"Was für ein Wahnsinn!" Scholz greift Merz in letzter Bundestagsdebatte frontal an
11.02.2025, 10:00 Uhr Artikel anhören
In Umfragen liegt die SPD von Olaf Scholz weit abgeschlagen hinter der CDU.
(Foto: dpa)
In seiner möglicherweise letzten Bundestagsdebatte als Kanzler geht Olaf Scholz seinen Konkurrenten Friedrich Merz nochmals scharf an. Ziel seiner Attacken sind besonders die Vorstöße des CDU-Chefs zur Migrationspolitik. Aber auch zu Steuern und dem Ukraine-Krieg äußert er sich.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat seinem Unions-Herausforderer Friedrich Merz vorgeworfen, mit seinen Plänen zur Asylverschärfung die Einheit Europas zu riskieren. "Friedrich Merz tritt an, Europa zu Grabe zu tragen", warnte Scholz in einer Rede im Bundestag. "In der Hoffnung auf ein paar Prozentpunkte im Wahlkampf legt er die Axt an den europäischen Zusammenhalt", sagte Scholz mit Blick auf Merz - und fügte hinzu: "Was für ein Wahnsinn in dieser kritischen Zeit!"
Der Kanzler bezog sich dabei auf die Ankündigung von Merz, Geflüchtete künftig an der deutschen Grenze zurückzuweisen - und dies dadurch zu ermöglichen, dass Deutschland eine Notlage ausruft, um europäisches Recht nicht anwenden zu müssen.
"Das wäre nicht nur das Ende der Europäischen Asylreform, deren größter Profiteur Deutschland ist - noch bevor sie nächstes Jahr in Kraft tritt", sagte Scholz. "Das wäre nicht nur das Ende des Europäischen Binnenmarkts. Das wäre der Anfang vom Ende der Europäischen Union als Rechtsgemeinschaft - von der niemand so sehr profitiert wie wir in Deutschland."
Dies wäre ein "schwerer Fehler", sagte Scholz weiter. Er verwies auf das europafreundliche Erbe der früheren CDU-Kanzler Helmut Kohl und Angela Merkel. "Was für ein Umgang mit diesem stolzen Erbe!", sagte Scholz an Merz gerichtet. "Und das in einer Zeit, wo sich das vereinte Europa bewähren muss wie selten zuvor."
"Schlag ins Gesicht"
Auch in Bezug auf die Steuerpolitik teilte Scholz aus. CDU und CSU wollten die Allerreichsten am allerstärksten entlasten, sagte der SPD-Politiker. Bei der Union bekäme das eine Prozent der Allerreichsten Steuergeschenke von 34.000 Euro im Jahr. "Das ist mehr als eine Friseurin im ganzen Jahr verdient." Diese aber speise die CDU in Ihrem Steuermodell mit mickrigen 10 Euro Entlastung im Monat ab. Dies sei hochgradig ungerecht. "Das ist ein Schlag ins Gesicht aller, die unser Land am Laufen halten."
Die SPD dagegen wolle die breite Mitte des Landes deutlich stärker entlasten. Mit Vorschlägen der SPD spare eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen über 800 Euro im Jahr, allein an Steuern. Im Gegenzug wolle die SPD das eine Prozent derjenigen mit den allerhöchsten Einkommen etwas stärker an nötigen Investitionen in Bildung oder Infrastruktur beteiligen.
Kritik am Ukraine-Kurs
Scholz warf Merz zudem "ständige Kehrtwenden" in der Sicherheitspolitik und bei der Unterstützung der Ukraine vor. "Den Marschflugkörper Taurus wollten Sie erst unbedingt an die Ukraine liefern. Dann war Wahlkampf in Ostdeutschland – und im ZDF-Sommerinterview fanden Sie plötzlich den besonnenen Kurs der Regierung richtig."
Merz habe Scholz einige Wochen später "sogar ein Ultimatum setzen" wollen, sagte Scholz. "Wer in Fragen von Krieg und Frieden so kopflos daherredet, wer so orientierungslos ist, der sollte keine Verantwortung tragen für Deutschlands Sicherheit", sagte Scholz, der Taurus-Lieferungen ablehnt. Seinen eigenen Kurs bezeichnete er als "Entschlossenheit und Besonnenheit".
Quelle: ntv.de, rog/AFP/dpa