Politik

"Gott mit Dir" Das große Finale bei der CSU

Am Ende geben sie sich geschlossen. Ob's hilft?

Am Ende geben sie sich geschlossen. Ob's hilft?

(Foto: imago/Sammy Minkoff)

Noch ist das Debakel nicht eingetroffen, und die CSU macht sich zum Ende des Wahlkampfes Mut. Dafür stehen Söder und Seehofer sogar gemeinsam auf einer Bühne und preisen das gelobte Land.

In diesem Moment scheint sie noch einmal in Ordnung, die Welt der CSU. Im großen Saal des Münchner Löwenbräukellers erheben sich Hunderte Zuschauer von ihren Stühlen und stimmen die Bayernhymne an: "Gott mit Dir, du Land der Bayern, Heimaterde, Vaterland." Eine Blaskapelle scheppert, über große Bildschirme flimmern Berge und Zwiebeltürme und vorne auf der Bühne, da stehen sie alle selten vereint: CSU-Chef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder, seine Stellvertreterin Ilse Aigner und der EVP-Fraktionschef Manfred Weber, und hinter ihnen reckt die Jugend weiß-blaue Plakate in die Höhe: "Ja zu Bayern! CSU".

Ohne Blechbläser geht es in Bayern natürlich nicht.

Ohne Blechbläser geht es in Bayern natürlich nicht.

(Foto: imago/Michael Trammer)

"Was für ein herrlicher Abend", so hatte kurz vorher Seehofer die Abschlussveranstaltung der CSU gepriesen und dabei sogar ganz zufrieden ausgesehen. Und unter dem Jubel der Menge fügt er dann einen Satz zu, der offenbar in Bayern immer gut verfängt: "Sie glauben gar nicht, wenn man die ganze Woche in Berlin ist, wie schön es ist, wenn man am Wochenende wieder ins gelobte Land kommt."

Allerdings ist das gelobte Land, zumindest für die CSU, bedroht. Schließlich sagen Umfragen der Partei bei der bevorstehenden Landtagswahl am Sonntag herbe Verluste voraus. Demnach könnte sie auf 33 Prozent absacken. Die absolute Mehrheit, bislang ein Muss für jeden Parteichef, wird sie mit ziemlicher Sicherheit verlieren. Besonders die Grünen, denen sagenhafte 18 Prozent vorausgesagt werden und die AfD, die aller Voraussicht nach mit rund 10 Prozent erstmals in den bayerischen Landtag einziehen wird, profitieren.

"Markus! Markus! Markus!"

Doch noch sind es fast zwei Tage bis zum Wahlabend. Eine gefühlte Ewigkeit, in der, so scheint es aus Sicht der CSU, immer noch ein Wunder geschehen kann. Wenn man nur fest genug daran glaubt. "Glauben Sie bitte nicht, dass schon alles gelaufen ist", ruft Seehofer in die Menge. Söder erklärt, dass die Umfragen auch ergäben, dass noch 50 Prozent unentschieden seien. Und Sebastian Kurz, der als österreichischer Bundeskanzler anstelle der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeladen wurde, ruft "seine Freunde" in der CSU dazu auf, sich nicht von Umfragen entmutigen zu lassen. "Die nächsten Stunden sind entscheidend. Kämpft um jede Stimme."

Ansonsten warnt Kurz davor, Gräben zuzuschütten, lobt die EU und schimpft auf Schlepper. Vor allem aber preist er die boomende bayerische Wirtschaft und die großartige Zusammenarbeit mit Bayern. An den Tischen mit den weiß-blau karierten Decken, zugestellt mit Biergläsern und Brezelständern, kommt das gut an. Die Zuschauer bejubeln den jugendlich wirkenden Gast aus Wien, der vor fast genau einem Jahr zum Kanzler gewählt worden war, wie einen Erlöser. Stünde er in Bayern für die CSU, so wirkt es hier, könnte nichts mehr schiefgehen.

Auf Kanzlerin Merkel verzichtete die CSU lieber, stattdessen kam Österreichs Kanzler Kurz.

Auf Kanzlerin Merkel verzichtete die CSU lieber, stattdessen kam Österreichs Kanzler Kurz.

