Stadt unter Regierungskontrolle Berichte: Ost-Aleppo ist geräumt
22.12.2016, 19:38 Uhr
Ein Mann schwenkt die syrische Flagge, während Busse Rebellen aus Aleppo bringen.
(Foto: imago/Xinhua)
Ein Nervenspiel geht zu Ende: Die letzten Menschen verlassen bei Winterkälte die verbliebenen Rebellengebiete Aleppos. Für die Helfer beginnt nun ein Wettlauf mit der Zeit. Währenddessen spricht Assad von einem Sieg für Syrien, Russland und den Iran.
Die letzten Zivilisten und Kämpfer haben die verbliebenen Rebellengebiete der lange umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo verlassen. Das berichteten mehrere regierungstreue Medien und die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die zweitgrößte syrische Stadt ist nach Angaben aus Damaskus wieder vollständig unter Kontrolle der Regierungstruppen. Dies teilte die Armee am Donnerstagabend mit.
Zuvor hätten die letzten vier Busse mit Rebellen und Zivilisten den belagerten Ostteil Aleppos verlassen, berichtete das staatliche Fernsehen. In der Live-Übertragung des regierungstreuen Kanals Al-Mayadeen waren Freudenschüsse zu hören. Aleppo gehörte im fast sechs Jahre dauernden Bürgerkrieg zu den am stärksten umkämpften Gebieten.
UN: 35.000 Menschen aus Ost-Aleppo gebracht
Nach Angaben der Vereinten Nationen haben seit dem Beginn der Evakuierung Ost-Aleppos vor einer Woche mindestens 35.000 Menschen Ost-Aleppo verlassen. Die gewöhnlich gut informierte Beobachtungsstelle berichtet dagegen von maximal 27.000 Menschen, darunter 7000 Kämpfer der Rebellen. Sie wurden in Gebiete unter Kontrolle von Rebellen südwestlich von Aleppo gebracht.
"Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und gegen den Winter, um den Menschen eine Unterkunft, Wärme und Unterstützung zu bieten", sagte der UN-Nothilfekoordinator für Syrien, Jan Egeland, in Genf. Fünf Jahre Krieg hätten bei den Betroffenen Spuren hinterlassen. Der UN-Nothilfekoordinator forderte vollen und umfassenderen Zugang zu den bisherigen Rebellengebieten in Ost-Aleppo.
UN-Beobachter vor Ort
Zur Überprüfung der Evakuierung hat die UNO 31 Beobachter vor Ort entsandt. Die "internationalen und nationalen" Beobachter stünden derzeit vor dem Viertel Ramussa im Süden der Stadt, hieß es vom UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten in Genf. Etwa hundert andere UN-Mitarbeiter, größtenteils Syrer, befänden sich bereits in Aleppo - aber nicht als Beobachter. Das Bundesaußenministerium forderte, dass weitere UN-Mitarbeiter einreisen können.
Mit dem Ende der Kämpfe in Aleppo ist der Bürgerkrieg in Syrien nicht zu Ende. Das Land ist weiter in Herrschaftsgebiete der Regierung, der Kurden, diverser Rebellen und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterteilt. Türkische Truppen und verbündete Milizen rücken in blutigen Kämpfen gegen den IS und gegen die Kurden vor. Ein US-geführtes Bündnis fliegt Angriffe gegen die Extremisten.
Al Assad: Auch Sieg für die Verbündeten
Syriens Präsident Baschar al-Assad rühmte den Erfolg der Regierungstruppen in Aleppo als einen Sieg auch für die syrischen Verbündeten. "Die Befreiung Aleppos vom Terrorismus ist ein Sieg nicht nur für Syrien, sondern für jeden, der derzeit zur Bekämpfung des Terrorismus beiträgt, besonders für den Iran und Russland", sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana. "Gleichzeitig ist es ein Rückschlag für alle Länder, die dem syrischen Volk feindlich gesinnt sind." Syriens Regime bezeichnet generell alle bewaffneten Gegner als Terroristen, auch gemäßigtere Gruppen.
Regierung und Regimegegner hatten sich auf den Abzug der Kämpfer und Zivilisten aus den letzten Rebellengebieten geeinigt, die von dort in Bussen und Autos abzogen. Im Gegenzug durften auch rund 1000 Menschen die von Rebellen belagerten Orte Fua und Kafraja im Nordwesten Syriens verlassen. Dort wohnen vor allem Schiiten. Die Evakuierung der beiden Orte sei fast abgeschlossen, sagte Egeland.
Dutzende Tote bei Luftangriffen
Bei türkischen Luftangriffen auf die vom IS gehaltene nordsyrische Stadt Al-Bab kamen unterdessen mindestens 47 Zivilisten ums Leben, teilte die Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Zudem wurden nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan rund 200 IS-Kämpfer und 16 türkische Soldaten getötet. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, mehr als 30 türkische Soldaten seien verwundet worden. Das IS-Sprachrohe Amak meldete, der türkischen Armee seien hohe Verluste beigebracht worden.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP