Einmarsch schon beschlossen? Bidens Warnung soll auf Kreml-Befehl beruhen
21.02.2022, 01:46 Uhr
Ein zehntägiges Manöver von Belarus und Russland sollte am Sonntag zu Ende gehen. Nun wollen beide Länder ihre Militärübungen aber fortsetzen.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
Er sei überzeugt, dass Russland einen Angriff auf die Ukraine bereits beschlossen habe, sagt US-Präsident Biden am Freitag. Medienberichte über Geheimdienstinformationen stützen diese These, neue Satellitenaufnahmen ebenfalls. Der russische Botschafter in den USA will davon nichts wissen und dringt auf diplomatische Zugeständnisse.
Neu aufgenommene Satellitenbilder zeigen militärische Aktivitäten in Russland in der Nähe der Grenze zur Ukraine. Die Bilder zeigten "mehrere neue Feldeinsätze von gepanzerter Ausrüstung und Truppen", erklärte der US-Satellitenhersteller Maxar Technologies. Die am Sonntag aufgenommenen Fotos scheinen Spuren von Fahrzeugen zu zeigen, die über schneebedeckte Felder fahren, die von Wäldern umgeben und von Straßen gesäumt sind.
Die Truppenbewegungen fanden demnach in Wäldern und Feldern etwa 14 bis 30 Kilometer von der russisch-ukrainischen Grenze entfernt statt. Die Analysten der Firma verglichen die aktuellen Aufnahmen mit einer Woche alten Satellitenbildern und konnten so die Bewegungen in der Nähe von drei Ortschaften im Südwesten Russlands nachvollziehen. So seien "die meisten Kampfeinheiten und unterstützenden Ausrüstungen in Soloti abgezogen und man kann zahlreiche Fahrzeugspuren und einige Konvois mit gepanzerter Ausrüstung in der gesamten Gegend sehen", erklärte Maxar. "Einige Ausrüstungsgegenstände wurden auch östlich der benachbarten russischen Stadt Waluiki auf einem Feld etwa 15 Kilometer nördlich der ukrainischen Grenze eingesetzt". Darüber hinaus sei eine Reihe neuer Feldverlegungen auch nordwestlich von Belgorod zu beobachten.
Russland hat nach US-Angaben etwa 150.000 Soldaten an der Grenze zum Nachbarland Ukraine zusammengezogen, bestreitet aber Angriffspläne auf die Ukraine. US-Präsident Joe Biden hatte dagegen am Freitag erklärt, er sei "überzeugt", dass sein russischer Kollege Wladimir Putin die Invasion beschlossen habe. US-Medienberichten zufolge bezog sich Biden dabei auf einen Befehl aus dem Kreml an die russischen Truppen. Unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise berichtet die "Washington Post", dass die Soldaten an der russisch-ukrainischen Grenze den Befehl erhalten hätten, die Invasionsvorbereitungen weiter voranzutreiben.
Auf Anfrage wollten weder das Weiße Haus noch das US-Verteidigungsministerium oder das Außenministerium die Berichte vom Sonntag bestätigen. Weitere Anzeichen, die auf eine bevorstehende russische Invasion in der Ukraine hindeuten könnten, seien "noch nicht beobachtet worden", berichtet der Sender CNN unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Demnach gibt es in der Regierung auch Überlegungen, dass die Angriffsbefehle noch zurückgezogen werden könnten oder dass die Informationen manipuliert worden sein könnten, um den Westen in die Irre zu führen.
"NATO ist keine friedliebende NGO"
Russlands Botschafter in Washington weist Befürchtungen des Westens vor einem baldigen Einmarsch russischer Soldaten in die Ukraine zurück. "Es gibt keine Invasion, und es gibt auch keine solchen Pläne", sagte Anatoli Antonow dem US-Sender CBS am Sonntag. Russland wolle die diplomatischen Bemühungen zur Lösung aller offenen Fragen fortsetzen.
Mit Blick auf Moskaus Forderung an den Westen sagte er: "Wir würden gerne alles zu Papier bringen. Wir möchten rechtlich verbindliche Garantien für die russische Sicherheit sehen." Die NATO sei keine "friedliebende NGO", so Antonow. "Wir wollen nicht, dass die nächste Welle der NATO-Erweiterung stattfindet", sagte er mit Blick auf Bestrebungen der Ukraine, der Militärallianz beizutreten. "Nun, wir erwarten leider alles", sagte hingegen die ukrainische Botschafterin in den USA, Oksana Markarowa, dem Sender. "Wir werden Tag und Nacht daran arbeiten, jede Möglichkeit zu nutzen, um Russland noch von einer Invasion abzuhalten." Die vergangenen Tage hätten aber - im Gegensatz zu dem, was Botschafter Antonow gesagt habe - gezeigt, dass Russland mit Provokationen in den Gebieten Donezk und Luhansk begonnen habe.
In den vergangenen Tagen hatte sich die Lage vor allem entlang der Frontlinie im Südosten der Ukraine zwischen der ukrainischen Armee und den von Moskau unterstützten Separatisten, die die Gebiete Donezk und Luhansk schon seit Jahren kontrollieren, verschärft. Russische Soldaten bleiben außerdem in Belarus länger als zuvor angekündigt - und damit unweit von der Grenze zur Ukraine.
Quelle: ntv.de, ino/AFP/rts