Politik

Staat als "Fake-News-Produzent" "Corona-Rebell" verärgert Innenministerium

Aus dem Bundesinnenministerium wurde eine Analyse verschickt, die in der Behörde für Ärger sorgt.

Aus dem Bundesinnenministerium wurde eine Analyse verschickt, die in der Behörde für Ärger sorgt.

(Foto: imago/Winfried Rothermel)

Ein Mitarbeiter des Innenministeriums erstellt auf eigene Faust eine Analyse zum Krisenmanagement der Bundesregierung - und teilt seine Erkenntnisse offenherzig. Seine Behörde ist entsetzt, eine wachsende Anzahl "Corona-Rebellen" dürfte sich freuen.

Ein Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums (BMI) hat auf eigene Faust eine Analyse zum Umgang der Bundesregierung mit dem neuartigen Coronavirus erstellt und versendet – an einen großen Verteiler mit Empfängern sowohl innerhalb als auch außerhalb der Seehofer-Behörde. Pikant: Die Thesen des Papiers, das am Wochenende auf dem rechtskonservativen Blog "Tichys Einblick" veröffentlicht wurde, widersprechen der Haltung des Ministeriums diametral.

An einen großen Verteiler habe sich der Mann gewandt, weil – wie er schreibt – "alle Möglichkeiten vorgelagerter Intervention vom Absender ausgeschöpft wurden." Es sei "Gefahr in Verzug! Durch vermeintliche Schutzmaßnahmen entstehen im Moment jeden Tag weitere schwere Schäden, materielle und gesundheitliche bis hin zu einer großen Zahl von vermeidbaren Todesfällen."

Ein "globaler Fehlalarm" sei im Gange, der Schaden durch die getroffenen Maßnahmen deutlich größer, als der, den das Virus alleine hätte verursachen können. Die Gefahr des Coronavirus sei "nicht größer als die vieler anderer Viren". Gegen Ende seiner mehr als 80 Seiten starken Arbeit äußert der Ministeriumsmitarbeiter die Sorge: "Der Staat hat sich in der Coronakrise als einer der größten fake-news-Produzenten erwiesen."

"Die ergriffenen Maßnahmen wirken"

Damit stellt sich der "Corona-Rebell aus dem Bundesinnenministerium" gegen die veröffentlichte Auffassung der Bundesregierung, die in den vergangenen Wochen zahlreiche schwerwiegende Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie erlassen hatte. Das BMI hatte im März in einer eigenen Studie ermittelt, dass die durch das Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 im schlimmsten Falle in Deutschland über eine Million Todesopfer fordern könnte – wenn der Staat zu wenig unternimmt. "Viele Länder dieser Welt und die meisten Länder in Europa haben ähnliche Maßnahmen ergriffen", teilte das Bundesinnenministerium mit. "Die bisher ergriffenen Maßnahmen wirken."

Wie der "Spiegel" schreibt, sei der Mitarbeiter in der Abteilung beschäftigt gewesen, die sich mit Fragen des Krisenmanagements und des Bevölkerungsschutzes beschäftigt. Konkret an der Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie sei er jedoch nicht beteiligt. Nach Auskunft des BMI war er auch nicht am gemeinsamen Krisenstab des BMI und des Gesundheitsministeriums (BMG). "Die Ausarbeitung erfolgte nach bisheriger Kenntnis auch unter Beteiligung Dritter, außerhalb des Bundesinnenministeriums", heißt es in der Stellungnahme des Hauses.

"Nicht beauftragt oder autorisiert"

Besonders unangenehm für das Ministerium ist, dass der Referent seine Arbeit mit dem Briefkopf der Behörde verschickte und so den Eindruck einer offiziellen Verlautbarung erzielt. Entsprechend groß ist der Ärger: "Auf diese Weise wird der Anschein erweckt, die Privatmeinung gebe die offizielle Auffassung einer Behörde wieder", so das Bundesinnenministerium. Das sei "nicht akzeptabel".

Aus dem gemeinsamen Krisenstab von BMI und BMG heißt es, das Papier gebe "lediglich seine private Auffassung wieder, nicht die des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat", der Mitarbeiter sei nicht "beauftragt oder autorisiert, eine solche Analyse zu erstellen oder zu veröffentlichen". Durch "innerdienstliche Maßnahmen" sei sichergestellt, dass er dies nicht fortsetzen könne, hieß es in der Erklärung weiter. Der Mann sei vorläufig freigestellt, schreibt der "Spiegel".

Die Veröffentlichung der Analyse fällt in eine Zeit, in der die Kritik am Krisenmanagement mit rigorosen Einschränkungen des öffentlichen Lebens bis weit in den Privatbereich hinein immer stärker zunimmt. So protestierten am Wochenende in Deutschland tausende Menschen gegen den Kurs der Regierung - häufig unter Missachtung der zur Eindämmung des Virus verbindlichen Abstands- und Hygieneregeln.

Quelle: ntv.de, ter

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