Politik

Zwei Millionen Kriegsflüchtlinge Berlin schlägt Alarm, Kritik an zögernden Briten

Eine weinende Frau mit einem Kind im Arm am Grenzübergang im polnischen Medyka.

Eine weinende Frau mit einem Kind im Arm am Grenzübergang im polnischen Medyka.

(Foto: Visar Kryeziu/AP/dpa)

Die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine hat die Marke von zwei Millionen überschritten. Mehr als die Hälfte von ihnen wurden demnach von Polen aufgenommen. Aber auch in Deutschland kommen immer mehr Menschen aus der Ukraine an.

Aus der Ukraine sind seit Beginn des russischen Einmarschs mehr als zwei Millionen Menschen geflohen. Das melden die Vereinten Nationen. Die meisten Menschen seien nach Polen sowie nach Ungarn, Rumänien, Moldau und in die Slowakei gegangen, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). Nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) waren darunter gut 100.000 Menschen aus Drittstaaten. Die Ukraine zählte vor Beginn des Kriegs mehr als 44 Millionen Einwohner.

Auch in Deutschland steigt die Zahl der Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten. Seit Beginn der russischen Invasion habe die Bundespolizei 64.604 Kriegsflüchtlinge aus dem osteuropäischen Land festgestellt, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums mit. Das sind etwa 14.000 Geflüchtete mehr als am Tag zuvor. Die Bundespolizei führe zwar momentan verstärkte Kontrollen durch. Da es an den EU-Binnengrenzen aber keine stationären Kontrollen gebe, "kann die Zahl der nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlinge tatsächlich bereits wesentlich höher sein", räumte der Sprecher ein.

Die britische Regierung gerät derweil wegen ihrer Zurückhaltung bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge immer stärker in die Kritik. Verteidigungsminister Ben Wallace räumte in einem BBC-Interview ein: "Wir können und werden mehr tun" - er verteidigte das bisherige Vorgehen aber dennoch als "großzügig". Bislang hat das Land im Rahmen eines ausgeweiteten Visa-Programms für Familienangehörige von in Großbritannien lebenden Ukrainern lediglich 300 Flüchtlinge aufgenommen, wie aus Zahlen des Innenministeriums hervorgeht. Insgesamt gibt es demnach bislang 17 700 Anträge von Familienangehörigen, die nach Großbritannien kommen wollen.

Trotz der bislang vergleichsweise geringen Aufnahme an Schutzsuchenden rühmte sich die britische Regierung mit dem "ersten Visa-Programm der Welt seit Präsident Putins Invasion in die Ukraine". Die EU-Staaten nehmen Asylsuchende aus der Ukraine ohne Visa auf. In Deutschland erhalten die ankommenden Menschen dann einen vorübergehenden Schutz als Kriegsflüchtlinge. Damit können sie eine Arbeitserlaubnis und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und einen Krankenversicherungsschutz beanspruchen.

NRW will Krisenstab aktivieren

Der Berliner Senat dringt derweil auf eine bessere Verteilung der Kriegsflüchtling. Sozialsenatorin Katja Kipping sagte dem RBB-Sender Radio Eins: "Wenn wir eine gute Unterbringung für die Flüchtlinge wollen, ist es wichtig, dass die anderen Bundesländer mit zum Einsatz kommen." Flächenländer hätten noch mal ganz andere Möglichkeiten der Unterbringung als man das in so einer Stadt hat, sagte die Sozialsenatorin mit Blick auf Berlin. Bislang sei die Situation so, dass alle Busse zunächst nach Berlin kommen, sagte Kipping. Von dort steuerten sie dann in eine andere Richtung, wo sie womöglich gleich von Polen aus hätten hinfahren können.

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Die SPD im Düsseldorfer Landtag fordert unterdessen wegen der neuen Flüchtlingssituation die Aktivierung des Krisenstabs der Landesregierung. "Wir müssen vorbereitet sein auf die Situation, die auf uns zukommen kann", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. "Auf unsere Kommunen wird eine Mammut-Aufgabe zukommen." Sie bräuchten "umfassende Hilfe des Landes. Sowohl finanziell, als auch organisatorisch." Die Opposition wittert in der Lage Probleme durch die aufgeteilten Zuständigkeiten bei Innen-, Flüchtlings- und Heimatministerium. Deshalb, so Kutschaty, schlagen man die Aktivierung des Krisenstabs vor - "um jederzeit Herr der Lage zu sein und koordinierend und steuernd eingreifen zu können."

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen warnt davor, die zweite Flüchtlingswelle aus der Ukraine werde hilfsbedürftiger als die erste sein. "Wenn der Krieg weitergeht, werden wir es mit Menschen zu tun haben, die weder Ressourcen noch Verbindungen ins Ausland haben", sagt UNHCR-Chef Filippo Grandi. Damit werde die Situation in den europäischen Ländern schwieriger, noch mehr Solidarität von jedermann in Europa und anderen Gegenden werde nötig sein.

Quelle: ntv.de, tno/AFP/rts/dpa

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