Fast 30 Milliarden Euro pro JahrBritische Regierung plant massive Steuererhöhungen

Es ist auch eine späte Quittung für den Brexit: Die britische Regierung erhöht trotz anderslautender Versprechen die Steuern. Finanzministerin Reeves begründet die Summe von jährlich fast 30 Milliarden Euro mit dem Haushaltsdefizit. In ihrer Labour-Partei sorgt das für Missvergnügen.
Die britische Regierung plant erneut umfangreiche Steuererhöhungen. Wie aus einem versehentlich zu früh veröffentlichten Bericht der Haushaltsbehörde (Office for Budget Responsibility, OBR) hervorgeht, dürften die Maßnahmen bis zum Steuerjahr 2029/30 geschätzt 26,1 Milliarden Pfund (umgerechnet knapp 30 Milliarden Euro) pro Jahr zusätzlich in die Staatskasse spülen. Davon sollen 15 Milliarden Pfund aus einer höheren Besteuerung von Privatpersonen und 11,1 Milliarden aus anderen Steuern stammen. Im Vorfeld hatten Ökonomen mit Steuererhöhungen im Umfang von 20 bis 30 Milliarden Pfund gerechnet.
Noch vor einem Jahr hatte Finanzministerin Rachel Reeves erklärt, die öffentlichen Finanzen seien stabilisiert und es werde keine weiteren Steuererhöhungen geben. Damals wurden Steuererhöhungen im Volumen von 40 Milliarden Pfund angeordnet - mit dem Hinweis, dies werde eine Ausnahme bleiben. Es war damals die größte Anhebung seit den 1990er Jahren.
"Keine neue Sparwelle"
Reeves hatte im Vorfeld bereits gesagt, die Regierung wolle Menschen mit ihren hohen Lebenshaltungskosten nicht allein lassen, gleichzeitig aber auch das Haushaltsdefizit verringern. Es werde keine neue Sparwelle geben. Die öffentlichen Finanzen in Großbritannien sind unter Druck, weil der demografische Wandel immer stärker zu spüren ist und die Verteidigungskosten steigen. Außerdem hat die Wirtschaft seit dem EU-Austritt immer wieder geschwächelt.
Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge sind nur neun Prozent der Briten mit der Arbeit von Reeves zufrieden, während 61 Prozent sie ablehnen. Auch in ihrer eigenen Labour-Partei wächst die Unruhe über den Kurs der Regierung. Zur Verunsicherung von Investoren und Wählern hatten zuletzt auch widersprüchliche Signale von Reeves und Premierminister Keir Starmer zur Steuerpolitik beigetragen. Die nächste Parlamentswahl in Großbritannien steht allerdings nicht vor 2029 an.
Das sind die wichtigsten Punkte der britischen Steuerreform
Einfrieren der Steuerfreibeträge
Die Freibeträge für die Einkommensteuer werden bis zum Finanzjahr 2030/31 eingefroren. Dies ist eine Form der schleichenden Steuererhöhung, da mehr Menschen durch Lohnerhöhungen in höhere Steuerklassen rutschen. Die Regierung rechnet dadurch mit zusätzlichen Einnahmen von 7,6 Milliarden Pfund im Jahr 2029/30.
Steuer auf Luxusimmobilien
Eine neue jährliche Steuer auf Immobilien im Wert von mehr als zwei Millionen Pfund soll ab April 2028 eingeführt werden. Diese Abgabe wird zusätzlich zur bestehenden Kommunalsteuer erhoben. Sie soll auf den Immobilienwerten von 2026 basieren. Die Regierung erwartet dadurch Einnahmen von 400 Millionen Pfund im Finanzjahr 2029/30.
Obergrenze für Sozialleistungen fällt
Die sogenannte Zwei-Kinder-Grenze bei Sozialleistungen wird ab April abgeschafft. Die 2017 von der konservativen Regierung eingeführte Obergrenze führte dazu, dass viele einkommensschwache Familien ab dem dritten Kind keine zusätzlichen Leistungen erhielten. Die Abschaffung der Regelung wird den Staat im Finanzjahr 2029/30 rund drei Milliarden Pfund kosten.
Mineralölsteuer bleibt
Die Mineralölsteuer wird weiterhin nicht erhöht. Die Sätze sind seit 2011 eingefroren, da die Regierungen Proteste von Autofahrern fürchteten. Die Steuer ist eine wichtige Einnahmequelle und spült jährlich rund 25 Milliarden Pfund in die Staatskasse.
Abgabe für E-Autos
Ab April 2028 wird eine neue kilometerabhängige Abgabe für Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge eingeführt. Sie soll 1,4 Milliarden Pfund einbringen und die Einnahmeverluste aus der Mineralölsteuer ausgleichen. Finanzministerin Reeves präzisierte, dass die Abgabe für reine Elektroautos drei Pence pro Meile betragen soll. Für Plug-in-Hybridfahrzeuge wird eine Abgabe von 1,5 Pence pro Meile fällig.
Dividendensteuern steigen
Die Steuersätze auf Dividenden werden um zwei Prozentpunkte angehoben. Ab April des kommenden Jahres steigt der Satz für den Grundtarif auf 10,75 Prozent, für die höheren Steuersätze auf 35,75 Prozent.
Glücksspiel und Alkohol werden höher besteuert
Die Abgaben auf Glücksspiel sollen erhöht werden. Die Regierung rechnet damit, bis zum Finanzjahr 2029/30 zusätzliche Einnahmen von schätzungsweise 1,1 Milliarden Pfund zu erzielen. Zudem kündigte Reeves an, die Alkoholsteuern entsprechend der Inflationsrate anzuheben.