzes zur Radikalität der AfD stammt vom Frühjahr 2021. Wie die "SZ" jetzt berichtet, ist seit spätestens März 2023 in internen E-Mails des Bundesamts von einem "AfD-Folgegutachten 2023" die Rede, an dem man arbeite. Im vergangenen April habe in der Behörde ein erster Entwurf einer Gliederung kursiert. Das Dokument listet demnach die schon bekannte Kritik des Verfassungsschutzes an Rassismus und Autoritarismus in der AfD auf. Es enthalte unter der Überschrift "Entwicklung der Partei seit März 2022" aber auch einen vor allem seit der russischen Invasion in der Ukraine relevanten neuen Punkt: "Verhältnis zu Russland".

Dem Bericht zufolge hätte das neue Gutachten im Dezember 2023 fertig sein sollen. Die Klage der AfD gegen ihre Einstufung und daraus folgende Beobachtung durch den Verfassungsschutz habe diesen Zeitplan aber gebremst. Derzeit ist vor dem Oberverwaltungsgericht Münster die Berufungsklage der AfD anhängig. Die Beamten des Verfassungsschutzes wollen das Ende des Prozesses nach Information der "SZ" abwarten, bevor sie ihr neues Gutachten vorlegen.

Die Zeitung zitiert dazu aus internen Mails des Geheimdienstes: Die zu erwartenden "Erwägungen" des Gerichts sollten im neuen AfD-Gutachten noch "möglichst berücksichtigt werden", heißt es darin. Sprich: Man will noch reagieren können, falls das Gericht unerwartete, neue Fragen hat.

Mehrere Landesverbende gesichert rechtsextrem

Inhaltlich ist sich der Verfassungsschutz seiner Sache offenbar sicher. Als einige Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz einmal nachfragten, was man der AfD denn nachweisen müsste, um von einer "Verdichtung" der bisherigen Verdachtsmomente für Rechtsextremismus auszugehen, hätten die Vorgesetzten geantwortet: Es sei nicht nötig, neue Entwicklungen nachzuweisen, schon die bloße "Fortsetzung der verfassungsfeindlichen Bestrebung" komme einer "Verdichtung" der Hinweise auf deren rechtsextreme Gesinnung gleich.

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Die extreme Strömung in der Partei ist aus Sicht des Inlandsnachrichtendiensts aber ohnehin stärker geworden. "Angesichts der zwar abnehmenden, aber weiterhin bestehenden inhaltlichen Heterogenität innerhalb der Partei", so heißt es in einem internen Vermerk des Bundesamts vom vergangenen August, "werden nicht alle Parteimitglieder als Anhänger extremistischer Strömungen betrachtet. Gleichwohl gewinnt das sogenannte solidarisch-patriotische Lager in der Partei zunehmend an Einfluss."

Mit dem solidarisch-patriotischen Lager ist die radikale Strömung der AfD um den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke gemeint. Der Thüringer Landesverband wird ebenso wie die Landesverbände Sachsen und Sachsen-Anhalt von den jeweiligen Landesverfassungsschutz-Ämtern als gesichert rechtsextrem eingestuft. Gleiches gilt für alle vier Ost-Landesverbände der Jugendorganisation Junge Alternative, die anders als die Mutterpartei auch vom Bundesamt schon seit vergangenem Jahr so eingestuft wird. Auf Anfrage der "SZ" lehnte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ab, zu "behördeninternen Arbeitsabläufen" Stellung zu nehmen.

Quelle: ntv.de, mbo

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