(Foto: imago/Christian Mang)

Doch auch Söder hat im Saal leichtes Spiel. Es ertönen "Markus, Markus"-Rufe, und der Applaus ist groß - vor allem, wenn er sich als Mann von Law-and-Order geriert und gegen Berlin und andere Parteien stichelt. Diese scheinen für ihn vor allem aus "Ideologen" und "Populisten" zu bestehen, aus Grünen und der AfD. Die Grünen stünden für eine "ideologische Verbotskultur", mit ihrem Programm seien sie nicht koalitionsfähig. Schlimmer noch: Nachdem sich Grünen-Chef Robert Habeck zu einer Koalition mit der CSU geäußert hat, stellt Söder süffisant fest: Die Partei sei fremdgesteuert aus Berlin. Dennoch, bei allem Grünen-Bashing, schließt Söder eine Koalition mit diesen nicht aus. Schließlich könnte er sich auch schon allzu bald gezwungen sehen, doch noch mit ihnen zu verhandeln.

Ganz klar grenzt sich Söder von der AfD ab, zu der inzwischen zahlreiche unzufriedene CSU-Wähler übergelaufen sind. In Chemnitz habe diese ihre Maske fallen lassen, als sie gemeinsam mit Rechtsextremen und Pegida marschiert sei. Von Jahr zu Jahr werde die Partei radikaler, gerade in Bayern bestünde sie aus ganz treuen Höcke-Vasallen. So, wie Söder es beschreibt, gibt es für die Wähler am Sonntag nur eine Möglichkeit: Wenn sie ein stabiles Bayern wollen, müssen sie CSU wählen. Alles andere führe womöglich zu sieben Parteien im Landtag, zu einer Zersplitterung, was bei Söder klingt wie das Ende der Demokratie. Kompromisse seien dann nicht mehr möglich, "Ego First statt Gemeinwohl". Nur die CSU, so stellt es Söder dar, ist der Garant für ein demokratisches und starkes Bayern.

Heute keine Schuldzuweisungen - ausnahmsweise

Überhaupt Bayern und die CSU: Für Söder ist das eins und er bemüht sich redlich, gegen die Umfragen anzureden. Er preist das Kreuz in den Amtsstuben, die Asylpolitik, die Wirtschaft, die Sicherheit, das Wachstum. "Wo Deutschland gut ist, ist Bayern besser." Und wenn es Deutschland gut geht, so die Logik, liegt das am Freistaat und damit an der CSU.

Warum die Partei dann trotzdem so in den Umfragen abgesackt ist und die Erfolge nicht genügend gewürdigt werden, kann Söder schwer erklären. "Ein Paradox", sagt er. Dass die CSU eine Mitschuld an der Misere tragen könnte, zumal sie seit dem ersten handfesten Unionskrach im Sommer kontinuierlich an Zuspruch verloren hat, spricht er an diesem Abend nicht an. Auch nicht, dass er kürzlich schon einmal prophylaktisch Berlin - womit er vor allem Seehofer gemeint haben dürfte - die Schuld am erwarteten CSU-Debakel gegeben hatte. Seehofer wiederum schob Söder den Schwarzen Peter zu. Die Wahlkampfführung sei das persönliche Vorrecht Söders. Dieser sei für strategische Überlegungen zuständig, sagte er in einem Interview. Er selbst werde als Innenminister noch eine "Mission" erfüllen und sei als CSU-Chef bis zum Herbst nächsten Jahres gewählt.

An diesem Abend im gediegenen Löwenbräukeller gibt es allerdings keine gegenseitigen Schuldzuweisungen. Söder zeigt sich staatsmännisch und Seehofer versöhnlich. Schließlich wollen sie noch einmal alle Kräfte mobilisieren und das kommt gut an beim Publikum, in dem nicht nur überzeugte CSU-Wähler sitzen. So lobt Seehofer Söders "fulminante Rede". Vor zehn Jahren habe er geglaubt, Bayern sei die Vorstufe zum Paradies, aber nachdem er nun Söder gehört habe, könne er nur sagen: "Bayern ist das Paradies." Dann witzelt der CSU-Chef, der lange Söder als Ministerpräsidenten zu verhindert suchte, noch darüber, dass dieser ihn doch nicht zum Mond schicken wolle. Außerdem arbeiteten sie viel besser zusammen, als man ihnen unterstelle.

Doch was soll Seehofer im großen Finale kurz vor den Wahlen auch sonst sagen? Noch kämpfen sie gemeinsam. Am Sonntagabend, wenn die Stimmen ausgezählt sind und vermutlich eine Epoche beendet ist, kämpft wieder jeder für sich. Dann dürften er und Söder schon ganz anders klingen.

Quelle: ntv.de

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